Feststellung des bedingten Körperverletzungsvorsatzes bei psychisch vermittelten physischen Spätfolgen

Für das Opfer besonders traumatische Begehungsweisen einer Tat können physische Spätfolgen hervorrufen, welche den Tatbestand einer Körperverletzung erfüllen. Fraglich ist im Rahmen dessen jedoch, ob die Verursachung entsprechender Verletzungsfolgen vom Vorsatz des Täters umfasst ist.

Bei der Feststellung eines entsprechenden Verletzungsvorsatzes ist vom Gericht eine am Einzelfall orientierte Vorsatzprüfung zu fordern. Mit den Anforderungen an diese Vorsatzprüfung befasste sich der Bundesgerichtshof in seinem Beschluss vom 17. März 2020 (1 StR 38/20).

Der Angeklagte bedrohte die Betroffene im Rahmen eines Raubgeschehens mit einer Gaspistole. Dies führte bei dieser zu psychisch vermittelten gesundheitlichen Auswirkungen insbesondere in Form von starken muskulären Verspannungen.

Das Landgericht verurteilte den Angeklagten wegen Körperverletzung, ohne sich eingehend damit auseinander zu setzten, wieso der Angeklagte von entsprechenden Spätfolgen beim Opfer ausgehen musste, was zur Folge hatte, dass der BGH die Verurteilung des Angeklagten wegen Körperverletzung aufhob und sich mit den Anforderungen an einen entsprechenden Körperverletzungsvorsatz auseinander setzte.

Das ein Täter mit der Möglichkeit infolge einer Drohung vermittelter physischer Spätfolgen rechnet und sie billigend in Kauf genommen hat versteht sich nicht von selbst. Es hätte näherer Begründung bedurft, warum vorliegend von einem entsprechenden Vorsatz des Angeklagten hinsichtlich der psychisch vermittelten gesundheitlichen Auswirkungen der Tat insbesondere in Form von starken muskulären Verspannungen bei der Betroffenen auszugehen war.

Mithin fordert der BGH vom Gericht bei der Ermittlung des Körperverletzungsvorsatzes bezüglich psychisch vermittelter physischer Spätfolgen eine eingehende Auseinandersetzung damit, ob der Angeklagte mit entsprechenden Spätfolgen rechnete. Allein von deren Eintreten lässt sich nicht auf einen Verletzungsvorsatz des Angeklagten schließen.

Das Landgericht unterließ es vorliegend gänzlich dazulegen, weshalb der Angeklagte von den Spätfolgen bei der Betroffenen ausgehen musste. Die Verurteilung wegen Körperverletzung beruhte folglich alleine auf dem Umstand, dass die Betroffene Körperverletzungsfolgen erlitt.

Entsprechendem gerichtlichem Vorgehen tritt der BGH mit seinem vorliegenden Beschluss entgegen. Vom Gericht ist bezüglich physischer Spätfolgen regelmäßig zu fordern, dass es sich mit dem Körperverletzungsvorsatz des Angeklagten eingehend auseinandersetzt. Dies ist bezüglich psychisch vermittelter physischen Spätfolgen insbesondere angemessen, als solche nicht regelmäßig die Folge psychischer Einwirkungen auf das Opfer im Rahmen der Tatbegehung sind.

Rechtsanwalt Dietrich, Fachanwalt für Strafrecht Berlin

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