Kategorie: Urteil- und Entscheidungsbesprechung

Gemeinsam ist nicht immer gleich „gemeinschaftlich“ im Sinne des § 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB

Stellen wir uns vor, dass sich mehrere Personen zusammenschließen und dann gemeinsam eine Körperverletzung begehen. Ist das jetzt eine gemeinschaftlich begangene Körperverletzung? Das kommt, wie es unter Juristen so oft heißt, ganz auf die Umstände an. Die gemeinschaftlich begangene Körperverletzung ist in § 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB geregelt und hat als Qualifikation der „einfachen“ Körperverletzung nach § 223 StGB einen erhöhten Strafrahmen. Während bei der Körperverletzung nach § 223 StGB eine Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder auch eine Geldstrafe verhängt werden kann, ist die maximale Strafandrohung der gefährlichen Körperverletzung nach § 224 StGB doppelt so hoch. Hier...

Verletzung der Unterhaltspflicht – keine Anrechnung von Einkünften, die durch Straftaten gegen das Eigentum oder das Vermögen eines anderen erlangt wurden

Wer denkt, die Verletzung einer Unterhaltspflicht sei lediglich ein Kavaliersdelikt, hat das Strafgesetzbuch (StGB) nicht aufmerksam gelesen. Denn in § 170 Abs. 1 StGB wird die Verletzung der Unterhaltspflicht mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bedroht. Den Tatbestand erfüllt, wer sich einer gesetzlichen Unterhaltspflicht entzieht, so dass der Lebensbedarf des Unterhaltsberechtigten gefährdet ist oder ohne die Hilfe anderer gefährdet wäre. Ob eine bestehende Unterhaltspflicht verletzt wird, bestimmt sich nach der Leistungsfähigkeit des Unterhaltsverpflichteten. Dieses Merkmal ist zwar in § 170 Abs. 1 StGB nicht ausdrücklich erwähnt, nach ständiger Rechtsprechung handelt es sich aber um ein ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal....

Neues vom Bundesgerichtshof – Notwehrexzess auch nach einer pflichtwidrigen Provokation der Notwehr anwendbar

Und schon wieder hat der Bundesgerichtshof (BGH) ein Urteil verfasst, das nur so nach Examen schreit. Gegenstände der Entscheidung: das eingeschränkte Notwehrrecht bei einer Notwehrprovokation und die Anwendbarkeit des Notwehrexzesses bei einer solchen Notwehrprovokation. Wer sich jetzt fragt, was nochmal unter diesen Begriffen zu verstehen ist und was das eine mit dem anderen zu tun hat, dem soll hier geholfen werden. Insbesondere weil die Rechtfertigung einer Tat wegen Notwehr nach § 32 StGB immer wieder Gegenstand von Examensklausuren ist, ist es sehr wichtig, die Fallgruppen genau zu kennen und sauber prüfen zu können. So wird die nächste Prüfung sicher ein...

Rücktritt vom Versuch bei mehreren Tatbeteiligten – Sprengung eines Geldautomaten

In den letzten Jahren wurde es zunehmend beliebter, Geld- oder auch Fahrkartenautomaten zu sprengen, um so an den Inhalt der Automaten zu kommen: das ganz große Geld. Erst kürzlich hatte das Oberlandesgericht (OLG) Oldenburg über einen solchen Fall zu entscheiden. Aufhänger war allerdings nicht der einschlägige Tatbestand des § 308 StGB, sondern pures Strafrecht des Allgemeinen Teils, nämlich der Rücktritt vom Versuch bei mehreren Tatbeteiligten. Der Angeklagte und sein gesondert verfolgter Kompagnon hatten den Plan gefasst, einen Geldautomaten zu sprengen und sich das erbeutete Geld hälftig zu teilen. Nachdem der Kompagnon das Sprenggerät gebaut hatte, machten sich die beiden auf...

Wer A sagt, muss auch B sagen – die Holzlatte als gefährliches Werkzeug

Es kommt immer wieder vor, dass sich der Bundesgerichtshof (BGH) nicht nur zu komplexen, sondern auch zu einfachen Rechtsfragen äußern muss, die wohl auch Studenten in den ersten Semestern ohne große Probleme beantworten könnten. Zu solchen Revisionsentscheidungen kommt es, wenn das erstinstanzliche Gericht den Sachverhalt nicht sauber prüft und dabei Tatbestände einfach vergisst. So auch wieder in einem aktuellen Urteil, in dem es unter anderem um den Begriff des gefährlichen Werkzeugs ging. Dem Urteil lag folgendes Geschehen zugrunde: Die Angeklagten verabredeten sich dazu, gemeinsam in die Wohnung des Geschädigten einzudringen und aus dieser Betäubungsmittel und Geld zu entwenden. Sie führten...

Dealen vor Gericht will gelernt sein – Neues zur Belehrungspflicht bei Verständigungen

Es scheint, als wäre der Deal im Verhandlungssaal des Strafgerichts noch nicht richtig angekommen. Zwar gibt es die sogenannten Verständigungen zwischen dem Gericht und dem Angeklagten schon lange, sie werden aber noch lange nicht so ausgeführt, wie es eigentlich sein sollte. Denn immer wieder hat sich der Bundesgerichtshof (BGH) in seinen Revisionen mit dem Ablauf von Verfahrensabsprachen und ihrer Richtigkeit zu befassen. Nicht selten geht es dabei um die Belehrungs- und Mitteilungspflichten des Gerichts im Zusammenhang mit Verfahrensabsprachen. Nun findet sich in der Entscheidungsdatenbank des BGH wieder ein Beschluss, in dem der BGH ein Urteil der Vorinstanz aufheben musste, weil...

Bundesgerichtshof zur Manipulation von Geldspielautomaten

Examenskandidaten aufgepasst – es gibt eine neue Entscheidung zu den Computer bzw. Urkundendelikten! Diese sind aufgrund der stetig wachsenden Kriminalität im Umgang mit Daten in der letzten Zeit immer wieder Gegenstand von Examensklausuren geworden. Nun hat der Bundesgerichtshof (BGH) eine Entscheidung zur Fälschung technischer Aufzeichnungen gem. § 268 StGB getroffen (Beschluss vom 16.04.2015 – 1 StR 490/14). Ein Tatbestand, der gerne vernachlässigt wird, weil er kompliziert scheint und die Anwendungsbeispiele, im Gegensatz zu den wichtigeren Delikten wie Computerbetrug und Urkundenfälschung, überschaubar sind. Die aktuelle Entscheidung des BGH könnte deshalb eine gute Möglichkeit sein, den § 268 StGB mal wieder in...