Kategorie: Strafprozessrecht

Zur Unverwertbarkeit polizeilich abgehörter Selbstgespräche im Strafprozess

(Darstellung und Aufarbeitung des BGH Urteils vom 22.12.2011 – 2 StR 509/10) In der Entscheidung vom 22.12.2011 – 2 StR 509/10 hat der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) seine Rechtsprechung zur Verwertbarkeit von Selbstgesprächen im Strafprozess konkretisiert. Dazu hob er ein Urteil des Kölner Landgerichts auf, durch welches die drei Angeklagten wegen Mordes zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe gem. § 211 StGB verurteilt worden waren. Das Landgericht ging von einem Familiendrama aus, in dem der Angeklagte seine Ehefrau aus Angst um das Umgangsrecht für den gemeinsamen Sohn tötete. Er hatte nach der Trennung von seiner Frau befürchtet, dass diese weit weg...

Wer hat Lust, 120 DVDs mit Telefonmitschnitten bei der Kriminalpolizei zu hören?

Zunächst hatte ich ja herzlich gelacht über den Beschluss des OLG Karlsruhe vom 29. Mai 2012. Doch als ich die Entscheidung zu Ende gelesen hatte, musste ich feststellen, dass das gar kein Witz war. Die meinen das ernst. Es gab eine ganze Weile Streit, ob zur Ermittlungsakte nur das gehört, was auf Papier geschrieben steht – so der allgemeine Verständnis von einer Akte, oder auch Videos, Tonaufnahmen, digitale Bilder, die im Rahmen der Ermittlungshandlungen entstanden sind. Zurecht ist es mittlerweile einhellige Ansicht, dass die Form der Perpetuierung keine Rolle spielen kann. Insbesondere sind Audiodateien (z. B. infolge von TKÜ-Maßnahmen) Aktenteile,...

„Heilige Diener des Gesetzes und der Gerechtigkeit“

Von wem mag wohl die Rede sein? Es konnte dabei meine Absicht nicht sein, den Defensoren Rathschläge zu geben, welche dienen sollten, die Geseze unwirksam zu machen, und durch Kunstgriffe und Rabulisterien auch überwiesene Verbrecher dem Schwerte der strafenden Gerechtigkeit zu entziehen. Ich sah vielmehr in den Defensoren selbst heilige Geister des Gesezes und der Gerechtigkeit, ich betragtete sie nich als nothwendige Gegner der Richter, sondern als mit diesen Verbunden, um Wahrheit zu entdecken. schrieb Carl Joseph Anton Mittermaier in seiner „Anleitung zur Vertheidigungskunst im deutschen Criminalprocesse und in dem auf Öffentlichkeit und Geschwornengerichte gebauten Strafverfahren mit Beispielen“ im Jahre...

So entstehen Protokolle

In einer Verhandlung vor dem Amtsgericht Tiergarten in Berlin war ich in dieser Woche gerade dabei, unmittelbar vor der Hauptverhandlung eine Übereinkunft bezüglich der zu verhängenden Strafe mit dem Gericht zu erzielen. Plötzlich wandte sich die Richterin an ihre Protokollführerin und meinte, dass die Protokollführerin in der jüngsten Vergangenheit wiederholt nach einem offiziellen Deal den Stempel der qualifizieren Belehrung gesetzt habe, ohne dass die Richterin diesbezüglich belehrt habe. Hierauf antwortete die Protokollführerin: Ich dachte, es sei nicht wichtig. Zunächst war ich kurz geschockt. Mein Vertrauen in die Rechtsordnung wurde aber wiederhergestellt, weil die Richterin meinte, dass es wohl sehr wichtig...

Terminsverlegung, immer wieder ein Problem

Jeder Rechtsanwalt kennt das Problem, dass er vom Gericht einen Termin vorgesetzt bekommt, an dem er bereits eine andere Hauptverhandlung hat. In dieser Situation stellt man dann als Verteidiger einen Verlegungsantrag. Nicht immer kommt das Gericht diesem Antrag nach. In seiner Entscheidung des Landgerichts Neuruppin vom 10. Januar 2012 – 13 Qs 6/12 – wurde aufgrund meiner Beschwerde ein Termin des Amtsgerichts aufgehoben. Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zu Grunde: Mein Mandant war in der Vergangenheit nach Auffassung des Amtsgerichts für die Strafverfolgung nicht erreichbar. Dann wurde er zum Zwecke der Strafvollstreckung in anderer Sache verhaftet. Nach über drei Monaten...

Erkennungsdienstliche Behandlung – das Bundesverwaltungsgericht

entgegen dem allgemeinen gerichtlichen Grundsatz: „Wofür ich nicht zuständig bin, muss ich nicht machen.“ Nach § 81 b StPO dürfen, soweit es für Zwecke der Durchführung des Strafverfahrens oder für die Zwecke des Erkennungsdienstes notwendig ist, Lichtbilder und Fingerabdrücke des Beschuldigten auch gegen seinen Willen aufgenommen und Messungen und ähnliche Maßnahmen an ihm vorgenommen werden. Problematisch ist die Regelung in Bezug auf die 2 Alternative. Nach dieser dürfen aufgrund einer bundesrechtlichen Regelung zum Zwecke des Erkennungsdienstes verschiedenste Eingriffe vorgenommen werden. Beim Erkennungsdienst handelt es sich nicht um die Aufklärung einer bereits begangenen Straftat. Vielmehr sollen durch die Maßnahmen zukünftige Straftaten...

Strafverteitelung des Verteidigers und seine Folgen im Verfahren

Nach § 138 a StPO kann ein Verteidiger aus verschiedenen Gründen ausgeschlossen werden. Insbesondere ist ein Ausschluss möglich, wenn der Verdacht besteht, der Verteidiger habe sich in dem zugrunde liegenden Verfahren einer Strafverteitelung gem. § 258 StGB strafbar gemacht. In seiner Entscheidung von 01.08.11 musste sich das OLG Bamberg in dem Verfahren 1 Ws 378/11 mit der Frage beschäftigen, welchen Anforderungen ein Antrag der Staatsanwaltschaft auf Ausschluss eines Verteidigers wegen einer möglichen Strafverteitelung gerecht werden muss. Dem Verfahren lag zugrunde, dass die Staatsanwaltschaft ein zunächst nach § 154 StPO eingestelltes Verfahren wieder aufgenommen hatte, weil der Beschuldigte die ihm in...