Erpresster tötet den Erpresser – Heimtückischer Mord?

Die Feststellung, ob es sich um einen Totschlag gemäß § 212 Strafgesetzbuch (StGB) oder einen Mord gemäß § 211 StGB handelt, ist essenziell. Während die Strafe bei einem Totschlag im § 212 StGB als nicht unter 5 Jahren normiert ist, ist für einen Mord eine lebenslange Freiheitsstrafe vorgesehen.

Für die Annahme eines Mordes muss eines der Mordmerkmale vorliegen. Eines davon ist die Heimtücke, mit der sich auch der Bundesgerichtshof (1 StR 397/21) in seinem Beschluss vom 18. November 2021 beschäftigen musste. Das Mordmerkmal der Heimtücke liegt dann vor, wenn der Täter die Arg- und Wehrlosigkeit des Opfers bewusst zu Tatbegehung ausnutzt.

Im hiesigen, der Entscheidung des Bundesgerichtshofes zugrundeliegenden Sachverhalt kaufte der Angeklagte vom Tatopfer mehrmals Kokain in der Vergangenheit. Dabei forderte er vom Angeklagten mehrere aus Sicht des Angeklagten unberechtigte Forderungen und rechnete schließlich auch Zinsen dazu. Das geforderte Geld versuchte das Tatopfer mit Hilfe von massiven Drohungen einzuholen. Zuletzt schuldete der Angeklagte dem Tatopfer 8.000 oder 9.000 EUR.

Nachdem der Angeklagte vorgab, das Geld zu haben, traf er sich mit einer Waffe bewaffnet mit dem Tatopfer in einem Auto. Dabei setzte er sich auf den Sitz hinter dem Beifahrersitz, damit das Tatopfer die Waffe nicht entdeckte. Er zog die Waffe und erklärte, dass er mehr Zeit benötige, um das Geld zu beschaffen. Als das Tatopfer die Drohungen mit der Waffe nicht ernst nahm und seine Hand in Richtung dieser bewegte, schoss der Angeklagte dreimal in den Kopf des Tatopfers, wodurch dieser starb.

Das Landgericht verurteilte ihn dafür wegen heimtückischen Mordes gem. § 211 StGB. Seine Revision hatte Erfolg. Der Schuldspruch wegen Mordes hat nach Auffassung des Bundesgerichtshofes keinen Bestand.

Der Umstand, dass ein Täter seine Tat als Opfer einer Erpressung begeht, kann sich auf das Vorliegen des heimtückischen Handelns auswirken. Der Bundesgerichtshof erklärt in seinem Beschluss, dass ein Erpresser dann regelmäßig nicht arglos ist, wenn er dabei ist, seine Tat zu vollenden oder zu beenden. Das wehrende Opfer handelt in solchen Fällen in der Regel nicht heimtückisch, da der Erpresser durch sein Verhalten einen Gegenangriff herausfordert. Mit diesem Gegenangriff muss der Erpresser grundsätzlich jederzeit rechnen.

Da der Angeklagte Opfer einer Erpressung des Tatopfers war und dieser dabei war, den endgültigen Rechtsgutsverlust zu bewirken, ist das Verhalten des Angeklagten nicht als heimtückisch zu bewerten.

Rechtsanwalt Steffen Dietrich, Strafverteidiger aus Berlin-Kreuzberg

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