Kategorie: Rechtsgebiete Strafrecht

Erziehung vor Strafe: Das Jugendstrafrecht

Wird ein Jugendlicher genauso bestraft wie ein Erwachsener? Um flexible, altersangemessene Maßnahmen anzuwenden und den Entwicklungsstand von jungen Leuten zu berücksichtigen, gibt es das Jugendstrafrecht. Beim Jugendstrafrecht, insbesondere bei den Erziehungsmaßregeln und den Zuchtmitteln, steht nicht die Strafe im Vordergrund, vielmehr sollen die Maßnahmen den Jugendlichen erziehen und vor erneuten Straftaten eines Jugendlichen oder Heranwachsenden entgegenwirken. So beschreibt es der § 2 Jugendgerichtsgesetz (JGG). Die härteste Sanktion im Jugendstrafrecht ist die Jugendstrafe, die einen Freiheitsentzug vorsieht und nur zu verhängen ist, wenn nach § 17 Abs. 2 JGG eine schädliche Neigung oder die Schwere der Schuld vorliegt. Mit den Voraussetzungen...

Geldgieriger Zahnarzt? Extraktion von Zähnen trotz anderer Alternativen

Einem Arzt wird vertraut, dass er durch die richtige Behandlung die Gesundheit eines Patienten wiederherstellt. Doch was passiert, wenn ein Arzt dieses Vertrauen für seinen eigenen Vorteil missbraucht? In seinem Beschluss vom 16. März 2022 befasste sich das Oberlandesgericht Karlsruhe (1 Ws 47/22) mit diesem Thema und musste außerdem feststellen, wann sich ein Arzt der gefährlichen Körperverletzung strafbar macht. Im hiesigen, der Entscheidung des Oberlandesgerichts zugrundeliegenden Sachverhalt  entnahm der Zahnarzt seinen Patienten in 33 Fällen Zähne, obwohl es andere hinreichend aussichtsreiche Behandlungsalternativen gab. Seinen Patienten soll er erklärt haben, dass die Behandlung zwingend notwendig sei. Im Vertrauen auf die Expertise...

Die eigene Mutter beraubt?

Der Raub ist kein seltenes Thema in einer Strafrechtsklausur. Ein wichtiger Bestandteil der Prüfung des Raubes ist die finale Verknüpfung. Ein Raub gem. § 249 StGB wird verwirklicht, wenn mit Gewalt gegen eine Person oder unter Anwendung von Drohungen mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben eine fremde bewegliche Sache einem anderen in der Absicht weggenommen wird, die Sache sich oder einem Dritten rechtswidrig zuzueignen. Zwischen dem qualifizierten Nötigungsmittel und der Wegnahme muss ein Finalzusammenhang bestehen. Das heißt: Das Nötigungsmittel sollte nach Vorstellung des Täters dazu dienen, die Wegnahme durch Überwindung eines zu erwartenden Widerstandes zu ermöglichen. In seinem Beschluss...

Cannabis-WG: strafbares Inverkehrbringen durch Wegwerfen von Drogen

Das Betäubungsmittelgesetz stellt das Inverkehrbringen von Drogen unter Strafe. Dabei umfasst das Inverkehrbringen jede Eröffnung der Möglichkeit, dass ein anderer Zugriff auf die Drogen erlangt und diese verwenden kann. Das Kammergericht hat sich in seinem Beschluss vom 03. Mai 2022, (2 161 Ss 52/22 (15/22)) mit der Frage auseinandergesetzt, ob das Wegwerfen von Drogen bereits ein strafbares Inverkehrbringen von Betäubungsmitteln darstellt. Der Entscheidung zugrunde lag, dass der Angeklagte beim Eintreffen der Polizei an seiner Wohnungstür zufällig die Cannabisplantage seines Mitbewohners mit knapp 300 Cannabissetzlingen entdeckte, von der er bis zu diesem Zeitpunkt keine Kenntnis hatte. Aus Panik packte der Angeklagte...

Tritt mit einem Turnschuh – Gefährliches Werkzeug?

Um den Tatbestand der gefährlichen Körperverletzung nach § 224 StGB zu erfüllen, gibt es verschiedene Möglichkeiten. Unter anderem macht sich nach § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB strafbar, wer die Körperverletzung mittels einer Waffe oder eines anderen gefährlichen Werkzeugs begeht. Ein gefährliches Werkzeug ist nach der herrschenden Meinung jeder bewegliche Gegenstand, der nach seiner objektiven Beschaffenheit und Art seiner Verwendung im konkreten Fall geeignet ist, erhebliche Verletzungen herbeizuführen. Ob auch ein Turnschuh ein gefährliches Werkzeug darstellen kann, hat der Bundesgerichtshof (6 StR 298) in seinem Beschluss vom 25. Januar 2023 erörtert. Im hiesigen Fall kam es zwischen dem Angeklagten...

Strafverteidiger fordert lebenslange Freiheitsstrafe

Am 27. Juni 2023 gab die Verteidigerin des Angeklagten vor dem Landgericht Ulm ein überraschendes Schlussplädoyer ab. Die Staatsanwaltschaft hatte eine lebenslange Haftstrafe wegen Mordes gefordert. Der Angeklagte soll einen Menschen heimtückisch und zur Verdeckung einer anderen Straftat getötet haben. Nach Betrachtung des Sachverhaltes gestaltete sich die Beweislage eindeutig und bestätigte die Anklagevorwürfe. Doch nicht nur die Staatsanwaltschaft forderte in ihrem Schlussantrag eine lebenslange Freiheitsstrafe – auch die Verteidigerin des Angeklagten plädierte hierauf. Das Schlussplädoyer ist ein wichtiges Instrument im deutschen Prozessrecht. Nach § 258 StPO erhält nach der Beweisaufnahme zuerst der Staatsanwalt, dann der Verteidiger und abschließend der Angeklagte das Wort....

Überfälle auf Spielothek und Tankstelle – Liegt ein Raub oder eine räuberische Erpressung vor?

Der Raub gem. § 249 Strafgesetzbuch (StGB) ist nicht immer problemlos von der räuberischen Erpressung nach § 255 StGB zu unterscheiden. So heißt es im § 249 Abs. 1 StGB: „Wer mit Gewalt gegen eine Person oder unter Anwendung von Drohungen mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben eine fremde bewegliche Sache einem anderen in der Absicht wegnimmt, die Sache sich oder einem Dritten rechtswidrig zuzueignen, wird mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr bestraft.“ Eine räuberische Erpressung gem. § 255 StGB besteht dahingegen, wenn die Voraussetzungen des § 253 StGB vorliegen, der die Erpressung regelt, und die Erpressung nach §...