Kategorie: Berufung

Die Qual der Rechtsmittelwahl

An der Richtigkeit des einen oder anderen Strafurteils kann man freilich zweifeln. Deshalb sieht die Strafprozessordnung die Möglichkeit vor, Rechtsmittel dagegen einzulegen. Dazu zählen die Berufung und die Revision. Die Berufung führt im Ergebnis zu einer vollständigen Überprüfung des Urteils, die Revision nur zu einer Überprüfung auf Rechtsfehler. Weil aber von einem Angeklagten ohne juristische Fachkenntnisse nicht erwartet werden kann, dass er mit den Unterschieden von Berufung und Revision vertraut ist, besagt § 300 StPO klar und deutlich: „Ein Irrtum in der Bezeichnung des zulässigen Rechtsmittels ist unschädlich.“ Die Nichtbezeichnung des Rechtsmittels wurde nun aber einer Anwältin zum mehr oder...

Rezension: Haller/Conzen – Das Strafverfahren

Eine Rezension von Tobias Kreher und Konstantin Stern Das Strafverfahren ist in der juristischen Berufspraxis wohl eines der bedeutendsten und vielseitigsten Betätigungsfelder. Gleichzeitig bereitet es schon den Jurastudenten und Rechtsreferendaren regelmäßig Kopfschmerzen und stellt auch manchen Praktiker hin und wieder vor Rätsel. Das Wesen des Strafverfahrens verständlich zu machen, ist das Anliegen von Klaus Haller und Klaus Conzen. Ihr Buch „Das Strafverfahren“ ist mittlerweile in der 7. Auflage im C.F. Müller Verlag erschienen. Auf knapp 600 Seiten stellen die Autoren den Ablauf eines gesamten Strafverfahrens dar. Durch die überwiegend chronologische Darstellung werden die einzelnen Verfahrensschritte sehr deutlich. Die Darstellung beginnt...

Rechtsanwalt für Strafrecht Steffen Dietrich

Befriedungsgebühr Nr. 4141 VV RVG nach ausgesetzter Berufungshauptverhandlung

Manche BGH-Urteile sprechen sich langsamer herum als andere. Mein wegen anderer Delikte inhaftierter Mandant wurde in erster Instanz zu einer niedrigen Freiheitsstrafe verurteilt. Um eine unmittelbare Anschlussvollstreckung zu vermeiden, legte ich gegen das erstinstanzliche Urteil Berufung ein. Der Termin für die Berufungshauptverhandlung fand zwei Wochen vor der geplanten Haftentlassung statt. In der Berufungshauptverhandlung konnten wir erreichen, dass das Verfahren ausgesetzt wurde und ein neuer Termin von Amts wegen zu bestimmen war. Zwei Wochen später wurde mein Mandant aus der Haft entlassen. Daraufhin nahm ich die Berufung zurück. Wie wirkt sich die Berufungsrücknahmen nun gebührenrechtlich aus? Immerhin wurde hierdurch (wenigstens) ein...

„Dann gehen wir eben in Berufung!“ – Die Rechtsmittel im Strafverfahren Teil 1

Es soll vorkommen, dass Richter Fehler machen. Und weil Richter auch nur Menschen und daher mit einer zutiefst menschlichen Einsichtsfähigkeit in ihre Fehler ausgestattet sind, enthält die Strafprozessordnung Mechanismen, fehlerhafte Entscheidungen zu korrigieren: Die Rechtsbehelfe. In der Strafprozessordnung und dem OWiG finden wir insgesamt 8 Rechtsbehelfe, davon 3 Rechtmittel und 5 sonstige Rechtsbehelfe. Diese Beitragsreihe soll einen Überblick über diese 8 Möglichkeiten der Korrektur fehlerhaft getroffener Entscheidungen geben. Die drei Rechtsmittel sind: Die Beschwerde nach §§ 304 ff StPO dazu zählen die einfache Beschwerde, § 304 StPO, die sofortige Beschwerde, § 311 StPO und die weitere Beschwerde nach § 310...

Man soll den Tag nicht vor dem Abend schlecht machen!

Regelmäßig bekommt man als Verteidiger einen Schreck, wenn man auf einem übersandten Urteil den Vermerk vorfindet: Die Staatsanwaltschaft hat Berufung eingelegt In einem Verfahren wegen Ladendiebstahls hatte mein Mandant im Anschluss an den Diebstahl Gewalt angewendet. Deshalb wurde er durch die Staatsanwaltschaft Berlin wegen räuberischen Diebstahls angeklagt. In diesem Verfahren konnte ich darlegen, dass die Gewaltanwendung nicht dazu diente, sich den Besitz an der Ware zu erhalten. Auch sei eine Bewährungsstrafe trotz der bereits zahlreichen Vorverurteilungen und Hafterfahrungen ausnahmsweise gerechtfertigt. Das Gericht verurteilte deshalb meinen Mandanten lediglich wegen einfachen Diebstahls zu einer Bewährungsstrafe. Hiermit war die Staatsanwaltschaft Berlin nicht einverstanden...

Ich brauche keinen Anwalt, ich bin unschuldig!

So oder ähnlich dachten Mandanten, bevor sie in den Mühlen der Justiz gemahlen, zum Teil auch zermahlen worden sind. Letzte Woche konnte ich ein Verfahren vor dem Landgericht Berlin zur Einstellung bringen, in welchem der Mandant die Mühlsteine der Justiz bis zur erstinstanzlichen Verurteilung vor dem Amtsgericht ertragen hatte. Nach seiner Verurteilung vor dem Amtsgericht war sein Vertrauen in die Strafrechtspflege vollständig zerstört und er wandte sich an mich. Unserem Mandanten wurde vorgeworfen, seinen Hausmeister in Berlin Kreuzberg körperlich angegriffen zu haben. Der Hausmeister sollte sich laut der Ermittlungsakte leichteste Verletzungen zugezogen haben. Als braver Staatsbürger folgte unser Mandant der...

Was passiert, wenn der Angeklagte nicht zur Verhandlung erscheint – Teil 3

Ein Gastbeitrag von Nika Telysheva, Jurastudentin an der Freien Universität Berlin Teil 3 Anwesenheit bei der Berufung und Einspruch Wenn man eine Berufung bzw. einen Einspruch gegen einen Strafbefehl einlegt, wird es natürlich erwartet, dass derjenige, der das Rechtsmittel eingelegt hat sich für die Endentscheidung interessiert und deswegen auch zur Verhandlung erscheint oder zumindest seinen Vertreter in den zulässigen Fällen beauftragt. Erscheint weder der Angeklagte noch sein bevollmächtigter Vertreter, so wird die Berufung gemäß § 329 Abs. 1 Satz 1 StPO ohne Verhandlung zur Sache verworfen. Für den Einspruch gilt § 329 gemäß § 412 Satz 1 entsprechend. Deswegen empfiehlt...