Versuchte Nötigung mit einem Fahrzeug

Ein anderes Fahrzeug im Straßenverkehr ausbremsen, jemandem eine Waffe vorhalten oder auch eine Sitzblockade; der Tatbestand der Nötigung gemäß § 240 Strafgesetzbuch (StGB) ist vielfältig und findet vor allem im Straßenverkehr häufig Anwendung. Begangen wird eine Nötigung nach § 240 StGB von demjenigen, der einem anderen Menschen rechtswidrig mit Gewalt oder durch Drohung mit einem empfindlichen Übel zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung nötigt.

Auch der Bundesgerichtshof (4 StR 91/22) setzte sich in seinem Beschluss vom 10. November 2022 mit der Nötigung auseinander und entschied dabei, wann eine versuchte Nötigung in der Variante der Drohung mit einem empfindlichen Übel vorliegt.

Der Angeklagte und die Geschädigte stritten im hiesigen Fall, als der Angeklagte herausfand, dass die Geschädigte das vorherige Gespräch mit ihrem Handy aufgezeichnet hatte. Der Angeklagte versuchte die Aufnahme zu löschen und schlug der Geschädigten in Folge einer Rangelei mit der flachen Hand in das Gesicht. Anschließend riss er der Geschädigten das Handy aus der Hand und wollte damit in seinem Auto wegfahren.

Diese stellte sich jedoch vor das Fahrzeug, um ihn daran zu hindern. Der Angeklagte tippte zwei- oder dreimal kurz auf das Gaspedal und bremste anschließend wieder. Als die Zeugin trotzdem nicht aus dem Weg ging, fuhr der Angeklagte los und brachte die Geschädigte dadurch zum Sturz.

Das Landgericht Berlin verurteilte den Angeklagten unter anderem wegen vorsätzlicher und fahrlässiger Körperverletzung, verneinte aber eine versuchte Nötigung, da keine Anhaltspunkte vorliegen würden, dass der Angeklagte der Geschädigten durch das mehrfache Antippen des Gaspedals konkludent drohen wollte. Außerdem führte es aus, dass auch die Zeugin dies nicht als Drohung verstanden hatte, sondern davon ausgegangen war, dass der Angeklagte nicht losfahren würde.

Der Bundesgerichtshof stellte in seinem Beschluss jedoch fest, dass die versuchte Nötigung mit rechtsfehlerhaften Erwägungen verneint wurde. Demnach kommt es bei einer versuchten Nötigung in der Variante der Drohung mit einem empfindlichen Übel darauf an, dass der Täter es zumindest für möglich gehalten und zudem billigend in Kauf genommen hat, dass sein Handeln vom Tatopfer als ein Inaussichtstellen eines erheblichen Nachteils aufgefasst wird. Der Bundesgerichtshof ist der Auffassung, dass das Bremsen gerade nahelegen würde, dass er damit rechnete, die Zeugin würde zur Seite gehen. Außerdem steht dem nicht entgegen, dass die Geschädigte dies nicht als eine Drohung verstanden hat, da das Vorstellungsbild des Angeklagten entscheidend ist.

Rechtsanwalt Steffen Dietrich, Strafverteidiger aus Berlin-Kreuzberg

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