Der Vorwurf des Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte rechtfertigt keine Speicherung des DNA-Profils

Die DNA-Analyse-Datei ist eine Datenbank, in der DNA-Profile gespeichert werden. Sie soll dazu beitragen, Straftaten aufklären und Wiederholungstäter überführen zu können. In die Datei können DNA-Profile auf zwei unterschiedlichen Wegen gelangen: entweder sie werden an einem Tatort gefunden oder dem Beschuldigten in einem Strafverfahren mittels Speichel- oder Blutprobe entnommen und gespeichert.

Wenn sich die eigene DNA erstmal in der DNA-Analyse-Datei befindet, gelingt es nur in Ausnahmefällen, ihre Löschung vor den gesetzlichen Fristen zu erreichen. Denn Polizei und Landeskriminalämter haben ein großes Interesse an einer möglichst umfangreichen und langen Speicherung von DNA-Profilen. Dennoch müssen DNA-Daten gelöscht, wenn diese rechtswidrig erlangt worden sind.

Einen Anspruch auf Löschung hat kürzlich ein Beschuldigter in Hessen erstritten, gegen den die Polizei ein Strafverfahren wegen Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte geführt hatte. Im Rahmen dieses Strafverfahrens wurde dem Beschuldigten eine Speichelprobe entnommen und gespeichert. Nachdem sich der Beschuldigte an eine Strafverteidigerin gewandt hatte, wurde das Verfahren schließlich wegen Geringfügigkeit nach § 153 StPO eingestellt.

Als der Beschuldigte durch seine Verteidigerin daraufhin die Löschung seiner DNA-Daten in der Datenbank beantragte, wurde dies vom Hessischen Landeskriminalamt zunächst abgelehnt. Erst nach Einlegung eines Widerspruchs entschied das Hessische Landeskriminalamt, dass der Beschuldigte einen Anspruch auf die Löschung seines DNA-Profils hat (Widerspruchsbescheid vom 23. April 2019 – 21 DNA 001/2019).

Pflicht zur Löschung von rechtswidrig erlangten DNA-Profilen

Die Pflicht zur Löschung hat nach § 77 Abs. 6 Bundeskriminalamtgesetz (BKAG) die Stelle, die Daten auch eingegeben hat. Eine Löschung der Daten kommt nach § 77 Abs. 1 BKAG in Verbindung mit § 75 Abs. 2 Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) unter anderem in Betracht, wenn ihre Verarbeitung unzulässig ist, weil sie nicht durch eine Rechtsnorm gedeckt ist.

Rechtsgrundlage für die DNA-Identitätsfeststellung ist § 81 g Strafprozessordnung (StPO). Nach diesem dürfen den Beschuldigten zur Identitätsfeststellung in künftigen Strafverfahren Körperzellen entnommen und untersucht werden, wenn

der Beschuldigte einer Straftat von erheblicher Bedeutung oder einer Straftat gegen die sexuelle Selbstbestimmung verdächtig ist

und wegen der Art oder Ausführung der Tat, der Persönlichkeit des Beschuldigten oder sonstiger Erkenntnisse Grund zu der Annahme besteht, dass gegen ihn künftig Strafverfahren wegen einer Straftat von erheblicher Bedeutung zu führen sind.

Nicht jede Straftat rechtfertigt Speicherung von DNA-Daten

Nach dem Gesetzeswortlaut ist klar: nicht jede Straftat rechtfertigt die Erstellung und Speicherung eines DNA-Profils. Bagatelldelikte und Straftaten im unteren Bereich der Kriminalität dürfen nicht dazu führen, dass DNA-Dateien jahrelang in der Analysedatei gespeichert werden. Vielmehr muss es sich um eine Straftat im Bereich der mittleren Kriminalität handeln und geeignet ist, das Rechtsempfinden der Bevölkerung erheblich zu stören.

Auch der dem Beschuldigten vorgeworfene Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte hatte nicht die Qualität einer Straftat von erheblicher Bedeutung.

Der Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte ist im Höchstmaß mit einer Freiheitsstrafe von drei Jahren bedroht. Nach dem Widerspruchsbescheid des Hessischen LKA sei er damit nicht ohne weiteres dem Bereich der erheblichen Straftaten zuzuordnen. Da die Staatsanwaltschaft das Verfahren zudem wegen Geringfügigkeit eingestellt hatte, war die Widerstandshandlung gegen die Polizeibeamten auch nicht im Einzelfall als erhebliche Straftat anzusehen.

Der Beschuldigte hat demnach einen Antrag auf Löschung der erhobenen und gespeicherten DNA-Daten.

Rechtsanwalt Steffen Dietrich, Fachanwalt für Strafrecht aus Berlin

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