Gefährdung von Laib und Leben – Schnittbrot als Tatmittel für die Körperverletzung

So mancher Strafrichter am Amtsgericht Tiergarten wird mehr über zweckentfremdete Lebensmittel erzählen können als ein Fantasy-Autor. Im Juli 2015 ging man der Frage nach, inwiefern Rotwein als Tatmittel für eine (versuchte) Sachbeschädigung in Betracht kommt. Doch bereits im März 2014 entschied das Amtsgericht Tiergarten über einen ähnlich köstlichen Fall – Körperverletzung, begangen mit Schnittbrot.

Der Angeklagte saß mit einem Kumpel vor einem Supermarkt und trank Alkohol. Ein anderer Mann bettelte vor dem Eingang. Als der spätere Geschädigte um Geld gebeten wurde, verneinte er zwar die Geldspende, kaufte dem Bettelnden aber ein Schnittbrot. Der Angeklagte hatte dies beobachtet und begann den Bettelnden anzuschreien, „was das denn mit dem Brot solle, er solle Bier besorgen“. Dann riss er ihm das Schnittbrot aus der Hand und drückte es dem Geschädigten derart heftig in die Hände, dass der Fingernagel des rechten Mittelfingers umknickte und das Nagelbett zu bluten begann.

Das Amtsgericht hat den Angeklagten wegen vorsätzlicher Körperverletzung (und Widerstand gegen die nach ca. 30 Minuten eintreffenden Polizeibeamten) zu einer Freiheitsstrafe von vier Monaten verurteilt. Das Landgericht hat die Berufung des Angeklagten verworfen. Nun legte der Angeklagte Revision ein, sodass auch noch das Kammergericht in den Genuss des Falles kam und sich mit der Frage auseinandersetzte, ob die Körperverletzung tatsächlich vorsätzlich begangen wurde (Beschluss vom 16.06.2015 – (2) 121 Ss 73/15 (33/15)).

Die Sachrüge hat im Ergebnis Erfolg, weil die landgerichtlichen Feststellungen zum subjektiven Tatbestand keine Auseinandersetzung mit der Frage nach einer nur fahrlässigen Begehungsweise enthalten. Aus den gegebenen Umständen sei nicht auszuschließen, dass der Angeklagte bei der Übergabe des Schnittbrotes die Möglichkeit einer Verletzung verkannte. Allein aus dem objektiven Geschehen könne nicht ohne Weiteres auf (bedingten) Vorsatz geschlossen werden, zumal es sich bei Schnittbrot auch nicht um einen objektiv besonders gefährlichen Gegenstand handelt.

Der Vollständigkeit halber sei angemerkt, dass die erhobenen Verfahrensrügen erfolglos blieben. Der Angeklagte rügte, im Berufungsverfahren sei kein Sachverständiger gehört worden, der bewiesen hätte, „dass es nicht möglich ist, mit einem Laib Brot, geschnitten, eine von dem Zeugen S. behauptete Verletzung, ein Einreißen des Fingernagels herbeizuführen.“

Hätte der Angeklagte im Februar 2015 vor dem Landgericht beantragt, das Schnittbrot in Augenschein zu nehmen, wäre dieser Antrag wohl auch erfolglos geblieben. Die Tat ereignete sich bereits am 04. Juni 2013.

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