Ausspähen von Daten – Zugangsbeschränkung gegenüber einem zugriffsfähigen Administrator

Regelmäßig verschaffen sich Cyberkriminelle Zugang zu fremden IT-Systemen, indem sie sich als Administrator ausgeben oder sich einen Admin-Zugang verschaffen. Mit einem Admin-Zugang einher gehen typischerweise Zugangs- und Eingriffsbefugnisse, welche über die eines regulären Systemnutzers hinausgehen. Dies ermöglicht häufig auch den Zugriff auf die Nutzerkonten anderer Nutzer von IT-Systemen. Entgegen des typischen Falls des Ausspähens von Daten gemäß § 202a Absatz 1 StGB setzte sich der Bundesgerichtshof in seinem Beschluss vom 13. Mai 2020 (5 StR 614/19) damit auseinander, ob sich nicht auch ein Dritter mit Zugang zum System, sondern auch eine als Systemadministrator angestellte Person gemäß § 202a Absatz 1...

Heimtückische Tötung eines Kleinkindes
BGH, Beschl. v. 5.8.2014 − 1 StR 340/14 (LG Ravensburg) = NStZ 2015, 215

In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist anerkannt, dass es bei der Tötung eines wenige Wochen oder Monate alten Kleinkindes für die Frage der Heimtücke nicht auf dessen Arg- und Wehrlosigkeit ankommt, da es aufgrund seines Alters noch zu keinerlei Argwohn oder Gegenwehr fähig ist, sondern auf die Arg- und Wehrlosigkeit eines im Hinblick auf das Kind schutzbereiten Dritten. Schutzbereiter Dritter ist jede Person, die den Schutz eines Kleinkindes vor Leib- und Lebensgefahr dauernd oder vorübergehend übernommen hat und diesen im Augenblick der Tat entweder tatsächlich ausübt oder dies deshalb nicht tut, weil sie dem Täter vertraut oder vom Täter ausgeschaltet...

§ 250 Absatz 2 Nr. 1 StGB – Verwenden eines gefährlichen Werkzeugs bei akustischer Wahrnehmung durch das Opfer

Gemäß § 250 Absatz 2 Nr.1 StGB macht sich ein Täter wegen besonders schweren Raubes oder räuberischen Diebstahls strafbar, wenn er bei der Tat ein gefährliches Werkzeug verwendet. Auch wenn sich der Begriff des Verwendens auf den ersten Blick so anhören mag, als sei die Einwirkung auf den Körper des Opfers erforderlich, so ist dies nicht der Fall. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs umfasst das Tatbestandsmerkmal des Verwendens im Sinne des § 250 Absatz 2 Nr. 1 Alternative 2 StGB jeden zweckgerichteten Gebrauch eines objektiv gefährlichen Tatmittels. Das Verwenden bezieht sich hierbei auf den Einsatz des Nötigungsmittels zur Verwirklichung des Raubtatbestandes. Im Fall...

Eingehungsbetrug bei nicht sofortiger Zahlung trotz deren Vereinbarung

Eines der umstrittensten Tatbestandsmerkmale des Betruges gemäß § 263 StGB ist der Vermögenschaden. Ein Großteil entsprechender Streitigkeiten drehen sich im Wesentlichen um zwei Fragen; was ist Gegenstand des strafrechtlich geschützten Vermögens und wann liegt ein entsprechender Schaden vor. Das vorliegende Urteil des Bundesgerichtshofs (4 StR 586/19) befasste damit, wenn ein entsprechender Vermögensschaden vorliegt. Genauer mit der vom Bundesgerichtshof anerkannten Figur des Eingehungsbetruges. Ein Vermögensschaden im Sinne des § 263 Absatz 1 StGB tritt ein, wenn die Vermögensverfügung des Getäuschten bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise unmittelbar zu einer nicht durch Zuwachs ausgeglichenen Minderung des wirtschaftlichen Gesamtwerts seines Vermögens führt (Prinzip der Gesamtsaldierung). Maßgebend ist der...

Feststellung des bedingten Körperverletzungsvorsatzes bei psychisch vermittelten physischen Spätfolgen

Für das Opfer besonders traumatische Begehungsweisen einer Tat können physische Spätfolgen hervorrufen, welche den Tatbestand einer Körperverletzung erfüllen. Fraglich ist im Rahmen dessen jedoch, ob die Verursachung entsprechender Verletzungsfolgen vom Vorsatz des Täters umfasst ist. Bei der Feststellung eines entsprechenden Verletzungsvorsatzes ist vom Gericht eine am Einzelfall orientierte Vorsatzprüfung zu fordern. Mit den Anforderungen an diese Vorsatzprüfung befasste sich der Bundesgerichtshof in seinem Beschluss vom 17. März 2020 (1 StR 38/20). Der Angeklagte bedrohte die Betroffene im Rahmen eines Raubgeschehens mit einer Gaspistole. Dies führte bei dieser zu psychisch vermittelten gesundheitlichen Auswirkungen insbesondere in Form von starken muskulären Verspannungen. Das...

Das Ausnutzungsbewusstsein beim Mord aus Heimtücke

Das Mordmerkmal der Heimtücke ist in Examensklausuren extrem beliebt und wird häufig abgefragt. Dabei ist es sehr wichtig, die verschiedenen Definitionen auswendig zu können und gut darunter subsumieren zu können. Heimtückisch i.S.d. § 211 Abs. 2 StGB tötet, wer die auf der Arglosigkeit beruhende Wehrlosigkeit einer anderen Person in feindseliger Willensrichtung bewusst zur Ausführung der Tat ausnutzt. Nachdem wir uns bereits vor ein paar Wochen mit dem Mordmerkmal der Heimtücke, und vor allem mit der erforderlichen feindlichen Willensrichtung, beschäftigt haben, wollen wir uns heute insbesondere dem Ausnutzungsbewusstsein widmen. Definition: Für das Vorliegen eines Ausnutzungsbewusstseins ist es nicht ausreichend, dass der...

§ 177 StGB – Sexueller Missbrauch oder Übergriff bei Ausnutzung fehlender Durchsetzungsfähigkeit?

Eine Vorschrift, welche im Zuge der 2016 erfolgten Reform des Sexualstrafrechts besonders durchgreifende Änderungen erfuhr, ist § 177 StGB. Dieser regelt in seiner Neufassung über die Strafbarkeit wegen Vergewaltigung hinaus auch die Strafbarkeit wegen sexuellen Übergriffs und sexuellen Missbrauchs. Angesichts der Neufassung der Norm ergeben sich Abgrenzungsprobleme insbesondere zwischen den Tatbestandsformen des sexuellen Übergriffs und des sexuellen Missbrauchs. Der Bundesgerichthof befasste sich in seinem Beschluss vom 12. Februar 2020 (2 StR 5/20) im Zuge dessen mit der Abgrenzung beider Tatbestandsformen, wenn der Täter die mangelnde Durchsetzungsfähigkeit des Opfers infolge des Konsums von Rauschmitteln ausnutzt. Wegen sexuellen Übergriffs gemäß § 177...