Kategorie: Allgemeiner Teil StGB

Schlafmittel für Erwachsene dem eigenen Kind injiziert – Versuchter Mord?

Wer den Eintritt des Todes als mögliche Folge seines Handelns erkennt (Wissenselement) und billigend in Kauf nimmt (Willenselement) handelt mit bedingtem Tötungsvorsatz. Bei eine hohen und anschaulichen Lebensgefährlichkeit der Tatausführung, ohne dass der Täter tatsachenbasiert auf einen glücklichen Ausgang vertrauen kann, liegt nach Auffassung des Bundesgerichtshofes die Annahme eines bedingten Tötungsvorsatzes nahe. Wie in anderen Fällen mit dem bedingtem Tötungsvorsatz umzugehen ist, stellte der Bundesgerichtshof (5 StR 28/22) in seinem Beschluss vom 10. Mai 2022 klar. Bei der Angeklagten handelte es sich um die Mutter der Geschädigten, die zur Zeit der Tat in einem Kinderkrankenhaus lag. Die Angeklagte, die als...

Ladendiebstahl mit Messerangriff – Freiwilliger Rücktritt

Der Versuch und der Rücktritt sind zwei Themen, die einem immer mal wieder in einer Strafrechtsklausur begegnen können und regelmäßig Probleme mit sich bringen. Wer freiwillig die weitere Ausführung der Tat aufgibt, wird nach § 24 Abs. 1 S. 1 StGB nicht wegen Versuchs bestraft. Ein fehlgeschlagener Versuch liegt dahingegen nach Auffassung des Bundesgerichtshofes dann vor, wenn die Tat nach Misslingen des zunächst vorgestellten Tatablaufs mit den bereits eingesetzten oder anderen naheliegenden Mitteln objektiv nicht mehr vollendet werden kann, ohne dass eine ganz neue Handlung- und Kausalkette in Gang gesetzt werden muss, und der Täter dies erkennt, oder wenn er...

Messerstecher: Strafbefreiender Rücktritt noch möglich?

Um strafbefreiend von einer Straftat zurückzutreten, bietet der § 24 Strafgesetzbuch (StGB) mehrere Möglichkeiten. So sind im § 24 Abs. 1 StGB drei Varianten geregelt. Nach der ersten Variante wird wegen Versuchs nicht bestraft, wer freiwillig die weitere Ausführung der Tat aufgibt. Es handelt sich dabei also um den Rücktritt vom unbeendeten Versuch. Mit dieser Variante hat sich auch der Bundesgerichtshof am 31. Mai 2023 in seinem Beschluss (3 StR 32/23) auseinandergesetzt. Der Angeklagte verletzte in einer Wohnung drei Menschen mit einem Messer. Einer Person schnitt er in die rechte Halsseite. Anschließend stach er auf zwei weitere Menschen ein. Eine...

Umentschieden – Doch kein versuchter Totschlag?

Eine Straftat anfangen zu begehen und anschließend nicht bestraft werden, weil man sich umentscheidet? Das ist der Fall bei einem Rücktritt gem. § 24 Strafgesetzbuch (StGB). Demnach wird wegen Versuches nicht bestraft, „wer freiwillig die weitere Ausführung der Tat aufgibt oder deren Vollendung verhindert“ (§ 24 Abs. 1 S. 1 StGB). Mit dem Prüfungspunkt der Freiwilligkeit setzte sich der Bundesgerichtshof (4 StR 442/22) in seinem Beschluss vom 14. Februar 2023 auseinander. Dem vorliegenden Sachverhalt nach stalkte der Angeklagte die Geschädigte mehrere Jahre, nachdem diese im Jahr 2018 mit ihm Schluss gemacht hatte. Unter anderem brachte er einen GPS-Peilsender an ihrem...

Geldgieriger Zahnarzt? Extraktion von Zähnen trotz anderer Alternativen

Einem Arzt wird vertraut, dass er durch die richtige Behandlung die Gesundheit eines Patienten wiederherstellt. Doch was passiert, wenn ein Arzt dieses Vertrauen für seinen eigenen Vorteil missbraucht? In seinem Beschluss vom 16. März 2022 befasste sich das Oberlandesgericht Karlsruhe (1 Ws 47/22) mit diesem Thema und musste außerdem feststellen, wann sich ein Arzt der gefährlichen Körperverletzung strafbar macht. Im hiesigen, der Entscheidung des Oberlandesgerichts zugrundeliegenden Sachverhalt  entnahm der Zahnarzt seinen Patienten in 33 Fällen Zähne, obwohl es andere hinreichend aussichtsreiche Behandlungsalternativen gab. Seinen Patienten soll er erklärt haben, dass die Behandlung zwingend notwendig sei. Im Vertrauen auf die Expertise...

Behandlung von ADHS mit Drogen

Werden auch Suchtkranke in Justizvollzugsanstalten untergebracht? Neben Strafen sind im Strafgesetzbuch (StGB) auch Maßregeln enthalten. So regelt der § 64 StGB beispielsweise die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt. Nach diesem wird eine Person, die einen Hang zum Konsum von alkoholischen Getränken oder anderen berauschenden Mitteln hat, in einer Entziehungsanstalt untergebracht. Wann ein solcher Hang vorliegt, hat der Bundesgerichtshof (5 StR 416/22) in seinem Beschluss vom 22. November 2022 beantwortet. Das Landgericht Berlin verurteilte den Angeklagten wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren. Dabei sah es von einer Unterbringung in einer Entziehungsanstalt ab. Der Angeklagte...

Schwere Körperverletzung: Siechtum bei ungewisser Heilbarkeit

Sei es in strafrechtlichen oder zivilrechtlichen Klausuren oder in der Praxis: Die Körperverletzungsdelikte beschäftigen uns stets immer wieder. Dabei ist zu berücksichtigen, dass es nicht nur die einfache Körperverletzung nach § 223 Strafgesetzbuch (StGB) gibt. Zu den Körperverletzungsdelikten gehört auch die schwere Körperverletzung nach § 226 StGB. Hat die Körperverletzung zur Folge, dass die verletzte Person das Sehvermögen auf einem Auge oder beiden Augen, das Gehör, das Sprechvermögen oder die Fortpflanzungsfähigkeit verliert (Nr. 1), ein wichtiges Glied des Körpers verliert oder dauernd nicht mehr gebrauchen kann (Nr. 2) oder in erheblicher Weise dauernd entstellt wird oder in Siechtum, Lähmung oder...