Kategorie: Urteil- und Entscheidungsbesprechung

Räuberische Erpressung – Vermögensnachteil bei Erlangung von Bankkarte und Geheimzahl

Die Strafbarkeit eines Täters wegen räuberischer Erpressung setzt als Äquivalent zum Vermögensschaden beim Raub einen Vermögensnachteil bei dem Geschädigten voraus. Im Zuge weitläufiger Überschneidungen beider Begriffe wird ein weiter Teil der Rechtsprechung bezüglich des Begriffs des Vermögensschadens auch auf den des Vermögensnachteils übertragen; unter anderem auch die BGH-Rechtsprechung zum Begriff der schadensgleichen Vermögensgefährdung. Eine Vermögensgefährdung ist dann geeignet einen Vermögensnachteil zu begründen, wenn im Einzelfall durch die Verfügung des Geschädigten das Vermögen konkret gefährdet wird, mit wirtschaftlichen Nachteilen also ernstlich zu rechnen ist. Dies ist grundsätzlich dann der Fall, wenn der Täter Kenntnis von den geheimen Zugangsdaten des Bankkontos des...

Trunkenheit im Verkehr bei einem E-Scooter

In der Praxis sowie in strafrechtlichen Klausuren wird man häufig mit betrunkenen Fahrzeugführern oder Radfahrern konfrontiert. In solchen Fällen kommt neben der Gefährdung des Straßenverkehrs auch immer die Trunkenheit im Verkehr nach § 316 StGB in Betracht. Dabei ist es wichtig, den Begriff der Fahruntüchtigkeit zu beherrschen und die jeweiligen Grenzwerte der Blutalkoholkonzentration zu kennen. Die Fahruntüchtigkeit ist in § 316 StGB geregelt, der wie folgt lautet: (1) Wer im Verkehr (§§ 315 bis 315e) ein Fahrzeug führt, obwohl er infolge des Genusses alkoholischer Getränke oder anderer berauschender Mittel nicht in der Lage ist, das Fahrzeug sicher zu führen, wird mit Freiheitsstrafe bis...

Das Mordmerkmal der Habgier beim Erstreben staatlicher Versorgung in der Justizvollzugsanstalt

In der juristischen Ausbildung sieht sich jeder Student mindestens einmal mit dem Ausruf eines Strafrechtsprofessors, „die schönsten Fälle schreibt das Leben“, konfrontiert. Was folgt ist die Nennung besonders ausgefallener BGH-Fälle, in der Regel mit ebenso ausgefallen Bezeichnungen. Prominente Vertreter sind unter anderem der „Katzenkönig“ (BGHSt 35, 347) und der „Jauchegruben“-Fall (BGH Urt. v. 26. April 1960 – 5 StR 77/60). Zumindest hinsichtlich seiner Absurdität und Tragik hat der, dem Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 19. Mai 2020 (4 StR 140/20) zugrunde liegende Sachverhalt, das Potential ein ebensolcher „Klassiker“ zu werden. Im Zentrum des vorliegenden Beschlusses liegt die Frage, ob sich ein...

Der Einsatz eines Kraftfahrzeuges als gefährliches Werkzeug im Rahmen einer gefährlichen Körperverletzung

Eine Körperverletzung nach § 223 StGB liegt dann vor, wenn man eine andere Person körperlich misshandelt oder an der Gesundheit schädigt. Die Freiheitsstrafe beträgt dann bis zu fünf Jahren. Wird die Körperverletzung jedoch beispielsweise mittels einer Waffe oder eines anderen gefährlichen Werkzeuges begangen, kommt eine gefährliche Körperverletzung nach § 224 StGB in Betracht. Die Freiheitsstrafe beträgt dann mindestens sechs Monate bis zu zehn Jahren. Was man unter dem Begriff des gefährlichen Werkzeugs versteht, haben wir bereits im Rahmen unserer Definitionsreihe erklärt. Aber noch einmal zur Wiederholung: Unter einem gefährlichen Werkzeug versteht man jeden beweglichen Gegenstand, der nach seiner objektiven Beschaffenheit...

Wann kann ein Pflichtverteidiger seine Bestellung als Pflichtverteidiger nicht mehr zurücknehmen?

Die Mitwirkung eines Verteidigers in einem Strafverfahren ist unter anderem dann notwendig, wenn das Verfahren vor dem Landgericht stattfindet oder ein Verbrechensvorwurf im Raum steht. Dem Beschuldigten muss dann ein Verteidiger als Pflichtverteidiger beigeordnet werden. Aber wann kann ein Pflichtverteidiger seine Bestellung als Pflichtverteidiger wieder zurücknehmen? Mit dieser Frage musste sich auch der Bundesgerichtshof (BGH) in seiner Entscheidung vom 5. März 2020 (StB 6/20) befassen. In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall führt das Oberlandesgericht Celle gegen den Angeklagten eine Hauptverhandlung wegen des Vorwurfs der Unterstützung einer terroristischen Vereinigung im Ausland („Islamischer Staat“). Die Pflichtverteidiger des Angeklagten haben beantragt, ihre Bestellung als...

Geständnis nach probeweisem Einsperren in einer Zelle – Aussageerpressung und Rechtsbeugung eines Richters?

Wann sich ein Richter wegen Aussageerpressung und Rechtsbeugung strafbar macht, beschäftigte auch den Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung vom 15. August 2018 (2 StR 474/17). Der Fall hat den folgenden Hintergrund: Der Angeklagte wurde ab dem 2. März 2009 als Richter auf Probe bei einem Amtsgericht eingestellt und dort als Strafrichter verwendet. In einer Hauptverhandlung, in der es um eine Strafbarkeit wegen Exhibitionismus ging, entschloss sich der Strafrichter, dem Beschuldigten „probeweise“ einen Haftraum zu zeigen. Hintergrund dessen war, dass der Beschuldigte trotz intensiver Befragung bei seiner bisherigen Einlassung blieb, nicht vorsätzlich gehandelt zu haben. Daran hatte sich auch dann nichts geändert, als der...

Bei der räuberischen Erpressung muss zwischen dem Einsatz des Nötigungsmittels und dem erlangten Vorteil ein Finalzusammenhang bestehen

Gemäß § 255 StGB macht sich wegen räuberischer Erpressung strafbar, wer die Erpressung durch Gewalt gegen eine Person oder unter Anwendung von Drohungen mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben begeht. Wichtig ist, dass zwischen dem Einsatz des Nötigungsmittels (Gewalt oder Drohung) ein sog. finaler Zusammenhang besteht. Der Einsatz des Nötigungsmittels muss aus Sicht des Täters demnach objektiv erforderlich oder kausal für die Erlangung des erstrebten Vorteils sein. Dies betonte auch der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung vom 27. März 2019 (2 StR 465/18) noch einmal.   Der Entscheidung lag ein Fall zugrunde, in dem die zwei Angeklagten über Marihuana verfügten,...