Autor: Rechtsanwalt Dietrich, Fachanwalt für Strafrecht - Berlin-Kreuzberg

Keine Verwertung von Erkenntnissen aus einer Telefonüberwachung im Bußgeldverfahren

Überwachungsmaßnahmen greifen tiefgehend in die Grundrechte des Beschuldigten ein und dürfen deshalb nur unter bestimmten Voraussetzungen angeordnet werden. Die Telekommunikationsüberwachung, um die es in diesem Beitrag geht, darf unter anderem nur erfolgen, wenn der Verdacht besteht, dass der Beschuldigte eine in § 100a StPO genannte Straftat, eine sog. Katalogtat, begangen hat. Doch was passiert mit den gewonnen Daten, wenn sich der Tatverdacht nicht bestätigt hat, die Erkenntnisse aber auf andere Rechtsverstöße hindeuten? In seinem aktuellen Beschluss vom 14.12.2015 – 2 Ss (OWi) 294/15 hat sich das Oberlandesgericht (OLG) Oldenburg mit dieser Frage hinsichtlich der weiteren Verwendung im Rahmen eines Bußgeldverfahrens...

Wenn es zwingend wird – Vorladung als Beschuldigter

In Berlin sieht eine typische Beschuldigtenvorladung so aus: Der letzte Absatz überrascht mich immer wieder. Hier heißt es: Falls Sie den angegebenen Termin aus zwingenden Gründen nicht wahrnehmen können, schreiben Sie mir bitte umgehend eine Nachricht oder rufen Sie mich an.  Was sind nun zwingende Gründe um den Termin nicht wahrzunehmen zu müssen? Vielleicht ein Zahnarztbesuch oder der Besuch der Schwiegereltern. Die Polizei will offensichtlich den Beschuldigten durch die Formulierung ermuntern, der Vorladung nachzukommen. In der Strafpressordnung findet sich diese Formulierung zumindest nicht wieder. Deshalb sollte man sich als Beschuldiger nicht beirren lassen und der Vorladung als Beschuldigter nicht Folge...

Das sogenannte Teilschweigen und seine Indizwirkung

Dem Angeklagten steht es in jedem Verfahrensstadium frei, sich nicht zur Sache zu äußern. Macht er von seinem Schweigerecht Gebrauch, so darf das Gericht daraus keine nachteiligen Schlüsse ziehen. Liegt hingegen ein sogenanntes Teilschweigen vor, bei dem sich ein Angeklagter nur zu bestimmten Aspekten eines Geschehens äußert und andere Umstände der Sachverhaltsaufklärung verweigert oder schlichtweg verschweigt, kann das Tatgericht daraus nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) nachteilige Schlüsse für den Angeklagten ziehen. Dass dieser Grundsatz jedoch nicht uneingeschränkt gilt, hat der BGH in seinem Beschluss vom 16.04.2015 – 2 StR 48/15 bestätigt. In dem vom BGH zu verhandelnden Fall hatte...

Das Löschen von Daten auf einem Mobiltelefon begründet keine Zueignungsabsicht

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat wieder einmal eine wichtige Entscheidung zur Zueignungsabsicht von Daten auf Mobiltelefonen veröffentlicht. Egal ob kurz vor dem Examen oder im strafrechtlich geprägten Berufsalltag – jeder sollte die wichtigsten Aspekte dieser Entscheidung kennen, zumal die Fallkonstellationen zum Handydiebstahl stetig komplexer werden. Handydaten werden immer wichtiger, die Begründung der Zueignungsabsicht fällt dagegen oftmals schwer, wenn das Mobiltelefon selbst eigentlich nebensächlich ist. Doch um was ging es genau? Der BGH hatte über einen Sachverhalt zu entscheiden, in dem die Angeklagten dem Geschädigten das Handy wegnahmen, um es auf etwaige Videos zu untersuchen und diese zu löschen. Das Handy selbst...

Freispruch vom Prozessbetrug – Springt die Staatsanwaltschaft im Dreieck?

Im Deutschen Bank Prozess wurden alle Angeklagten, allen voran Jürgen Fitschen, Rolf-Ernst Breuer und Josef Ackermann, durch das Landgericht München freigesprochen. Die Anklageschrift lautete auf Prozessbetrug gem. § 263 StGB.   Was macht einen Prozessbetrug aber besonders?  Normalerweise wird bei einem Betrug jemand durch wahrheitswidrige Tatsachen getäuscht. Aufgrund des eingetretenen Irrtums verfügt dieser Geschädigte über sein Vermögen, was dann beim Geschädigten zu einem Vermögensschaden führt.  Beim Prozessbetrug verfügt ein Richter als Dritter durch sein Urteil über das Vermögen des Geschädigten. In der Regel ist der Geschädigte Kläger oder Beklagten in einem Zivilprozess.  Es handelt sich hiernach um einen sogenannten Dreiecksbetrug. Es ist anerkannt, dass...

Der Rübenbauer als Cannabisproduzent?

Nach § 29 BtMG liegt ein Verstoß gegen das Betäubungsmittelgesetz vor, sobald man unerlaubt Betäubungsmittel anbaut. Nach § 1 Abs. 1 BtMG unterfallen alle Stoffe dem Betäubungsmittelgesetz, die in Anlage I bis III aufgeführt werden. In der Anlage I werden alle nicht verkehrsfähigen Drogen aufgeführt. Hier findet man unter „C“ als nicht verkehrsfähiges Betäubungsmittel: Cannabis (Marihuana, Pflanzen und Pflanzenteile der zur Gattung Cannabis gehörenden Pflanzen) Also gibt es keinen legalen Anbau von Cannabis? Doch, in der Anlage I werden Ausnahmen vom Verbot zugelassen. Neben dem Anbau von Nutzhanf, sprich von Cannabissorten mit einem THC-Gehalt von unter 0,2 Prozent, ist es...

Im Gerichtssaal geht es dem Beschuldigten an den Kragen

Gestern war ich zur Fortbildung zum Thema „Ausgewählte psychologische Einflüsse im Gerichtssaal“. Es war sehr unterhaltsam. Eine wichtige Aussage der Dozentin war, dass Menschen dazu neigen, ihre aufgestellte Hypothese bestätigen zu wollen. Geht ein Richter erst einmal davon aus, dass ein Beschuldigter die angeklagte Tat begangen hat, wird er eher Beweismittel berücksichtigen, die diese Hypothese stützen. Das Problem liegt nun darin, dass vor der Hauptverhandlung über die Eröffnung des Hauptverfahrens durch das Gericht entschieden werden muss. In der Regel hat der Richter der Verhandlung auch die Eröffnung des Hauptverfahrens beschlossen. Für diese Entscheidung muss der Richter eine Prognose anstellen, ob...