Kategorie: Strafverteidiger

Willkür bei Gericht – wenn Pflichtverteidiger zu Unrecht entpflichtet werden

Verteidigung bedeutet Konfrontation. Dies gilt natürlich nur, wenn zugunsten des Angeklagten alle Möglichkeiten der Strafprozessordnung ausgenutzt werden. Verteidiger, die das tun, haben es mit dem Gericht oft nicht leicht. Denn nicht jeder Richter behält bei ständiger Konfrontation mit Anträgen des Verteidigers einen kühlen Kopf. Mancher verliert sogar seinen juristischen Verstand, wie ein aktuelles Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 23.09. 2015 – 2 StR 434/14 zeigt. Was genau passierte: Der Verteidiger der Angeklagten stellte wenige Tage vor Beginn der Hauptverhandlung einen Antrag auf ergänzende Akteneinsicht. Nachdem ihm die Akten in der Folgezeit nicht zugesandt wurden, beantragte er die Aussetzung des Verfahrens...

Kontaktabbruch ist kein Grund für die Entpflichtung des Pflichtverteidigers

Im Alltag mag es durchaus so sein, dass ein einseitiger Kontaktabbruch zwischenmenschliche Beziehungen schädigen und erschüttern kann. Auf das Verhältnis zwischen Mandant und Pflichtverteidiger ist dieser Erfahrungssatz jedoch nicht übertragbar. Hier muss eindeutig mehr passieren, um das Vertrauensverhältnis schwerwiegend zu erschüttern, wie ein aktueller Beschluss des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm vom 25.08.2015 – 3 Ws 307/15 zeigt. Ausgangspunkt für die vom OLG zu entscheidende Beschwerde war folgender Sachverhalt: Das Landgericht Bielefeld hatte dem Angeklagten einen Pflichtverteidiger bestellt, der ihn in der Hauptverhandlung vertreten sollte. Dies funktionierte vorerst gut, bis der Angeklagte nicht mehr zu den Terminen vor Gericht erschien. Sein Pflichtverteidiger...

Ein schwerer Schlag für Strafverteidiger – BGH verneint Antragsrecht des Beschuldigten auf die Bestellung eines Pflichtverteidigers im Ermittlungsverfahren

Diese Entscheidung ist ein schwerer Schlag für Strafverteidiger und ein deutlicher Rückschritt der Gewährleistung des fairen Verfahrens im Strafprozess. Denn mit seinem Beschluss vom 09. September 2015 – 3 BGs 134/15 hat der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden, dass der Beschuldigte im Ermittlungsverfahren kein Recht hat, einen Antrag auf die Bestellung eines Pflichtverteidigers zu stellen. Die Rechtsfrage, ob sich aus § 141 Abs. 3 S. 1 und 2 StPO ein Recht des Beschuldigten ergibt, einen Antrag auf Beiordnung eines Pflichtverteidigers im Ermittlungsverfahren zu stellen, wird bisher sowohl in der Literatur als auch von den Fachgerichten kontrovers diskutiert. Diejenigen, die das Antragsrechts des...

Da möchte wohl jemand für einen Sechser Käse haben…

Vor dem Amtsgericht Neuruppin wurde ein Strafverfahren gegen zwei Angeklagte geführt. Mein Mandant war in Freiheit, der andere Angeklagte saß in Untersuchungshaft. Und wer in Untersuchungshaft schmort, der kommt manchmal auf Ideen. Vor dem Hauptverhandlungstermin nahm ich ergänzende Akteneinsicht und fand in den Akten ein Schreiben des inhaftierten Angeklagten an das Amtsgericht, das ich – in Inhalt und Orthographie unverändert – wiedergeben möchte: Sehr gerrte Damen u Herren, Ich möchte sie fragen wen ich ein Erliches Geständnis bei ihnen vorlege, kann ich dann mit einer Strafmelderung rechnin? Da ich es nicht Einsehen tute das ich alein zur Rechenschaft gezogen werde....

Rezension: Malek/Popp – Strafsachen im Internet

Klaus Malek und Andreas Popp haben eine Nische im Buchmarkt ausgemacht, in dem es doch zu jedem Rechtsgebiet bereits 17 Bücher zu geben scheint: Das Internetstrafrecht. Strafsachen im Internet Klaus Malek / Andreas Popp 2. Auflage 2015 185 Seiten, Softcover ISBN 978-3-8114-8853-3 C.F. Müller 44,99 € Was bekommt man? Der Käufer bekommt ein sinnvoll strukturiertes Handbuch, das auf 160 Textseiten eine knappe Einführung in das Internetstrafrecht gibt. Nach einer angemessen kurzen Übersicht über die technischen Hintergründe des Internets wird zunächst auf ca. 120 Seiten das materielle Internetstrafrecht und sodann auf gut 20 Seiten das Prozessrecht behandelt. Das materielle Recht bildet...

Strafverteidiger können aufatmen – auch der Vereitelungs- und Gefährdungstatbestand der Geldwäsche ist verfassungskonform auszulegen

Als Strafverteidiger gehört man zu der Berufsgruppe, die allein aufgrund ihrer Tätigkeit durchaus Gefahr läuft, mit Geldern aus illegalen Machenschaften in Berührung zu kommen. Es ist ein Teufelskreis: Mandanten, die Geld durch Straftaten bekommen haben, kommen in die Kanzlei und wollen sich verteidigen lassen. Fällig wird dann ein Honorar. Aus welchen Quellen dieses bezahlt wird, das kann man oft nicht genau nachvollziehen. Vielleicht ist es Geld, das aus einer Straftat herrührt, vielleicht aber auch nicht. Um die Berufsgruppe der Strafverteidiger zu schützen, hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) schon 2004 entschieden, dass für diese Berufsgruppe hinsichtlich des Verdachts der Geldwäsche andere Maßstäbe...

Wie viele Anwälte darf man haben?

Nachdem letzte Woche berichtet wurde, dass Beate Zschäpe einen weiteren Verteidiger bekommen soll, wurde ich nun mehrfach gefragt, wie das sein kann. Denn schließlich hätte die Hauptangeklagte im NSU-Prozess dann insgesamt vier Verteidiger. Der § 137 Abs. 1 S. 2 StPO besagt jedoch: Die Zahl der gewählten Verteidiger darf drei nicht übersteigen. Die Begrenzung der Zahl der Wahlverteidiger stammt aus den 1970er Jahren, wo RAF-Verteidiger mehr oder weniger noch während der Prozesse versucht haben sollen, Aktionen zu koordinieren oder den Verfahrensgang zu beeinflussen. Um gerade solche Verfahrensverzögerungen oder –vereitelungen zu unterbinden, wurde die Anzahl der Wahlverteidiger auf drei begrenzt. Allerdings...