Kategorie: Rechtsgebiete Strafrecht

Beim Cannabisanbau aufgrund von Drohungen geholfen – der entschuldigende Notstand gem. § 35 StGB

Neben den Rechtfertigungsgründen sind im Strafrecht auch Entschuldigungsgründe geregelt. Am Ende der Prüfung der Strafbarkeit muss geschaut werden, ob eine Strafbarkeit unter Umständen wegen eines Entschuldigungsgrundes verneint werden muss. Einer dieser Entschuldigungsgründe ist der entschuldigende Notstand gemäß § 35 Strafgesetzbuch (StGB):  „Wer in einer gegenwärtigen, nicht anders abwendbaren Gefahr für Leben, Leib oder Freiheit eine rechtswidrige Tat begeht, um die Gefahr von sich, einem Angehörigen oder einer anderen ihm nahestehenden Person abzuwenden, handelt ohne Schuld.“ Mit dem entschuldigenden Notstand im Zusammenhang mit dem Anbau von Cannabis hat sich der Bundesgerichtshof (3 StR 185/23) in seinem Beschluss vom 14. Dezember 2023...

Denkzettel verpasst: Wegnahme des Handys

Ein spannendes Delikt im Strafrecht ist der Raub, welcher im § 249 StGB geregelt ist. Neben seiner Relevanz in der Praxis wird er auch in Strafrechtsklausuren häufig thematisiert. Dabei ähnelt er in vielerlei Hinsicht dem Diebstahl. Während beide den Aspekt der Wegnahme von fremdem Besitz gemeinsam haben, unterscheiden sie sich aber in der Art und Weise, wie diese Tat begangen wird. Der Diebstahl erfolgt ohne die Anwendung von Gewalt. Für den Raub dagegen wird Gewalt angewandt, beziehungsweise mit dieser gedroht. Was beide dagegen gemeinsam haben, ist die Notwendigkeit einer Zueignungsabsicht. Diese besteht aus zwei Komponenten: der Absicht, sich oder einem...

Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Fristversäumung – Darf auf die üblichen Postlaufzeiten vertraut werden?

Erhält man vom Gericht einen Strafbefehl, kann man innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung Einspruch gegen den Strafbefehl einlegen. Verpasst man diese Frist, wird der Strafbefehl rechtskräftig – er steht einem rechtskräftigen Urteil gleich. Ist die Frist jedoch ohne eigenes Verschulden versäumt worden, besteht unter Umständen die Möglichkeit, einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 44 StPO zu stellen. Ist der Antrag erfolgreich, wird das Verfahren in den Stand zurückgesetzt, in dem es sich befände, wenn die Frist nicht versäumt worden wäre. Doch wann erfolgt eine Fristversäumung „ohne Verschulden“?  Dies war auch Gegenstand des Beschlusses des Landgerichts...

Der Ankauf von gestohlenen Zigaretten – wann beginnt der Versuch bei der Hehlerei? 

Eine Frage, mit der sich das Kammergericht in Berlin im Rahmen seiner Entscheidung vom 5. März 2020 (Az. 161 Ss 190/19 (41/19)) zu befassen hatte.  Hintergrund war der folgende Fall: Der Angeklagte hatte sich gegenüber den Tätern eines Einbruchsdiebstahls dazu bereit erklärt, Zigaretten aus deren Einbruchsdiebstahlstaten anzukaufen, um sie weiterzuverkaufen. Im Einzelnen kam es u.a. zu den folgenden Taten:  „Am Morgen des 16. Juni 2016 bot der gesondert Verurteilte B. [= einer der Täter der Einbruchsdiebstahlstaten] dem Angeklagten zuvor aus dem Geschäft des Geschädigten J. in der F… chaussee  in Berlin entwendete Tabakwaren im Wert von bis zu etwa 18.000 Euro...

Mord: Mit erbeutetem Auto ein Mädchen beeindrucken

Das wohl schwerwiegendste Delikt im deutschen Strafrecht ist der Mord, der im § 211 Strafgesetzbuch (StGB) geregelt ist. Bestraft wird ein Mörder nach Abs. 1 mit lebenslanger Freiheitsstrafe. Ein Mord zeichnet sich durch seine besondere Verwerflichkeit aus, die durch die in Abs. 2 normierten Mordmerkmalen bemerkbar macht. Mörder ist demnach, wer: Mörder ist, wer: „aus Mordlust, zur Befriedigung des Geschlechtstriebs, aus Habgier oder sonst aus niedrigen Beweggründen, heimtückisch oder grausam oder mit gemeingefährlichen Mitteln oder  um eine andere Straftat zu ermöglichen oder zu verdecken, einen Menschen tötet.“ Mit dem Mord aus niedrigen Beweggründen hat sich auch der Bundesgerichtshof (4 StR...

Schwere Brandstiftung an einem als Flüchtlingsunterkunft genutzten Gebäude

In den vergangenen Jahren hört bzw. liest man in den Nachrichten nicht selten von Bränden, die in Flüchtlingsunterkünften gestiftet worden sind. Abhängig von dem konkreten Fall kommt für die Auslöser des Brandes in diesen Fällen eine Strafbarkeit wegen einer der Brandschutzdelikte der §§ 306 ff. StGB in Betracht, also beispielsweise wegen (schwerer) Brandstiftung, besonders schwerer Brandstiftung, Brandstiftung mit Todesfolge oder fahrlässiger Brandstiftung.  So auch in dem der Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 14. November 2019 – 3 StR 408/19 – zugrundeliegenden Fall.  Der Fall hatte den folgenden Sachverhalt: Der aus dem Sudan geflüchtete Angeklagte war 2015 nach Deutschland gekommen und...

Doppelt bzw. dreifach hält besser – wann besteht ein Anspruch des Beschuldigten auf mehrere Pflichtverteidiger?

Wer Beschuldigter in einem Strafverfahren ist, hat nach § 137 StPO das Recht, sich in jeder Lage des Strafverfahrens der Hilfe von bis zu drei Rechtsanwälten als Verteidiger zu bedienen. Der oder die sog. „Wahlverteidiger“ kann bzw. können von dem Beschuldigten frei ausgewählt und beauftragt werden, wobei die Vergütung durch den Beschuldigten erfolgt.  Es gibt jedoch auch Fälle, in denen die Mitwirkung eines Verteidigers nicht der Entscheidung des Beschuldigten überlassen wird, sondern zwingend notwendig ist. Man spricht dann von einer sog. „notwendigen Verteidigung“, die in § 140 StGB geregelt ist. Hintergrund der Regelung ist, dass im Strafprozess ein faires Verfahren...