Kategorie: Rechtsgebiete Strafrecht

Fehlender interner Geschäftsverteilungsplan einer Strafkammer – Bundesgerichtshof hebt Urteil auf

Geschäftsverteilunspläne sind ein Muss für jedes Gericht. Aber auch innerhalb der einzelnen Kammern ist es unerlässlich, dass bereits vor Eingang der Klage feststeht, welcher Richter für den Fall zuständig ist. Dies wird durch das grundrechtlich geschützte Recht auf den gesetzlichen Richter gewährleistet. Wird es verletzt, liegt ein absoluter Revisionsgrund vor, der zur Aufhebung des Urteils führt. So hob der Bundesgerichtshof mit Beschluss vom 8. Februar 2017 – 1 StR 493/16 ein Urteil des Landgerichts München wegen Verstoßes gegen den gesetzlichen Richter auf. Die Schwurgerichtskammer des Landgerichts hatte versäumt, einen Geschäftsverteilungsplan schriftlich zu beschließen. Stattdessen war die Kammer mündlich übereingekommen, den...

Der Begriff der dauerhaften Gebrauchsunfähigkeit eines Gliedes bei der schweren Körperverletzung

Die schwere Körperverletzung gehört zu der Gruppe der im Examen beliebten Erfolgsqualifikationen und wird immer wieder gerne abgefragt. Ein Grund mehr, sich heute mit dem § 226 Abs. 1 Nr. 2 StGB, der wie folgt lautet, zu beschäftigen: „Hat die Körperverletzung zur Folge, dass die verletzte Person ein wichtiges Glied des Körpers verliert oder dauernd nicht mehr gebrauchen kann, so ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren.“ Doch was wird konkret unter der dauernden Gebrauchsunfähigkeit verstanden und welche wichtigen Fallgruppen sollte man dazu wiederholen? Wir helfen weiter. Definition: Erforderlich ist die vollständige oder wenigstens nahezu vollständige...

Ein „unter Schock“ erklärter Rechtsmittelverzicht ist wirksam

Als Strafverteidiger erlebt man nicht selten, dass Mandanten erst nach einem Urteil Rechtsrat suchen, weil sie sich ungerecht behandelt fühlen. In der Regel ist dies unproblematisch, wenn die Rechtsmittelfrist noch läuft. In diesem Fall kann Berufung oder Revision eingelegt werden, sodass sich die Gerichte erneut mit der Sache befassen müssen. Problematisch ist hingegen, wenn der Betroffene sich in der Verhandlung auf einen Rechtsmittelverzicht eingelassen hat. Denn ist ein Rechtsmittelverzicht erst einmal in der Welt, so ist es nur unter sehr strengen Voraussetzungen möglich, ihn rückgängig zu machen. So hat der Bundesgerichtshof (BGH) mit Beschluss vom 9. März 2017 – 3...

Bundesgerichtshof zur Gegenwärtigkeit eines Angriffs bei der Notwehr

In seinem Beschluss vom 1. Februar 2017 – 4 StR 635/16 hat der Bundesgerichtshof interessante Ausführungen zur Gegenwärtigkeit eines Angriffs bei der Notwehr gemacht. Dabei stellt er erneut klar, dass man sein Notwehrrecht auch dann ausüben darf, wenn der Angriff unmittelbar bevorsteht. Entscheidend für die Beurteilung seien die Absichten des Angreifers. Gegenstand der Entscheidung war ein Streit wegen Ruhestörung zwischen Nachbarn. Der Angeklagte fühlte sich von seinem Nachbarn, der mit Freunden lautstark Musik hörte, gestört und entschloss sich, diesen darauf aufmerksam zu machen. Da er wusste, dass er seinem Nachbarn körperlich unterlegen war und dieser auf die Beschwerde vermutlich abweisend...

Die dauerhafte Unbrauchbarkeit eines wichtigen Gliedes entfällt nicht durch eine dem Betroffenen mögliche Operation

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit seinem Urteil vom 7. Februar 2017 – 5 StR 483/16 eine lesenswerte Entscheidung zur schweren Körperverletzung getroffen, die sicherlich bald Gegenstand von Examensklausuren sein wird. Denn es geht um kein geringeres Problem als die dauerhafte Unbrauchbarkeit eines wichtigen Gliedes bei der schweren Körperverletzung nach § 226 StGB und die Frage, ob die Dauerhaftigkeit bei einer dem Betroffenen zumutbaren Operation entfallen kann. Anlass des Urteils war eine körperliche Auseinandersetzung des Angeklagten mit seinem ehemaligen Mitbewohner, mit dem er sich in einer Asylunterkunft ein Zimmer geteilt hatte. Als der Angeklagte ein Antennenkabel mitnehmen wollte, kam es zu...

Neues zum Wohnungseinbruchdiebstahl: Wohnmobile, die im Urlaub genutzt werden, sind Wohnungen im Sinne des § 244 StGB

Und schon wieder hat der Bundesgerichtshof (BGH) eine Entscheidung veröffentlicht, die sich Examenskandidaten gut merken sollten. Denn Gegenstand der Entscheidung ist der beliebte Themenkomplex des Diebstahls, oder genauer gesagt des Wohnungseinbruchdiebstahls, anhand dessen sich allerlei Problemwissen prüfen lässt. Der BGH hat sich in seinem Beschluss vom 11. Oktober 2016 – 1 StR 462/16 mit der Frage beschäftigt, ob ein Wohnmobil, wenn es im Urlaub genutzt wird, eine Wohnung im Sinne des § 244 StGB darstellt und somit der erhöhten Straferwartung von sechs Monaten bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe unterliegt. Anlass war die Revision gegen ein Urteil des Landgerichts Würzburg, durch...

Ein Turnschuh ist nicht ohne Weiteres ein gefährliches Werkzeug im Sinne des § 224 StGB

Nach § 224 Abs. 1 Nr. 2 des Strafgesetzbuches (StGB) wird wegen gefährlicher Körperverletzung mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren bestraft, wer die Körperverletzung mittels einer Waffe oder eines anderen gefährlichen Werkzeugs begeht. Seitdem die Rechtsprechung klargestellt hat, dass auch ein Schuh ein gefährliches Werkzeug sein kann, neigen manche Gerichte dazu, jeden wuchtigen Tritt als eine gefährliche Körperverletzung einzustufen. So hatte der Bundesgerichtshof (BGH) in seiner Entscheidung vom 26.10.2016 – 2 StR 253/16 ein Urteil des Landgerichts Frankfurt zu überprüfen, in dem der Angeklagte der gefährlichen Körperverletzung schuldig gesprochen wurde. Der Angeklagte hatte einer anderen Person nach...