Kategorie: Untersuchungshaft

Untersuchungshaft seit 5 Jahren und 9 Monaten – Aufhebung des Haftbefehls wegen überlanger Verfahrensdauer

Die Mühlen der Justiz mahlen langsam. Das dürfte wohl keinem von uns neu sein. Beim Lesen einer Entscheidung des Oberlandesgerichtes Köln bekommt dieses Sprichwort allerdings eine ganz andere Dimension. Denn bei einer andauernden Untersuchungshaft von etwa 5 Jahren und 9 Monaten kann von einem langsamen Mahlen der Justizmühlen keine Rede mehr sein. Vielmehr drängt sich hier nur noch der Begriff der überlangen Verfahrensdauer auf. Glücklicherweise hat das OLG Köln nun Gerechtigkeit walten lassen und den Haftbefehl gegen den Angeklagten aufgehoben. Doch wie konnte es überhaupt so weit kommen? Das Verfahren begann für den Angeklagten am 05.08.2009, als er von der...

Mord en miniature

Im Polizeiruf vom 28. Juni 2015 wird in einem Waldstück bei München die Leiche der Möbelfabrikantin Hoffer und die ihres Hundes gefunden. Obwohl die Leiche teilweise entkleidet ist, schließt der Rechtsmediziner ein Sexualdelikt aus. Die Kommissare Hanns von Meuffels (Matthias Brandt) und Constanze Hermann (Barbara Auer) finden bald heraus, dass sich ein Motiv für den Mord an der Unternehmerin aber auch aus ihrem beruflichen oder privaten Umfeld ergeben könnte. Hoffer plante, den Betrieb ins Ausland zu verkaufen, wodurch die Mitarbeiter in Bayern ihren Job verloren hätten. Ein Mord zum Erhalt des eigenen Arbeitsplatzes würde mit Sicherheit als niedriger Beweggrund bewertet...

Zwei Seiten derselben Medaille

Auf Spiegel Online kann man derzeit zwei persönliche Schilderungen von am Strafverfahren Beteiligten lesen. Zum einen ein kurzer Text eines jungen Staatsanwalts, der Einblicke in seinen von Pensen und Hierarchien geprägten Arbeitsalltag bietet: „Ja, ich schicke Leute ins Gefängnis.“ Zum anderen „Erlebnisberichte“ der beiden Studenten, die am Tag des WM-Endspiels aus einer Schnapslaune heraus ein wertvolles Gemälde gestohlen hatten und fünf Monate in Untersuchungshaft saßen: Kunstraub im WM-Rausch: Wie es zwei Studenten im Knast erging. Ich dachte bislang, das Gefängnis soll eine Strafe sein – aber erst nach einer Verurteilung. Denn alle Menschen, die in U-Haft sitzen, warten noch auf...

Rezension: Haller/Conzen – Das Strafverfahren

Eine Rezension von Tobias Kreher und Konstantin Stern Das Strafverfahren ist in der juristischen Berufspraxis wohl eines der bedeutendsten und vielseitigsten Betätigungsfelder. Gleichzeitig bereitet es schon den Jurastudenten und Rechtsreferendaren regelmäßig Kopfschmerzen und stellt auch manchen Praktiker hin und wieder vor Rätsel. Das Wesen des Strafverfahrens verständlich zu machen, ist das Anliegen von Klaus Haller und Klaus Conzen. Ihr Buch „Das Strafverfahren“ ist mittlerweile in der 7. Auflage im C.F. Müller Verlag erschienen. Auf knapp 600 Seiten stellen die Autoren den Ablauf eines gesamten Strafverfahrens dar. Durch die überwiegend chronologische Darstellung werden die einzelnen Verfahrensschritte sehr deutlich. Die Darstellung beginnt...

Rückschlag für Strafverteidiger – keine notwendige Verteidigung bei der Verhaftung und Vernehmung wegen Mordverdachts

Als Strafverteidiger weiß man – je eher ein Anwalt konsultiert wird, desto mehr Chancen bestehen für den Beschuldigten, das Beste aus dem Strafverfahren machen zu können. Leider ist es aus unterschiedlichen Gründen viel zu oft so, dass ein Strafverteidiger erst dann eingeschaltet wird, wenn schon Aussagen gemacht und somit Grundlagen für das spätere Verfahren geschaffen wurden. Daran zu rütteln, ist ein Kraftakt, der leider oft erfolglos bleibt. Wann jedoch der richtige Zeitpunkt ist, um einen Verteidiger zu bestellen, wird kontrovers diskutiert und in vielen Ländern anders gehandhabt. Wie die Rechtslage zu diesem Thema hierzulande aussieht, kann man der Strafprozessordnung (StPO)...

Wenn Eltern im Prozess zum Alibi ihrer Kinder schweigen – Stärkung des Zeugnisverweigerungsrechts durch den BGH

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in seinem Beschluss vom 20.3.2014 – 3 StR 353/13 den Schutz des Zeugnisverweigerungsrechts gestärkt und dessen Bedeutung erneut hervorgehoben. Anlass dafür war eine Entscheidung des Landgerichts Stralsund, durch die der Angeklagte unter anderem wegen Brandstiftung verurteilt wurde. Das Landgericht hatte der Verurteilung das Aussageverhalten der Eltern des Angeklagten zu Grunde gelegt. Diese gaben ihrem Sohn nach sechs Monaten ein Alibi für die Tatzeit, zu der er sich auf dem elterlichen Grundstück befunden haben soll. Auf die Frage, warum diese Angabe nicht früher gemacht wurde, antwortete die Mutter des Angeklagten, man hätte sie ja früher danach fragen...