Deal or no Deal

In der Rintheimer Querallee 11 in Karlsruhe wird seit 10.00 Uhr in der Früh die Zukunft des bundesdeutschen Strafverfahrens verhandelt. Am Amtssitz „Waldstadt“ versammelt sich heute der zweite Senat des Bundesverfassungsgericht gemeinsam mit dem Präsidenten des Bundesgerichtshofs, dem Generalbundesanwalt sowie Vertretern des Deutschen Richterbundes, der Neuen Richtervereinigung, der Bundesrechtsanwaltskammer und des Deutschen Anwaltvereins sowie aktiven Richtern der Instanzgerichte, um die Vereinbarkeit des § 257c StPO, der in meiner Gesetzessammlung die nichtamtliche Überschrift „Verständigung zwischen Gericht und Verfahrensbeteiligten“ trägt, mit dem Grundgesetz zu überprüfen. Es wird bestimmt gedealt. Den Stein ins Rollen haben drei Verfassungsbeschwerden gegen strafrechtliche Verurteilungen gebracht, denen jeweils...

Doppelt erwischt – erst Alkohol am Steuer und dann ohne Führerschein

Manchmal hat man auch als Autofahrer Pech. Nach einem Bericht der Bürstädter Zeitung wurde ein 65-Jähriger zunächst von der Polizei mit Alkohol am Steuer erwischt. Aufgrund der Trunkenheit im Straßenverkehr wurde ihm die Fahrerlaubnis abgenommen. Einige Tage später wurde der Fahrer erneut von der Polizei gesichtet. Da ihm der Führerschein bereits nach der Trunkenheitsfahrt abgenommen wurde, fuhr der Autofahrer nun ohne Fahrerlaubnis. Rechtsanwalt Steffen Dietrich, Fachanwalt für Strafrecht aus Berlin

„Ich bin dann mal lieber weg“ – Die Fahrerflucht und ihre strafrechtlichen Konsequenzen

Die folgende Situation dürfte einigen Autofahrern unter uns, wenn auch in abgewandelter Form, bekannt sein: Man befindet sich in einem Moment der Unachtsamkeit und ehe man sich versieht, gibt es einen Knall, der das blöde Gefühl hervorruft, einen Unfall verursacht zu haben. Genauso erging es auch einem Autofahrer, mit dessen Verhalten sich das Landgericht Aurich in dem Verfahren 12 Qs 81/12 zu beschäftigen hatte. Der Beschuldigte fuhr mit seinem Auto an einem Bahnübergang gegen den dortigen Schrankenantrieb und verursachte dadurch einen Sachschaden von ca. 5600 €. An sich ist dies noch kein Sachverhalt, mit dem man sich auf strafrechtlicher Ebene...

Mordmerkmal der Heimtücke

Nachdem in der letzten Woche eine Definition mit eher untergeordneter Relevanz (Unglücksfall § 323c StGB) besprochen wurde, wollen wir uns heute wieder einmal einem Klassiker der strafrechtlichen Ausbildung und Praxis widmen. Die Rede ist von dem Mordmerkmal der Heimtücke, das vor allem in universitären Klausuren ein absoluter Dauerbrenner ist. In § 211 Abs. 2 Gruppe 2 Alt. 1 StGB steht: Mörder ist, wer heimtückisch einen Menschen tötet. Definition: Heimtückisch handelt, wer eine zum Zeitpunkt des Angriffs bestehende Arg- und Wehrlosigkeit des Opfers bewusst zur Tatbegehung ausnutzt. Dies muss nach Ansicht der Rechtsprechung in feindlicher Willensrichtung (str.) geschehen, um vor allem...

Als Schwarzer möchte ich in Berlin nicht S-Bahn fahren

Immer wieder erzählen mir Nicht-Deutsch-Aussehende-Mandanten, dass sie wöchentlich von der Polizei kontrolliert werden. Ausgangspunkt der Kontrollen sei nach Mitteilung meiner Mandanten ihre Hautfarbe. Bloß weil sie nicht so blass aussehen, würden sie regelmäßig von der Polizei auf Bahnhöfen, Straßen und Plätzen kontrolliert. Ähnlich erging es auch einem Deutschen mit dunkler Hautfarbe in einem Zug von Kassel nach Frankfurt am Main. Die Bundespolizei wollte den Bahnfahrer aufgrund seiner schwarzen Hautfarbe kontrollieren. Durch derartige Kontrollen soll nach Auffassung der Bundespolizei die illegale Einreise in das Bundesgebiet unterbunden werden. Der Bahnfahrer beantragte vor dem Verwaltungsgericht die Feststellung, dass die Kontrolle rechtswidrig gewesen ist....

Der Qualifikationstatbestand der besonders schweren Vergewaltigung ist nicht erfüllt, wenn sich der Täter erst nach Abschluss der Gewalthandlung dazu entschließt, den Geschlechtsverkehr mit seinem Opfer durchzuführen

Delikte gegen die sexuelle Selbstbestimmung sind solche Delikte, von denen man als Jurastudent außerhalb des medialen Tagesgeschehens bis zum 1. Staatsexamen noch nie etwas gehört hat. In der der Strafrechtspraxis spielen diese Delikte jedoch eine überaus große Rolle. Sie gehören zu den Fällen, in denen vor Gericht am heftigsten über den Sachverhalt gestritten wird. An einem aktuellen Beschluss vom 29.8.2012 – 4 StR 277/12, in dem sich der Bundesgerichtshof (BGH) mit dem Tatbestand der Vergewaltigung befasst hat, wird wieder einmal deutlich, wie wichtig eine eingehende und präzise Beurteilung des Sachverhaltes ist. Sachverhalt und rechtliche Würdigung des Landgerichts In der von...