Kategorie: Rechtsgebiete Strafrecht

Hose runter in Zweibrücken

Letzte Woche war ich am Landgericht Zweibrücken. Mein Mandant wurde dort wegen gewerbsmäßigen Handels mit Btm unter Beisichführen einer Waffe gem. § 30 a BtmG angeklagt. Bereits nach seiner polizeilichen Festnahme hatte er die Tatvorwürfe – entgegen allgemeiner rechtsanwaltlicher Empfehlung – weitgehend, aber nicht umfänglich, eingeräumt. Entsprechend seiner Angaben hatte ich dann eine schriftliche Einlassung vorbereitet. Im Vorgespräch mit der Kammer und der Staatsanwaltschaft kündigte ich an, dass mein Mandant sein Geständnis in dem Umfange wiederholen würde, wie er es bei der Polizei abgegeben hatte. Hierauf meinte der Vorsitzende, dass man es in Zweibrücken gerne sieht, wenn man seine Hose...

Was passiert, wenn der Angeklagte nicht zur Verhandlung erscheint – Teil 3

Ein Gastbeitrag von Nika Telysheva, Jurastudentin an der Freien Universität Berlin Teil 3 Anwesenheit bei der Berufung und Einspruch Wenn man eine Berufung bzw. einen Einspruch gegen einen Strafbefehl einlegt, wird es natürlich erwartet, dass derjenige, der das Rechtsmittel eingelegt hat sich für die Endentscheidung interessiert und deswegen auch zur Verhandlung erscheint oder zumindest seinen Vertreter in den zulässigen Fällen beauftragt. Erscheint weder der Angeklagte noch sein bevollmächtigter Vertreter, so wird die Berufung gemäß § 329 Abs. 1 Satz 1 StPO ohne Verhandlung zur Sache verworfen. Für den Einspruch gilt § 329 gemäß § 412 Satz 1 entsprechend. Deswegen empfiehlt...

Was passiert, wenn der Angeklagte nicht zur Verhandlung erscheint – Teil 2

Ein Gastbeitrag von Nika Telysheva, Jurastudentin an der Freien Universität Berlin Teil 2 Es besteht die Möglichkeit ohne den Angeklagten zu verhandeln und zwar in folgenden gesetzlich geregelten Fällen: Herbeigeführte Verhandlungsunfähigkeit, § 231a StPO Abwesenheit wegen ordnungswidrigen Benehmens, § 231b StPO Beurlaubung des Angeklagten, § 231c StPO Hauptverhandlung trotzt Ausbleiben, § 232 StPO Eine Entbindung vom Erscheinen, § 233 StPO Herbeigeführte Verhandlungsunfähigkeit, § 231a StPO. Die Verhandlung kann ohne den anwesenden Angeklagten durchgeführt werden, wenn der Angeklagte sich vorsätzlich und schuldhaft in einen seine Verhandlungsfähigkeit ausschließenden Zustand gesetzt und dadurch die ordnungsgemäße Durchführung oder Fortsetzung der Hauptverhandlung verhindert hat, §...

Veraltetes Schulwissen

Im Sozialkundeunterricht hieß es früher noch, die Information der Bevölkerung sei die vornehmliche Aufgabe der (Massen-)Medien. Dennoch sah sich gestern (nicht nur) die Vereinigung Berliner Strafverteidiger e.V. genötigt, eine Pressemitteilung zu veröffentlichen, die wir hier im Wortlaut wiedergeben wollen. Am 24. April 2011 hat der zuständige Ermittlungsrichter des Amtsgerichts Tiergarten Haftbefehl gegen den mutmaßlichen Haupttäter des Übergriffes auf einen 29-Jährigen am Osterwochenende auf dem U-Bahnhof Friedrichstraße erlassen, diesen Haftbefehl jedoch zugleich gegen Auflagen außer Vollzug gesetzt. Diese Entscheidung des Ermittlungsrichters ist in den Medien überwiegend auf Ablehnung gestoßen. Die Vereinigung Berliner Strafverteidiger e.V. merkt hierzu Folgendes an: Die Anordnung und...

Punktstrafe verstößt gegen § 46 StGB

Nach § 46 Abs. 1 Satz 1 StGB ist die Schuld die Grundlage für die Zumessung der Strafe. Nach Auffassung des BGH (3. Strafsenat) – 3 StR 426/10 – liegt eine Verletzung von § 46 Abs. 1 Satz 1 StGB vor, wenn das Gericht im Rahmen einer nun gem. § 257 c StPO ausdrücklich für zulässig erklärten Urteilsabsprache (Deal) eine konkrete Strafhöhe im Vorgespräch angibt und diese dann im Urteil auch auswirft. Der BGH geht davon aus, dass im Rahmen der Urteilsberatung, welche nach der Hauptverhandlung stattfindet, das Gericht nicht mehr hinreichend alle Strafzumessungsgesichtspunkte berücksichtigen kann, da es sich an...

Was passiert, wenn der Angeklagte nicht zur Verhandlung erscheint – Teil 1

Ein Gastbeitrag von Nika Telysheva, Jurastudentin an der Freien Universität Berlin Mit dem Strafverteidiger Steffen Dietrich war ich kürzlich während meines Praktikums bei einer interessanten Verhandlung, die mit mehreren Unterbrechungen fast 6 Stunden gedauert hat und trotzdem nicht zu Ende geführt werden konnte. Das Problem bestand darin, dass der Angeklagte wegen Krankheit zur Verhandlung nicht erschienen ist. Die Verhandlung wurde mehrmals unterbrochen und der Richter hat sich ständig in das Hinterzimmer entfernt um mit verschiedenen Ärzten zu telefonieren. Er wollte herausfinden, ob der Angeklagte wirklich krank gewesen war und ob er deshalb zur Verhandlung nicht kommen konnte. Es wurde sogar...

Geldfälschung oder Schwarzfahren – Wem kann man noch trauen?

Als ich heute mal mit dem Bus der BVG (für die Nichtberliner: Berliner Verkehrsbetriebe) unterwegs war, wollte ich mir mit einem fünf Euroschein eine Fahrkarte kaufen. Statt diesen Schein gleich zu sichern, griff der Busfahrer zu seinem Geldscheinüberprüfungsstift und wischte diesen über meine fünf Euronote. Erst als ihm das Ergebnis seiner Untersuchung gefallen hatte, zog er den Geldsein ein und übergab mir meinen Fahrausweis. Als ob ich fünf Euroscheine fälschen würde! Dann ja lieber Schwarzfahren. Ich fühlte mich danach ein wenig gekränkt. Rechtsanwalt Steffen Dietrich, Berlin