Kategorie: Urteil- und Entscheidungsbesprechung

BGH: Keine Abhängigkeit der Beschuldigteneigenschaft von dem konkreten Tatverdacht des sachbearbeitenden Kriminalkomissars

Was es eigentlich bedeutet, Beschuldigter im Sinne der Strafprozessordnung zu sein, lernen Studenten schon in der ersten Vorlesung zum Strafprozessrecht. Im Studium noch unterschätzt, gewinnt der Beschuldigtenbegriff in der Praxis dann ganz besondere Bedeutung. Denn hat eine Person den Status des Beschuldigten inne, so gehen damit, neben den Rechten des Beschuldigten selbst, vor allem Pflichten der Strafverfolgungsbehörden einher. Eine der wichtigsten Pflichten ist die Belehrungspflicht nach § 163 a Abs. 4 S. 2 i.V.m. § 136 Abs. 1 StPO. Danach muss dem Beschuldigten bei Beginn der ersten Vernehmung eröffnet werden, welche Taten ihm zur Last gelegt werden und dass er...

BGH: Zum unmittelbaren Ansetzen zu einem qualifizierten Diebstahl

Wer als Mitglied einer Bande in ein Gebäude einbricht, hat erst dann versuchsbegründend zur Tatbegehung eines schweren Bandendiebstahls angesetzt, wenn auch die Wegnahme der Sache mit dem Einbruch einhergeht. Nach einem Beschluss des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 7.8.2014 – 3 StR 105/14 wird zum Versuch eines qualifizierten Diebstahls erst dann angesetzt, wenn der Betroffene auch zur Wegnahme der Sache ansetzt. Andernfalls fehle es trotz der Verwirklichung eines Tatbestandsmerkmals ausnahmsweise am unmittelbaren Ansetzen, da noch nicht zu der die Strafbarkeit begründenden eigentlichen Rechtsverletzung angesetzt werde. In dem vom BGH zu behandelnden Fall ging es um den Versuch eines schweren Bandendiebstahls nach §...

BGH: Zur objektiv ernst zu nehmenden Bedrohung im Sinne von § 241 StGB

In seinem Beschluss vom 15.1.2015 – 4 StR 419/14 hat sich der Bundesgerichtshof (BGH) damit beschäftigt, wann eine Drohung mit einem Verbrechen objektiv ernst zu nehmend im Sinne des § 241 StGB ist. Dabei stellte das Gericht fest, dass die Bedrohung mit einem Verbrechen dann nicht tatbestandsmäßig ist, wenn das Verbrechen von einem zukünftigen Ereignis abhängt, dessen Nichteintritt von Anfang an feststeht. Zwar kann eine Bedrohung nach Ausführungen des BGH auch in der Weise erfolgen, dass die Begehung des Verbrechens vom künftigen Eintritt oder Nichteintritt eines weiteren Umstands abhängen soll. Steht allerdings schon beim Aussprechen der Drohung fest, dass der...

Spontaner Tatentschluss und Heimtücke – ein Widerspruch in sich?

Das Mordmerkmal der Heimtücke ist eines der weitesten Tatbestandsmerkmale des § 211 StGB. Denn nach der Definition der Rechtsprechung handelt heimtückisch, wer die Arg- und Wehrlosigkeit des Opfers in feindlicher Willensrichtung bewusst ausnutzt. Arglos ist dabei, wer sich im Zeitpunkt der Tat, also bei Beginn der ersten mit Tötungsvorsatz geführten Handlung, keines Angriffs von Seiten des Täters versieht. Hinzukommen muss, dass das Opfer gerade aufgrund seiner Arglosigkeit wehrlos ist, also keine oder nur eine eingeschränkte Möglichkeit zur Verteidigung hat. Um diesen Tatbestand einzuschränken, hat die Rechtsprechung zum einen das Kriterium des Handelns in feindlicher Willensrichtung entwickelt, der Mitleidstötungen aus dem...

Zulassungsbescheinigung Teil II ist keine öffentliche Urkunde

Vor kurzem hat der Bundesgerichtshof (BGH) einen Fall entschieden, bei dem eine ungewöhnliche Praxis zwischen zwei Autoverkäufern und einer Angestellten der Zulassungsstelle zum Vorschein kam. Verkürzt dargestellt hat sich dabei folgendes ereignet: Die Verwaltungsangestellte einer KFZ-Zulassungsstelle hatte bei der Bearbeitung von Anträgen auf die Zulassung von Fahrzeugen unbeteiligte Privatpersonen in die Zulassungsbescheinigung Teil II (vorher Fahrzeugbrief) eingetragen. Dies geschah auf Wunsch von Autohändlern, die verhindern wollten, dass ein gewerblicher Nutzer in dem Fahrzeugbrief eingetragen blieb. Stattdessen wurden die unbeteiligten Privatpersonen eingetragen, die tatsächlich keine Haltereigenschaft und keine Verfügungsberechtigung hinsichtlich der betroffenen Fahrzeuge hatten. Aufgeflogen ist dies in 491 Fällen. Dabei...

Festsetzung des Grenzwerts der nicht geringen Menge für einige Cannabinoide durch BGH

Laut Pressemitteilung vom 14.01.2015 hat der Bundesgerichtshof für einige synthetische Cannabinoide Grenzwerte der nicht geringen Menge festgesetzt. Die neuen Grenzwerte in tabellarischer Form: JWH-018 und CP 47,497-C8-Homologes: 2 g Wirkstoffmenge JWH-073 und CP 47,497: 6 g Wirkstoffmenge Zum Vergleich – natürliches Cannabis: 7,5 g Tetrahydrocannabinol (THC) Die Original-Entscheidung ist nach ihrer Veröffentlichung hier zu finden. Weitere Informationen zum Betäubungsmittelstrafrecht unter dem Link.

Ein gefälschter Personenausweis, der eine tatsächlich nicht existierende Behörde als Aussteller erkennen lässt, stellt eine Urkunde im Sinne des § 267 StGB dar, solange es sich bei dem Namen der Behörde nicht um einen erkennbaren Phantasienamen handelt.

In seinem Urteil vom 14.05.2014, 3 Ss 50/14 hat das Oberlandesgericht (OLG) Bamberg entschieden, dass die tatsächliche Existenz des Ausstellers eines Ausweises weder für die Frage der Ausstellererkennbarkeit noch für die Frage der Täuschung über die Ausstelleridentität eine Voraussetzung des Urkundenbegriffs nach § 267 StGB sei. Etwas anderes gelte nach Ansicht des OLG nur, wenn die scheinbare Ausstellerin überhaupt nicht existiert und es sich folglich um einen als solchen ohne weiteres erkennbaren Phantasienamen handelt. Mit der Entscheidung hob das OLG Bamberg ein Urteil des Landgerichts auf, durch das der Angeklagte vom Vorwurf der Urkundenfälschung freigesprochen worden war. Er hatte sich...