Kategorie: Urteil- und Entscheidungsbesprechung
Examenskandidaten aufgepasst – es gibt eine neue Entscheidung zu den Computer bzw. Urkundendelikten! Diese sind aufgrund der stetig wachsenden Kriminalität im Umgang mit Daten in der letzten Zeit immer wieder Gegenstand von Examensklausuren geworden. Nun hat der Bundesgerichtshof (BGH) eine Entscheidung zur Fälschung technischer Aufzeichnungen gem. § 268 StGB getroffen (Beschluss vom 16.04.2015 – 1 StR 490/14). Ein Tatbestand, der gerne vernachlässigt wird, weil er kompliziert scheint und die Anwendungsbeispiele, im Gegensatz zu den wichtigeren Delikten wie Computerbetrug und Urkundenfälschung, überschaubar sind. Die aktuelle Entscheidung des BGH könnte deshalb eine gute Möglichkeit sein, den § 268 StGB mal wieder in...
Manchmal geschehen eben doch noch Wunder. Nachdem der Bundesgerichtshof (BGH) die Anstiftung zu Straftaten durch verdeckte Ermittler lange Zeit gebilligt hat, vollzog er kürzlich eine Kehrtwende und änderte seine Rechtsprechung zur rechtsstaatswidrigen Tatprovokation. Das Handeln eines sogenannten agent provocateurs kann nun zu einem Verfahrenshindernis führen. Gott sei dank – oder besser gesagt: dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) sei dank. Was ist ein agent provocateur? Als agent provocateur bezeichnet man einen polizeilichen Lockspitzel, der Verdächtige zur Begehung von Straftaten veranlasst, um sie dabei überführen zu können. Der Staat macht sich also zum Gesetzesbrecher, um böse Schurken hinter Gitter zu bringen....
(Entscheidungsbesprechung BGH 4 StR 416/14 vom 6. November 2014) Erstes Semester Jura, die Hörsäle sind voll und es steht Strafrecht auf dem Vorlesungsplan. Damit Studierende gleich den richtigen Eindruck bekommen, nämlich dass Strafrecht immer spannend ist, geht es regelmäßig mit Körperverletzungs- und Tötungsdelikten los (und nicht etwa mit der ebenfalls strafbewehrten aber deutlich weniger spektakulären Unterhaltspflichtverletzung) Und auch wenn darüber debattiert wird, den Mordparagrafen zu reformieren, so wird es wohl noch dauern, bis sich Studierende die von Rechtsprechung und Literatur entwickelten unzähligen Ausnahmen und Einschränkungen zum Heimtückemord nicht mehr merken müssen. Denn würde man die formelhafte Definition der Heimtücke ungefiltert...
Ein absoluter Klassiker in Strafrechtsklausuren ist der schwere Raub nach § 250 StGB. Doch nicht nur in der Theorie spielt diese Norm eine große Rolle. Auch in der Praxis kommt es nicht selten vor, dass bei einem Raub eine Waffe oder ein gefährliches Werkzeug eingesetzt wird. Für die Höhe der Strafe ist entscheidend, ob das Tatmittel lediglich mitgeführt oder tatsächlich verwendet wird. Während das Beisichführen einer Waffe bzw. eines gefährlichen Werkzeugs gemäß § 250 Abs. 1 Nr. 1a StGB mit einer Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren geahndet wird, gibt es beim Verwenden eines solchen Tatmittels gemäß § 250 Abs. 2...
Der Tatbestand des Computerbetruges scheint momentan so aktuell zu sein wie schon lange nicht mehr. Erst in dieser Kampagne war er in Berlin in beiden Strafrechtsklausuren Prüfungsgegenstand. Zum einen in Form der gestohlenen ec-Karte, die am Bankautomaten des die Karte ausgebenden Kreditinstituts eingesetzt wurde, zum anderen im viel besprochenen Scannerkassenfall. Nun veröffentlichte das Oberlandesgericht (OLG) Koblenz eine neue Entscheidung (Urteil vom 2.2.2015 – 2 OLG 3 Ss 170/14), in der es um die abredewidrige Benutzung einer vom Arbeitgeber ausgestellten Tankkarte ging. Wieder eine gängige Konstellation, die sich insbesondere Examenskandidaten noch einmal anschauen sollten. Anlass des Urteils war folgender Sachverhalt: Der...
Rechtskenntnisse sind doch immer wieder von Vorteil. Schade nur, dass die meisten Beschuldigten nicht genau wissen, welche Rechte ihnen in einem Strafverfahren zustehen und ein Verteidiger oftmals erst zu spät reagieren kann. Denn schon bei der Bestellung eines Pflichtverteidigers könnte man Kenntnisse über eine solche gut gebrauchen. Dies zeigen wieder einmal Entscheidungen zweier Gerichte, die sich mit Fehlern bei der Pflichtverteidigerbeiordnung befasst haben. Angefangen mit einem Beschluss des Oberlandesgerichts (OLG) Köln vom 26.6.2014 – 2 Ws 344/14, in dem entschieden wurde, dass die Frist für die Benennung eines Wahlverteidigers keine Ausschlussfrist ist. In diesem Fall wurde der Beschuldigte vom Gericht...
Der Angeklagte hatte im Sommer des Jahres 2013 gewiss einen schlechten Tag, als er beim Verlesen der Anklageschrift durch die Staatsanwaltschaft tobte: „Höre sofort auf, derartigen Mist zu verbreiten! Wenn du nicht aufhörst, komme ich rüber und mache dich platt. Ich ziehe dich über den Tisch und haue dir eine in die Fresse.“ Nachdem der Angeklagte vom Richter zur Ordnung gerufen wurde, trafen die Beschimpfungen auch das Gericht: „Hört auf, einen derartigen Mist zu verbreiten. Bei Kindern hört der Spaß auf“. Dabei machte er durch Gesten deutlich, dass er drauf und dran war, tatsächlich Gewalt anzuwenden. Dies brachte dem Angeklagten...