Versuchter Einbruch bei schalldämpfender Verhüllung vor Aufbruch eines Zigarettenautomaten?

Der Versuch begegnet einem im Strafrecht immer wieder. Sowohl in strafrechtlichen Klausuren als auch in der Praxis. Dabei bereitet insbesondere die Abgrenzung der Versuchsstrafbarkeit zur straflosen Vorbereitungshandlung immer wieder Probleme, da nicht jede Vorbereitungshandlung einer Straftat unter die Versuchsstrafbarkeit fällt.

Ein Ansatzpunkt zur Abgrenzung stellt der § 22 StGB dar, der den Begriff des Versuches bestimmt. Hiernach versucht eine Straftat, wer nach seiner Vorstellung von der Tat zur Verwirklichung des Tatbestandes unmittelbar ansetzt. Wann genau man zu einer Tat unmittelbar ansetzt, hat der Bundesgerichtshof in zahlreichen Urteilen konkretisiert. Demzufolge muss man aus eigener Sicht die Schwelle zum „Jetzt geht’s los“ überschritten haben, sodass die eigene Handlung ohne weitere wesentliche Zwischenschritte in den Taterfolg einmündet, das Rechtsgut also bereits konkret gefährdet erscheint.

Ob die Schwelle des „Jetzt-geht’s-los“ bereits bei der schalldämpfenden Verhüllung vor dem Aufbruch eines Zigarettenautomaten überschritten ist, beschäftigte auch den Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung vom 28. April 2020 (5 StR 15/20).

In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall wollte der Angeklagte einen Zigarettenautomaten aufbrechen, um Zigaretten und Bargeld zu entwenden. Hierfür legte er am Automaten verschiedenes Einbruchswerkzeug (Kuhfuß, Trennschleifer mit Trennscheiben, Hammer, Schraubenzieher, Kabeltrommel) ab und verhüllte den Automaten mit einem Handtuch und einer Plane, um die Geräusche seines Tuns zu dämpfen. Da er davon ausging, in unmittelbarer Nähe einen Stromanschluss zu finden, legte er mit der mitgebrachten Kabeltrommel über die Straße eine Stromleitung. Jedoch konnte er nirgends eine Steckdose finden. Er erkannte, dass er den Zigarettenautomaten mit dem Trennschleifer nicht würde öffnen können. Zwar hatte er von vornherein auch alternative Aufbruchsmöglichkeiten in Erwägung gezogen, dazu kam er aber nicht mehr, da er sich – zutreffend – entdeckt wähnte und die Alarmierung der Polizei fürchtete. Der Angeklagte ließ daher sämtliche Aufbruchswerkzeuge zurück und flüchtete vom Tatort. Durch das Landgericht Flensburg war der Angeklagte daher wegen versuchten Diebstahls verurteilt worden.

Diesem Urteil schloss sich auch der Bundesgerichtshof an.

Bei Diebstahlsdelikten sei bezüglich des unmittelbaren Ansetzens darauf abzustellen, ob aus Tätersicht bereits die konkrete Gefahr eines ungehinderten Zugriffs auf das in Aussicht genommene Stehlgut besteht. Ist der Gewahrsam durch Schutzmechanismen gesichert, reiche für den Versuchsbeginn der erste Angriff auf einen solchen Schutzmechanismus regelmäßig aus, wenn sich der Täter bei dessen Überwindung nach dem Tatplan ohne tatbestandsfremde Zwischenschritte, zeitliche Zäsur oder weitere eigenständige Willensbildung einen ungehinderten Zugriff auf die erwartete Beute vorstellt.

Nicht erforderlich für das unmittelbare Ansetzen zur geplanten Wegnahme sei, dass der angegriffene Schutzmechanismus auch erfolgreich überwunden wird. Der Beginn des Einbrechens, Einsteigens oder Eindringens im Sinne von §§ 243 Abs. 1 S. 2 Nr. 1, 244 Abs. 1 Nr. 3 StGB reiche daher regelmäßig aus, um einen Versuchsbeginn anzunehmen.

Nach diesen Maßstäben sei die Wertung des Landgerichts, der Angeklagte habe zur Verwirklichung des Diebstahls bereits unmittelbar angesetzt, nicht zu bestanden. Die Verhüllung des Automaten stelle vorliegend den ersten Schritt hin zu dessen Aufbruch dar. Der Automat sei dadurch dem Blick anderer entzogen und dem Zugriff des Angeklagten in besonderem Maße ausgesetzt. Nach der Vorstellung des Angeklagten sollte der Einsatz der Werkzeuge zudem unmittelbar folgen, weshalb die Zigaretten und das Bargeld, die durch den Zigarettenautomaten vor Wegnahme besonders geschützt waren, damit bereits konkret gefährdet waren.

Der Bundesgerichtshof zog daher den Schluss, dass der Angeklagte vorliegend unmittelbar zur Verwirklichung des Diebstahls angesetzt hatte und die Revision des Angeklagten folglich unbegründet ist.

Rechtsanwalt Steffen Dietrich, Fachanwalt für Strafrecht aus Berlin

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