Schmiergeldzahlungen und der Nachteil einer Untreue (§ 266 Abs. 1 StGB)
Auch bei einem nicht feststellbaren Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung können Schmiergeldzahlungen einen Nachteil einer Untreue darstellen.
Zum Sachverhalt
Der Angeklagte arbeitete seit 2002 als Leiter der Technikabteilung der G eG, welche Mietwohnungen im Bonner Stadtgebiet vermietet und verwaltet. Hauptsächlich sollte sich der Angeklagte um das Alltagsgeschäft mit Bestandsimmobilien kümmern. Dafür sollte er die zuständigen Handwerksbetriebe aussuchen. Für den Wohnbestand der G eG erhielt ab 2009/2010 vermehrt die R GmbH Aufträge. Der Zeuge Rö war Geschäftsführer dieser GmbH. Im Jahr 2009 oder 2010 kam der Angeklagte mit dem Zeugen Rö zur Übereinkunft, die Aufträge an die R GmbH gegen die Zahlung von Bargeld zu verteilen. Die Schmiergeldbeträge richteten sich nach der Höhe und Anzahl der Aufträge. Der Angeklagte erhielt von Rö von 2011 bis 2014 insgesamt mindestens 143.298 € Schmiergeld.
Das Landgericht Bonn verurteilte den Angeklagten wegen Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr zu einer Freiheitsstrafe. Eine tateinheitliche Verurteilung wegen Untreue gem. § 266 Abs. 1 StGB lehnte es ab, da die Beweisaufnahme keine hinreichenden Anhaltspunkte für einen Nachteil ergeben habe. Es konnte nicht festgestellt werden, dass Rö der G eG nach Absprache mit dem Angeklagten überhöhte Rechnungen in Höhe der bezahlten Schmiergelder vorgelegt hat noch, dass der Angeklagte bewusst Minder- oder Schlechtleistungen der R GmbH hingenommen hat. Die Staatsanwaltschaft legte Revision gegen die nicht vorgenommene Verurteilung des Angeklagten wegen Untreue und der Strafzumessung ein.
Zum Urteil des BGH vom 03.07.2024 – 2 StR 453/23 (LG Bonn)
Der Ablehnung der Untreue gem. § 266 Abs. 1 StGB durch das Landgericht hielt der rechtlichen Überprüfung nicht stand.
Bei Vereinbarungen von Schmiergeldern liegt nach der Rechtsprechung des BGH gewöhnlich ein Nachteil i. S. d. § 266 Abs. 1 StGB nahe. Dies ist darauf zurückzuführen, dass mindestens die Höhe des Geldes, die der Vertragspartner auf ein Schmiergeld aufwendet, dem Geschäftsherrn des Empfängers auch als Preisnachlass hätte bewilligt werden können. Eine Ausnahme liegt vor, wenn nicht ersichtlich ist, dass die Leistungen in Kalkulation zum Nachteil vom Geschäftsherrn eingestellt wurden.
Ein Nachteil gem. § 266 Abs. 1 StGB besteht, wenn ein Vermögensbetreuungspflichtiger eine Auftragserteilung von einer Schmiergeldzahlung abhängig macht und der Vertragspartner dem Treugeber zur Finanzierung des Schmiergelds einen höheren Preis abrechnet. Dies gilt auch, wenn ein Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung nicht bestimmbar ist, der Vertragspartner aber seine Leistung auch zu einem um das Schmiergeld verkürzten Lohn zu erbringen und der Treupflichtige die konkrete und sichere Möglichkeit eines günstigeren Angebots für seinen Geschäftsherrn nicht abgeschlossen hat.
Die Strafkammer des Landgerichts hatte tragfähig ausgeschlossen, dass wegen der Schmiergelder zwischen dem Angeklagten und Zeugen Rö Vergütungen ausgemacht wurden, die den Wert der jeweiligen Gegenleistung übersteigen. Jedoch hatte die Strafkammer rechtsfehlerhaft davon abgelassen, Feststellungen darüber zu treffen, ob die Aufträge an die R GmbH zu einem zu hohen Preis verteilt wurden, obwohl die Möglichkeit bestand, Aufträge zu einem niedrigeren Preis abzuschließen.
Rechtsanwalt Steffen Dietrich, Strafverteidiger aus Berlin-Kreuzberg