Kategorie: Mord / Totschlag

Eine Möglichkeit zurück in die Legalität: Der Rücktritt (§ 24 StGB)

Die goldene Brücke zurück in die Legalität? So wird von einigen der strafbefreiende Rücktritt beschrieben, der den Tätern die Möglichkeit bietet, von einer Straftat unter bestimmten Voraussetzungen zurückzutreten. Als goldene Brücke wird der Rücktritt teilweise beschrieben, da der Rücktritt nach einer Ansicht dem Täter einen Anreiz geben soll, die Tat aufzugeben, wodurch das Strafgesetzbuch (StGB) das Opfer schützt. Geregelt ist der Rücktritt in den §§ 24 und 31 StGB. Wegen Versuchs wird nach § 24 Abs. 1 StGB nicht bestraft, „[…] wer freiwillig die weitere Ausführung der Tat aufgibt oder deren Vollendung verhindert. Wird die Tat ohne Zutun des Zurücktretenden...

15 Jahre für Totschlag, Vergewaltigung und Störung der Totenruhe

Bei der Begehung mehrerer Straftaten wird nach § 54 Strafgesetzbuch (StGB) eine Gesamtstrafe gebildet. Wenn eine Einzelstrafe eine lebenslange Freiheitsstrafe ist, so wird als Gesamtstrafe auf lebenslange Freiheitsstrafe erkannt (Abs. 1 S. 1). In den anderen Fällen wird die Gesamtstrafe durch Erhöhung der verwirkten höchsten Strafe, bei Strafen verschiedener Art durch Erhöhung der ihrer Art nach schwersten Strafe gebildet (Abs. 1 S. 2). Nach Abs. 2 darf die Gesamtstrafe bei zeitigen Freiheitsstrafen fünfzehn Jahre nicht überschreiten. Ob die Festlegung der Gesamtstrafe auf 15 Jahre im vorliegenden Fall rechtsfehlerhaft ist, musste der Bundesgerichtshof (3 StR 466/23) in seinem Beschluss vom 20....

Mord aus Heimtücke trotz frontalen Angriffs? 

Wer einen Mord in einer Klausur prüfen muss, kommt oftmals nicht an dem Mordmerkmal der Heimtücke vorbei. Da es eine Menge von Problemen birgt, ist es wohl eines der klausurrelevantesten Mordmerkmale. Nach der Definition handelt heimtückisch, wer in feindlicher Willensrichtung die Arg- und Wehrlosigkeit des Tatopfers bewusst zur Tötung ausnutzt. Ob auch im vorliegenden Fall das Mordmerkmal der Heimtücke einschlägig ist, hat der Bundesgerichtshof (1 StR 104/23) in seinem Beschluss vom 15. November 2023 entschieden. Der Angeklagte traf auf einem Bahnhof auf den Geschädigten, den er aus einer früheren Auseinandersetzung wiedererkannte. Nachdem sich die beiden wechselseitig als „Arschloch“ beleidigten, zog...

Hebamme tötet Kind durch unterlassen? – Beginn der Geburt

Schwangerschaftsabbruch oder Totschlag? „Wer eine Schwangerschaft abbricht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.“ Wer jedoch einen bereits geborenen Menschen vorsätzlich tötet, wird wegen Totschlags (§ 212 StGB) mit nicht unter fünf Jahren oder wegen Mordes (§ 211 StGB) mit lebenslanger Freiheitsstrafe bestraft. Ab wann der Anwendungsbereich des Totschlags eröffnet ist, hat der Bundesgerichtshof (6 StR 128/23) in seinem Beschluss vom 2. November 2023 entschieden. Die Angeklagte, die als Hebamme tätig war, bestärkte die Nebenklägerin darin, eine Hausgeburt durchzuführen. In den Jahren, in denen sie als Hebamme arbeitete, entwickelte sie tiefgreifende Vorbehalte gegen Krankenhausgeburten. Nach dem...

Tötung nach Misshandlungen eines Kindes – Totschlag oder Mord aus niedrigen Beweggründen?

Was ist unter einem Mord aus niedrigen Beweggründen zu verstehen? Da der Begriff zuerst sehr breitgefächert wirkt, muss dieses Mordmerkmal weiter eingegrenzt werden. Es kommt in vielen Fällen in Betracht, doch musst zuerst eine umfassende Gesamtwürdigung vorgenommen werden, um einen Mord aus niedrigen Beweggründen feststellen zu können. Beweggründe sind dann niedrig, wenn sie nach allgemeiner sittlicher Wertung auf tiefster Stufe stehen und deshalb besonders verachtenswert sind. Die bereits erwähnte Gesamtwürdigung muss sowohl alle äußeren als auch alle inneren für die Handlungsantriebe des Täters maßgebliche Faktoren berücksichtigen.            Der Mord aus niedrigen Beweggründen war auch Mittelpunkt des Beschlusses des Bundesgerichtshofes (1 StR...

Schlafmittel für Erwachsene dem eigenen Kind injiziert – Versuchter Mord?

Wer den Eintritt des Todes als mögliche Folge seines Handelns erkennt (Wissenselement) und billigend in Kauf nimmt (Willenselement) handelt mit bedingtem Tötungsvorsatz. Bei eine hohen und anschaulichen Lebensgefährlichkeit der Tatausführung, ohne dass der Täter tatsachenbasiert auf einen glücklichen Ausgang vertrauen kann, liegt nach Auffassung des Bundesgerichtshofes die Annahme eines bedingten Tötungsvorsatzes nahe. Wie in anderen Fällen mit dem bedingtem Tötungsvorsatz umzugehen ist, stellte der Bundesgerichtshof (5 StR 28/22) in seinem Beschluss vom 10. Mai 2022 klar. Bei der Angeklagten handelte es sich um die Mutter der Geschädigten, die zur Zeit der Tat in einem Kinderkrankenhaus lag. Die Angeklagte, die als...

Heimtückischer Mord eines Babys?

Ein wenige Wochen oder Monate altes Kleinkind ist aufgrund seines Alters noch nicht zu Argwohn und Gegenwehr fähig. Kann ein Baby also gar nicht heimtückisch getötet werden? Aufgrund dieser Problematik ist es in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes anerkannt, dass es bei der Tötung eines Kleinkindes in diesem Alter nicht auf die Arg- und Wehrlosigkeit des Kindes ankommt, sondern auf die Arg- und Wehrlosigkeit eines im Hinblick auf das Kind schutzbereiten Dritten. Schutzbereiter Dritter ist laut Bundesgerichtshof jede Person, die den Schutz des Kindes vor Leib- oder Lebensgefahr dauernd oder vorübergehend übernommen hat und im Tatzeitpunkt entweder tatsächlich ausübt oder dies...