Kategorie: Rechtsgebiete Strafrecht

Wer hat Lust, 120 DVDs mit Telefonmitschnitten bei der Kriminalpolizei zu hören?

Zunächst hatte ich ja herzlich gelacht über den Beschluss des OLG Karlsruhe vom 29. Mai 2012. Doch als ich die Entscheidung zu Ende gelesen hatte, musste ich feststellen, dass das gar kein Witz war. Die meinen das ernst. Es gab eine ganze Weile Streit, ob zur Ermittlungsakte nur das gehört, was auf Papier geschrieben steht – so der allgemeine Verständnis von einer Akte, oder auch Videos, Tonaufnahmen, digitale Bilder, die im Rahmen der Ermittlungshandlungen entstanden sind. Zurecht ist es mittlerweile einhellige Ansicht, dass die Form der Perpetuierung keine Rolle spielen kann. Insbesondere sind Audiodateien (z. B. infolge von TKÜ-Maßnahmen) Aktenteile,...

Zweierlei Maß – Fahrerflucht durch Polizeibeamte

Ich hatte gestern auf dem Weg zur Kirchstraße eine Richterin des Amtsgerichts Tiergarten getroffen. Diese berichtete mir, dass ihr ein Polizeibeamter bei der Ausfahrt vom Gerichtsgelände in den Wagen gefahren sei. Obwohl sie hupte und ein uniformierter Justizmitarbeiter winkte, fuhr der Polizeibeamte mit seinem Dienstwagen davon. Die Richterin erstatte Strafanzeige wegen Fahrerflucht. Einige Zeit später meldete sich die Polizei und teilte mit, dass man gegen den Beamten lediglich ein Ordnungswidrigkeitsverfahren einleiten würde. Jeder Normalbürger hätte in dieser Situation mit einem Strafverfahren wegen einer Unfallflucht zu rechnen. Bei Polizeibeamten hilft man sich aber gerne aus. Immerhin meinte die Richterin, dass ihr...

Bespritzen mit Sperma erfüllt den Tatbestand der Körperverletzung gem. § 223 StGB

Wenn ich an den Straftatbestand der Körperverletzung denke, fallen mir zunächst gebrochene Nasen, blaue Augen oder Schnittwunden ein. Unter Umständen muss aber kein Blut fließen und es reichen psychische Beeinträchtigungen. Das Amtsgericht Lübeck hatte sich in seiner Entscheidung vom 08.06.2011 mit einem eher außergewöhnlichen Sachverhalt zur Körperverletzung nach § 223 StGB zu befassen: Der Angeklagte hatte eine Frau mit zuvor abgefülltem Sperma im Bereich des Gesäßes bespritzt. Die Geschädigte bemerkte die feuchte Stelle im Rückenbereich und erkannte durch den Geruch, dass es sich bei der auf ihrer Kleidung befindlichen Flüssigkeit um Sperma handelte. Die Geschädigte litt als Folge der Tat...

„Heilige Diener des Gesetzes und der Gerechtigkeit“

Von wem mag wohl die Rede sein? Es konnte dabei meine Absicht nicht sein, den Defensoren Rathschläge zu geben, welche dienen sollten, die Geseze unwirksam zu machen, und durch Kunstgriffe und Rabulisterien auch überwiesene Verbrecher dem Schwerte der strafenden Gerechtigkeit zu entziehen. Ich sah vielmehr in den Defensoren selbst heilige Geister des Gesezes und der Gerechtigkeit, ich betragtete sie nich als nothwendige Gegner der Richter, sondern als mit diesen Verbunden, um Wahrheit zu entdecken. schrieb Carl Joseph Anton Mittermaier in seiner „Anleitung zur Vertheidigungskunst im deutschen Criminalprocesse und in dem auf Öffentlichkeit und Geschwornengerichte gebauten Strafverfahren mit Beispielen“ im Jahre...

Keine Grenzwerte bei Kokainkonsum, bei deren Überschreitung die absolute Fahruntüchtigkeit begründet werden kann

Strafbar nach § 316 StGB macht sich, wer im Verkehr ein Fahrzeug führt, obwohl er infolge des Genusses von alkoholischer Getränke oder anderen berauschenden Mitteln nicht in der Lage dazu ist. In seiner Entscheidung im Verfahren (524) 11 Ju Js 1853/10 (36/11), 524 – 36/11 stellte das Landgericht Berlin fest, dass die Überschreitung der festgelegten Grenzwerte von 10 ng/ml Kokain, im Gegensatz zu dem bei Alkoholkonsum festgelegten Grenzwert von 1,1 ‰, nicht zur Annahme einer absoluten Fahruntüchtigkeit gem. § 316 StGB führt. Die beschriebene Mindestmenge stellt lediglich ein sicheres Indiz für Kokainkonsum dar. Zwar erkennt das Landgericht Berlin einen Widerspruch...

So entstehen Protokolle

In einer Verhandlung vor dem Amtsgericht Tiergarten in Berlin war ich in dieser Woche gerade dabei, unmittelbar vor der Hauptverhandlung eine Übereinkunft bezüglich der zu verhängenden Strafe mit dem Gericht zu erzielen. Plötzlich wandte sich die Richterin an ihre Protokollführerin und meinte, dass die Protokollführerin in der jüngsten Vergangenheit wiederholt nach einem offiziellen Deal den Stempel der qualifizieren Belehrung gesetzt habe, ohne dass die Richterin diesbezüglich belehrt habe. Hierauf antwortete die Protokollführerin: Ich dachte, es sei nicht wichtig. Zunächst war ich kurz geschockt. Mein Vertrauen in die Rechtsordnung wurde aber wiederhergestellt, weil die Richterin meinte, dass es wohl sehr wichtig...

Schwarzfahren – eine lohnende Angelegenheit?

Nach einem Bericht der Berliner Zeitung plant der öffentliche Nahverkehr die Strafen für das Schwarzfahren anzuheben. Derzeit kostet einmal Schwarzfahren in Berlin 40,00 €. Nach Auffassung des Nahverkehrsverbundes wirkt dieser Betrag nicht abschreckend. Hierbei wird aber ausgeblendet, dass das Schwarzfahren auch eine Straftat und zwar die Leistungserschleichung gem. § 265 a StGB darstellt. Nach § 265 a StGB macht sich strafbar, wer die Beförderung durch ein Verkehrsmittel in der Absicht erschleicht, das Entgelt nicht zu entrichten. Es droht eine Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr. Wer durch diese Strafe nicht abgeschreckt wird, wird sich auch nicht von einer Erhöhung des bereits...