Kategorie: Urteil- und Entscheidungsbesprechung

Überfall: Als Postbote ausgegeben

Die Abgrenzung zwischen Mittäterschaft und Beihilfe ist ein bekanntes Problem in einer Strafrechtsklausur. Um in einem Fall zu entscheiden, ob es um einen Täter handelt oder um jemanden, der Beihilfe leistet, gibt es zwei Ansichten. Nach der Ansicht der Tatherrschaftslehre kommt es auf die Tatherrschaft an. Täter ist demnach, wer die Tatherrschaft hat, also wer das Geschehen steuert, wobei auch derjenige das Geschehen in den Händen hält, der jederzeit eingreifen könnte. Nach einer anderen Ansicht ist das Tatinteresse, der Umfang der Tatbeteiligung und der Wille zur Tatherrschaft  für die Abgrenzung von Beihilfe und Mittäterschaft entscheidend. Mit der Frage; „Beihilfe oder...

Schwere Körperverletzung: Siechtum bei ungewisser Heilbarkeit

Sei es in strafrechtlichen oder zivilrechtlichen Klausuren oder in der Praxis: Die Körperverletzungsdelikte beschäftigen uns stets immer wieder. Dabei ist zu berücksichtigen, dass es nicht nur die einfache Körperverletzung nach § 223 Strafgesetzbuch (StGB) gibt. Zu den Körperverletzungsdelikten gehört auch die schwere Körperverletzung nach § 226 StGB. Hat die Körperverletzung zur Folge, dass die verletzte Person das Sehvermögen auf einem Auge oder beiden Augen, das Gehör, das Sprechvermögen oder die Fortpflanzungsfähigkeit verliert (Nr. 1), ein wichtiges Glied des Körpers verliert oder dauernd nicht mehr gebrauchen kann (Nr. 2) oder in erheblicher Weise dauernd entstellt wird oder in Siechtum, Lähmung oder...

Luftpumpe als Scheinwaffe?

Der qualifizierte Raub ist Gegenstand zahlreicher strafrechtlicher Klausuren. Besonderes die Einordnung eines Tatmittels als sogenannte Scheinwaffe im Sinne des § 250 Abs. 1 Nr. 1 lit. b Strafgesetzbuch (StGB) stellt eine besondere Herausforderung dar. Hierüber hatten wir bereits in der Vergangenheit einige Beiträge veröffentlicht. Vor dem Hintergrund, dass die Einordnung eine erhebliche Auswirkung auf die Freiheitsstrafe hat, erscheint sie von immenser Bedeutung. Auch der Bundesgerichtshof muss sich des Öfteren mit dem Raub und der Qualifikation nach §  250 StGB auseinander setzten. So auch am 28. März 2023. Dem Beschluss (4 StR 61/23) lag folgender Sachverhalt vor: Drei Leute standen rauchend...

Stuhl und Tisch als Waffen für eine gefährliche Körperverletzung

Die gefährliche Körperverletzung gem. § 224 StGB, die eine Qualifikation der einfachen Körperverletzung darstellt, enthält fünf verschiedene Varianten der Tatbegehung. Eine dieser Möglichkeiten ist die Körperverletzung mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung nach § 224 StGB, die wohl mitunter zu der umstrittensten Variante zählt. Angenommen werden kann sie, wenn die Verletzungshandlung den konkreten Umständen nach generell geeignet ist, das Leben des Opfers in Gefahr zu bringen. Außerdem muss ein Vorsatz vorliegen, dass die das Leben gefährdende Behandlung generell geeignet ist, das Leben des Opfers in Gefahr zu bringen. In seinem Beschluss vom 15. Februar 2023 hat sich auch der Bundesgerichtshof...

Panik wegen eines Drogentransports – Gefährdung des Straßenverkehrs

„Wer im Straßenverkehr grob verkehrswidrig und rücksichtslos die Vorfahrt nicht beachtet, und dadurch Leib oder Leben eines anderen Menschen oder fremde Sachen von bedeutsamen Wert gefährdet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.“ Der § 315c StGB regelt die Gefährdung des Straßenverkehrs und enthält neben dieser Variante (§ 315c Abs. 1 Nr. 2 a) StGB noch weitere Alternativen, nach der eine Gefährdung des Straßenverkehrs in Frage kommt. Der Bundesgerichtshof (4 StR 377/22) hat sich in seinem Beschluss vom 20. Dezember 2022 mit der oben genannten Variante auseinandergesetzt. Im hiesigen Sachverhalt transportiere der Angeklagte im Auftrag eines...

Einziehung von Macheten und Messern – Bewaffnetes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln

„Gegenstände, die durch eine vorsätzliche Tat hervorgebracht (Tatprodukte) oder zu ihrer Begehung oder Vorbereitung gebraucht worden oder bestimmt gewesen sind (Tatmittel), können eingezogen werden.“ (§ 74 Abs. 1 StGB) So auch im vorliegenden Fall: Der Angeklagte wurde vom Landgericht Berlin wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln zu einer Freiheitsstrafe von 2 Jahren und 8 Monaten verurteilt und traf eine Einziehungsentscheidung. In seinem Beschluss vom 4. Januar 2023 stellt der Bundesgerichtshof (5 StR 393/22) jedoch fest, dass sich die getroffene Einziehungsentscheidung teilweise als rechtsfehlerhaft erweist. Zum einen wurden Betäubungsmittel nach § 33 BtMG rechtsfehlerhaft eingezogen. Außerdem wurden nach § 74 Abs. 1...

Den eigenen Strafverteidiger angezeigt: Wechsel des Pflichtverteidigers

Nach den abgeschlossenen Strafrechtsvorlesungen im Studium begegnet einem das Strafprozessrecht, welches in der Praxis eines Strafrechtsanwalts von hoher Relevanz ist. Die Strafprozessordnung (StPO) regelt die Vorschriften für die Durchführung eines Strafverfahrens und enthält Bestimmungen für das Hauptverfahren, aber auch bereits für das Ermittlungsverfahren. Auch zur Pflichtverteidigung im Strafverfahren enthält die StPO Vorschriften. Ein Pflichtverteidiger wird einem Beschuldigten in den Fällen der notwendigen Verteidigung nach § 140 StPO beigeordnet, womit die Verfahrensrechte des Beschuldigten gewahrt werden sollen. Zu den Fällen der notwendigen Verteidigung gem. § 140 StPO zählen unter anderem, die Anschuldigung eines Verbrechens (Nr. 2) oder wenn das Verfahren zu...