Autor: Rechtsanwalt Dietrich, Fachanwalt für Strafrecht - Berlin-Kreuzberg

Allein eine zu erwartende Strafhöhe von zwei Jahren begründet keine Fluchtgefahr

Es ist nicht selten, dass ein Haftbefehl aufgehoben werden muss, weil die strengen Voraussetzungen der §§ 112 ff. StPO nicht vorliegen. Erst kürzlich haben wir an dieser Stelle über zwei Entscheidungen berichtet, bei denen der Haftgrund der Fluchtgefahr genauer unter die Lupe genommen wurde. Nun hat das Kammergericht sich noch einmal ausführlich mit der Fluchtgefahr beschäftigt und eine lesenswerte Entscheidung zu den strengen Grundsätzen dieses Haftgrundes getroffen. Ausgangspunkt ist eine vor der Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts Berlin erhobene Anklage der Staatsanwaltschaft, in der dem Angeklagten 35 bandenmäßig begangene Fälle der Steuerhinterziehung sowie zwei Fälle der Anstiftung zu einer falschen Versicherung an...

160 Seiten Klausurtipps: Kaiser/Bracker: Die Staatsanwaltsklausur im Assessorexamen

Endlich ein Buch mit klar erkennbarer Zielgruppe. Horst Kaiser und Ronald Bracker führen – mittlerweile in der 5. Auflage – auf 160 lesefreundlich gesetzten A4-Seiten durch die gängigen prozessualen Probleme im Rahmen der Staatsanwaltsklausur im Assessorexamen. Wer diese Klausur gerade nicht vor der Brust hat (= bis 1,5 Jahre vor dem Termin), für den ist das Buch nichts. Die Zielgruppe hingegen wird von diesem Werk profitieren. Kaiser und Bracker behandeln selbstverständlich alle Teile der Klausur (A-Gutachten, Prozessuales Gutachten, Abschlussverfügung, Anklage). Einen Schwerpunkt bilden aber die fehlerhaften Beweiserhebungen und Verwertungsverbote im Rahmen des A-Gutachtens, denen 40 Seiten gewidmet werden. Die insgesamt...

Ungebühr im Gerichtssaal – Richter setzt Ordnungsgeld gegen den Angeklagten fest

Im Strafverfahren kann es schon mal emotional werden – schließlich steht für die auf der Anklagebank sitzende Person oder andere Betroffene viel auf dem Spiel. Nicht jedem gelingt es in dieser Situation, einen kühlen Kopf zu bewahren. Auch vor dem Amtsgericht Bocholt schien es einem Angeklagten schwer zu fallen, der Verhandlung ruhig zu folgen. Laut Sitzungsprotokoll verweigerte der Angeklagte schon zu Beginn der Hauptverhandlung das Hinsetzen und forderte von dem Richter Unterlagen ein, aus denen sich dessen Befugnis, staatlicher Richter zu sein, ergeben sollte. Als dann Zeugen vernommen wurden, zeigte der Angeklagte mit „dem nackten Finger“ auf den Richter und...

Unterjubeln von Haschkeksen – keine Strafbarkeit wegen gefährlicher Körperverletzung

Noch knapp zwei Monate und dann ist es schon wieder so weit – das Weihnachtsfest steht vor der Tür. Eine gute Gelegenheit, um mal wieder eine schöne Zeit mit der ganzen Familie zu verbringen. Doch was ist zu tun, wenn man befürchtet, mit der Familie ein schnarchend langweiliges und bedrückendes Weihnachten feiern zu müssen? Der vor dem Amtsgericht Rockenhausen angeklagte junge Mann hatte für dieses Problem eine vermeintlich gute Lösung. Er brachte zum gemeinsamen Weihnachtsfest bei seiner Mutter selbst gebackene Plätzchen mit, in die er Cannabis eingearbeitet hatte. Um die sonst immer so schlechte Stimmung auf der Weihnachtsfeier aufzuhellen, legte...

Strafbarkeit heimlicher Filmaufnahmen – die Norm der verbotenen Sexfilme

Das heimliche Aufzeichnen einer anderen Person in intimen Situationen gilt schon lange nicht mehr nur als Unsitte, sondern findet sich seit 2004 in einem eigenen Tatbestand im Strafgesetzbuch (StGB) wieder. Seitdem müssen sich die Macher von heimlichen Sexfilmen wegen Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs nicht nur dem Zivilrichter, sondern auch dem Strafrichter stellen, der eine Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder eine Geldstrafe verhängen kann. Natürlich hat es zu § 201a StGB seit seinem Inkrafttreten eine Reihe von interessanten Entscheidungen gegeben. Vor allem aber zwei Entscheidungen des Bundesgerichtshofes (BGH), deren rechtliche Aspekte wir hier kurz darstellen wollen, haben in den letzten...

Neues vom zweiten Strafsenat: Verbotener Besitz von Drogen ist kein Vermögen

Es wird spannend – der zweite Senat des Bundesgerichtshofes (BGH) beabsichtigt wieder einmal, seine Rechtsprechung zu ändern. Dieses Mal geht es um nicht weniger als den durch die Rechtsprechung über Jahre modifizierten strafrechtlichen Vermögensbegriff, zu dem der zweite Senat einen sehr lesenswerten und interessanten Anfragebeschluss vom 01.06.2016 – 2 StR 335/15 verfasst hat. Würden sich die anderen Senate des BGH der Rechtsansicht des zweiten Senats anschließen, so würde der verbotene Besitz von Drogen zukünftig nicht mehr unter den Vermögensbegriff fallen. Das hätte zur Folge, dass das Erpressen oder betrügerische Erlangen von Betäubungsmitteln kein Vermögensdelikt mehr erfüllen würde. Allein Verstöße gegen...

Der kurze Weg vom Strafverteidiger zum Betroffenen

Wer zum Wochenabschluss noch etwas lustiges Lesen möchte, sei verwiesen auf den Beitrag vom Kollegen Hoenig. Ich kann mir bildlich vorstellen, wie der Kollege zitternd auf der Anklagebank saß. In eindrucksvollerweise Weise wird belegt, dass auch Richter nur Menschen sind und deshalb befangen sein können. Rechtsanwalt Dietrich, Fachanwalt für Strafrecht Berlin