Gefesselt entbinden?

Eigentlich kann das nur ein schlechter Scherz sein, was die Frankfurter Rundschau heute schreibt: Die Frauen, die zumeist wegen Drogen- oder Diebstahldelikten oder als Abschiebehäftlinge einsitzen, berichteten von demütigenden Gängen zum Frauenarzt, wo sie in Handschellen zwischen anderen Patientinnen im Wartezimmer saßen. Von Unterleibs-Untersuchungen in Anwesenheit auch männlicher Beamter, welche die Situation „regelrecht auskosten“. Vom Zwang, sofort nach der Geburt abzustillen und das Kind nicht mehr zu sehen. Und vom Entbinden im gefesselten Zustand. Die absurde Begründung: Fluchtgefahr. Falls die Geschichte tatsächlich stimmt, verbieten sich jegliche Nachfragen, Einschränkungen, Erklärungen von selbst. Wer eine Frau zwingt, gefesselt zu entbinden, hat sie...

Revison wegen mangelnder Akteneinsicht

In dem Verfahren des Bundesgerichtshofes – 4 StR 599/09 – warf der BGH zunächst die Frage auf, ob sich das Akteneinsichtsrecht gem. § 147 StPO auch auf Ermittlungsakten im Zusammenhang stehender anderer Verfahren erstreckt, die durch das Gericht nicht beigezogen worden sind. Er deutete an, dass dies unter Umständen nicht der Fall sei. Ausgangspunkt wäre der Wortlauf  von Abs. 1: (1) Der Verteidiger ist befugt, die Akten, die dem Gericht vorliegen … Da die Akten aus den anderen Verfahren dem Gericht nicht vorliegen, kann sich der Verteidiger nicht auf § 147 StPO stützen. Der BGH brauchte die Frage aber nicht...

Hirse als Heroin

Ich hatte kürzlich in einem Verfahren zutun, in dem meinem Mandanten vorgeworfen wurde, an einen V-Mann einen Beutel übergeben zu haben, in dem sich – gut verpackt – ein knappes Kilo Hirse befunden hat. Der Mittäter meines Mandanten hatte im Vorfeld über ein Heroingeschäft geredet und dem V-Mann eine Kugel mit Heroingemisch übergeben. Der Mittäter gab bei der Übergabe der großen Tüte gegenüber dem V-Mann an, dass sich in dem Beutel Heroin befindet. Mein Mandant befand sich wegen der Straferwartung und auch wegen seiner ungünstigen Wohnsituation in Untersuchungshaft und die größte Schwierigkeit bestand darin, meinen Mandanten den § 29 Abs....

Heimtücke bei genereller Furcht?

Mit Entscheidung vom 10. Februar 2010 hatte der BGH in dem Verfahren 2 Str 503/09 eine ausbildungsrelevante Entscheidung gefällt. Es ging um die Auslegung des Tatbestandsmerkmals der Heimtücke gem. § 211 StGB. Ein Mord aus Heimtücke liegt ein wenig verkürzt vor, wenn der Täter die Arg- und Wehrlosigkeit seines Opfers bewusst zur Tötung ausnutzt. In der vorliegenden Entscheidung hatte sich das Tatopfer bereits Tage vor der Tat durch den Täter bedroht gefühlt und fürchtete um sein Leben. Durch das Landgericht wurde der Täter deshalb nur wegen Totschlages verurteilt, weil das Opfer keine Arglosigkeit besessen haben kann. Der BGH ist der...