Verschlagwortet: Versuch

 Der Rücktritt vom Versuch gemäß § 24 StGB

Besonders die Beurteilung, ob ein Rücktritt vom Versuch gemäß § 24 StGB vorliegt, kann bei der Frage, ob eine Versuchsstrafbarkeit gegeben ist,  von wichtiger Bedeutung sein. Der § 24 StGB lautet wie folgt: „(1) Wegen Versuchs wird nicht bestraft, wer freiwillig die weitere Ausführung der Tat aufgibt oder deren Vollendung verhindert. Wird die Tat ohne Zutun des Zurücktretenden nicht vollendet, so wird er straflos, wenn er sich freiwillig und ernsthaft bemüht, die Vollendung zu verhindern. (2) Sind an der Tat mehrere beteiligt, so wird wegen Versuchs nicht bestraft, wer freiwillig die Vollendung verhindert. Jedoch genügt zu seiner Straflosigkeit sein freiwilliges...

Patientenverwechselung – der Versuch der schweren Körperverletzung

Der Bundesgerichtshof (BGH) beschäftigte sich jüngst in seinem Beschluss (1 StR 403/23) vom 17. April 2024 sowohl mit dem Versuch der schweren Körperverletzung. Dem Beschluss lag folgender Sachverhalt zugrunde: Nach den Feststellungen des Landgerichts München I sterilisierte der Angeklagte, Facharzt für Allgemeinchirurgie, am 10. März 2016 im Rahmen einer Operation zur Behebung eines beidseitigen Leistenbruchs den 17-jährigen unter Autismus leidenden P. Er ging aufgrund einer Personenverwechslung davon aus, G. zu operieren, bei dem zeitgleich zur Behandlung des Leistenbruchs eine Sterilisation durchgeführt werden sollte. Unmittelbar im Anschluss an den Eingriff erkannte der Angeklagte seinen Irrtum. Er legte die Personenverwechselung noch am...

Versuchter Mord durch Zusteuern auf Polizisten?

Im Strafrecht ist unter Umständen auch der Versuch einer Straftat strafbar. § 23 Abs. 1 Strafgesetzbuch (StGB) regelt, dass der Versuch eines Verbrechens stets strafbar ist und der Versuch eines Vergehens nur dann unter Strafe steht, wenn das Gesetz es ausdrücklich bestimmt.  Verbrechen sind nach § 12 Abs. 1 StGB jene rechtswidrige Taten, die im Mindestmaß mit Freiheitsstrafe von einem Jahr oder darüber bedroht sind.  Damit eine Strafbarkeit wegen Versuches in Betracht kommt, darf die Tat nicht vollendet sein. Das ist dann der Fall, wenn ein Teil des objektiven Tatbestandes nicht erfüllt ist. Außerdem muss ein Tatentschluss vorliegen. Dieser umfasst...

Wut und Rache als niedriger Beweggrund?

Was einen Mord von einem Totschlag unterscheidet, sind die Mordmerkmale. Diese sind in § 211 Abs. 2 StGB aufgelistet: – Mordlust – Befriedigung des Geschlechtstriebes – Habgier – Niedrige Beweggründe  – Heimtücke – Grausam – Gemeingefährliche Mittel – Ermöglichungs- oder Verdeckungsabsicht Die niedrigen Beweggründe, die eines dieser Mordmerkmale darstellen, lassen sich wie folgt definieren: Beweggründe sind niedrig, wenn sie nach allgemeiner sittlicher Wertung auf tiefster Stufe stehen und deshalb besonders verachtenswert sind. Aufgrund dieser allgemein gehaltenen Formulierung führen die niedrigen Beweggründe immer wieder zu Problemen. So auch im Beschluss des Bundesgerichtshofes (1 StR 92/24) vom 17. April 2024. Der Angeklagte,...

Der Ankauf von gestohlenen Zigaretten – wann beginnt der Versuch bei der Hehlerei? 

Eine Frage, mit der sich das Kammergericht in Berlin im Rahmen seiner Entscheidung vom 5. März 2020 (Az. 161 Ss 190/19 (41/19)) zu befassen hatte.  Hintergrund war der folgende Fall: Der Angeklagte hatte sich gegenüber den Tätern eines Einbruchsdiebstahls dazu bereit erklärt, Zigaretten aus deren Einbruchsdiebstahlstaten anzukaufen, um sie weiterzuverkaufen. Im Einzelnen kam es u.a. zu den folgenden Taten:  „Am Morgen des 16. Juni 2016 bot der gesondert Verurteilte B. [= einer der Täter der Einbruchsdiebstahlstaten] dem Angeklagten zuvor aus dem Geschäft des Geschädigten J. in der F… chaussee  in Berlin entwendete Tabakwaren im Wert von bis zu etwa 18.000 Euro...

Schlafmittel für Erwachsene dem eigenen Kind injiziert – Versuchter Mord?

Wer den Eintritt des Todes als mögliche Folge seines Handelns erkennt (Wissenselement) und billigend in Kauf nimmt (Willenselement) handelt mit bedingtem Tötungsvorsatz. Bei eine hohen und anschaulichen Lebensgefährlichkeit der Tatausführung, ohne dass der Täter tatsachenbasiert auf einen glücklichen Ausgang vertrauen kann, liegt nach Auffassung des Bundesgerichtshofes die Annahme eines bedingten Tötungsvorsatzes nahe. Wie in anderen Fällen mit dem bedingtem Tötungsvorsatz umzugehen ist, stellte der Bundesgerichtshof (5 StR 28/22) in seinem Beschluss vom 10. Mai 2022 klar. Bei der Angeklagten handelte es sich um die Mutter der Geschädigten, die zur Zeit der Tat in einem Kinderkrankenhaus lag. Die Angeklagte, die als...

Ladendiebstahl mit Messerangriff – Freiwilliger Rücktritt

Der Versuch und der Rücktritt sind zwei Themen, die einem immer mal wieder in einer Strafrechtsklausur begegnen können und regelmäßig Probleme mit sich bringen. Wer freiwillig die weitere Ausführung der Tat aufgibt, wird nach § 24 Abs. 1 S. 1 StGB nicht wegen Versuchs bestraft. Ein fehlgeschlagener Versuch liegt dahingegen nach Auffassung des Bundesgerichtshofes dann vor, wenn die Tat nach Misslingen des zunächst vorgestellten Tatablaufs mit den bereits eingesetzten oder anderen naheliegenden Mitteln objektiv nicht mehr vollendet werden kann, ohne dass eine ganz neue Handlung- und Kausalkette in Gang gesetzt werden muss, und der Täter dies erkennt, oder wenn er...