Verschlagwortet: BGH

Zum Tatbestandsmerkmal des Sichbemächtigens einer Person gemäß § 239a Abs. 1 Alt. 1 StGB in einer Zwei-Personen-Konstellation

Dem Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 29. Juni 2022 (3 StR 501/21) lag folgender Sachverhalt zugrunde: Dem Angeklagten und zwei Mittätern wurde mit der Anklageschrift zur Last gelegt, die beiden in ihrem Wohnhaus in verschiedenen Zimmern schlafenden Geschädigten zu überwältigen und unter Vorhalt von Waffen zu bedrohen, um auf diesem Wege Informationen über etwaige Verstecke von Geld und Wertsachen zu erhalten. In Umsetzung dieses Plans zerrten sie die Geschädigten nebeneinander auf ein Bett und ließen die Jalousie herunter. Anschließend befragten sie die unter Todesangst leidenden Geschädigten unter Vorhalt einer scharf geladenen Pistole und eines Messers über einen Zeitraum von etwa zwanzig...

Beispiel zur Relevanz des Konsumcannabisgesetzes in einer Revision

Das am 1. April 2024 in Kraft getretene Konsumcannabisgesetz (KCanG) wirkt teilweise milder als das Betäubungsmittelgesetz. Zum Sachverhalt Am 21. März 2024 hatte das Landgericht Hagen den Angeklagten K wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten verurteilt. Die weiteren Angeklagten wurden jeweils wegen Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge verurteilt. Die Angeklagten legten Revision ein. Zum Beschluss des BGH vom 19. November 2024 – 4 StR 305/24 Die Tathandlungen der Angeklagten standen im Zusammenhang mit Marihuana. Mithin musste durch den Senat das am 1. April 2024 in...

Räuberischer Angriff auf Kraftfahrer gemäß § 316a StGB

Der Tatbestand des räuberischen Angriffs auf Kraftfahrer gemäß § 316a Strafgesetzbuch (StGB) beschäftigt sowohl Praktiker als auch Studierende regelmäßig. Wegen des räuberischen Angriffs auf Kraftfahrer gemäß § 316a StGB wird mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren bestraft, wer zur Begehung eines Raubes (§§ 249 oder 250) eines räuberischen Diebstahls (§ 252) oder einer räuberischen Erpressung (§ 255) einen Angriff auf Leib oder Leben oder die Entschlußfreiheit des Führers eines Kraftfahrzeugs oder eines Mitfahrers verübt und dabei die besonderen Verhältnisse des Straßenverkehrs ausnutzt. Mit dem folgenden Fall setzte sich der Bundesgerichtshof am 07. Juli 2022 (4 StR 508/21) auseinander: Den Angeklagten...

Versuchter Mord durch Schüsse auf Polizisten – staatsfeindliche Tatmotivation als sonst niedriger Beweggrund

Wegen Mordes wird gemäß § 211 StGB mit lebenslanger Freiheitsstrafe bestraft, wer einen Menschen tötet und dabei eins der im Gesetz abschließend aufgezählten Mordmerkmale verwirklicht: In diesem Beitrag wollen wir uns dem Mordmerkmal der Tötung aus sonst niedrigen Beweggründen widmen. Sonst niedrige Beweggründe sind nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs alle Tatantriebe, die nach allgemeiner sittlicher Wertung auf tiefster Stufe stehen und deshalb besonders verwerflich, ja verachtenswert sind. Ob ein Tötungsgrund im konkreten Fall „auf tiefster Stufe“ steht, ist häufig Gegenstand von gerichtlichen Urteilen. Erst neulich musste sich auch der Bundesgerichtshof (BGH) im Rahmen seines Beschlusses vom 26. November 2024...

K.O.-Tropfen stellen kein gefährliches Werkzeug dar

Der Begriff des gefährlichen Werkzeugs taucht im Strafgesetzbuch an verschiedenen Stellen auf, z.B. bei der gefährlichen Körperverletzung (§ 224 StGB), dem schweren Raub (§ 250 StGB) oder bei dem sexuellen Übergriff, der sexuellen Nötigung und der Vergewaltigung (§ 177 StGB). Die Frage, wann ein gefährliches Werkzeug im Sinne der jeweiligen Norm vorliegt, ist wichtig, da sich bei Vorliegen eines gefährlichen Werkzeugs der Strafrahmen erhöht. Der Begriff des gefährlichen Werkzeugs wird daher vielfach diskutiert und ist häufig Gegenstand von Gerichtsurteilen. So musste sich jüngst der Bundesgerichtshof (BGH) im Rahmen seines Beschlusses vom 8. Oktober 2024 (5 StR 382/24) mit der Frage beschäftigen,...

Europäische Menschenrechtskonvention: Das Recht auf ein faires Verfahren

Im Beschluss des Bundesgerichtshofes (1 StR 366/23) vom 5. März 2024 spielte die Europäische Menschenrechtskonvention eine wichtige Rolle. Doch worum handelt es sich dabei überhaupt? Die Europäische Menschenrechtskonvention, die üblicherweise als EMRK abgekürzt wird, bildet das Fundament des Menschenrechtsschutzes in Europa. Sie wurde am 4. November 1950 von 13 Mitgliedstaaten des Europarates unterzeichnet. Sie sichert grundlegende bürgerliche und politische Rechte. Im Beschluss des Bundesgerichtshofes ging es um Art. 6 EMRK, der ein Recht auf ein faires Verfahren garantiert. Art. 6 Abs. 1 S. 1 EMRK lautet wie folgt:  „Jede Person hat ein Recht darauf, daß über Streitigkeiten in bezug auf...

Schmiergeldzahlungen und der Nachteil einer Untreue (§ 266 Abs. 1 StGB)

Auch bei einem nicht feststellbaren Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung können Schmiergeldzahlungen einen Nachteil einer Untreue darstellen. Zum Sachverhalt Der Angeklagte arbeitete seit 2002 als Leiter der Technikabteilung der G eG, welche Mietwohnungen im Bonner Stadtgebiet vermietet und verwaltet. Hauptsächlich sollte sich der Angeklagte um das Alltagsgeschäft mit Bestandsimmobilien kümmern. Dafür sollte er die zuständigen Handwerksbetriebe aussuchen. Für den Wohnbestand der G eG erhielt ab 2009/2010 vermehrt die R GmbH Aufträge. Der Zeuge Rö war Geschäftsführer dieser GmbH. Im Jahr 2009 oder 2010 kam der Angeklagte mit dem Zeugen Rö zur Übereinkunft, die Aufträge an die R GmbH gegen die...