Anspucken als tätlicher Angriff auf Polizisten

Der Tatbestand des tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte gemäß § 114 StGB ist erst 2017 im Zuge einer Änderung des Strafgesetzbuches zur Stärkung des Schutzes von Vollstreckungsbeamten eingeführt worden und mittlerweile nicht mehr wegzudenken.

Gemäß § 114 Abs. 1 StGB wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft, wer einen Amtsträger oder Soldaten der Bundeswehr, der zur Vollstreckung von Gesetzen, Rechtsverordnungen, Urteilen, Gerichtsbeschlüssen oder Verfügungen berufen ist, bei einer Diensthandlung tätlich angreift. Dabei versteht man unter einem tätlichen Eingriff eine unmittelbar auf den Körper zielende feindselige Einwirkung. Dass diese Einwirkung zu einer Körperverletzung führt, ist indes nicht erforderlich. Der Angriff muss auch nicht tatsächlich gegen einen Vollstreckungsbeamten verübt werden. Der Versuch einer gewaltsamen Einwirkung reicht bereits aus.

Ob auch das Anspucken mit einem Blut-/Speichelgemisch einen tätlichen Angriff auf Vollstreckungsbeamte darstellt, wenn der Täter den Polizeibeamten hierbei verfehlt, beschäftigte das Landgericht Nürnberg-Fürth in seinem Urteil vom 16. Juni 2020 (15 Ns 201 Js 13894/19).

Vorliegend unterzogen zwei Polizeibeamte den Angeklagten einer Personenkontrolle. Als die Beamten dem Angeklagten die Durchsuchung der Person ankündigten, steckte dieser sich ein Tütchen mit Betäubungsmitteln in den Mund und weigerte sich, dieses herauszugeben. Die Polizisten brachten ihn daher zu Boden und fesselten seine Arme auf dem Rücken. Als einer der Polizeibeamten den Angeklagten daraufhin durchsuchen wollte, spuckte der Angeklagte einmal blutigen Schleim in Richtung des Gesichts des Polizisten. Dieser konnte einen Treffer im Gesicht nur durch das reaktionsschnelle Zurückweichen und Wegdrehen des Kopfes verhindern. Dabei handelte der Angeklagte in der Absicht, den Polizeibeamten im Gesicht zu treffen und ihm dadurch seine Missachtung zum Ausdruck zu bringen.

Das Amtsgericht hatte den Angeklagten daher wegen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte in Tateinheit mit Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte und mit Beleidigung in 2 tateinheitlichen Fällen sowie Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 1 Jahr und 6 Monaten verurteilt, deren Vollstreckung es nicht zur Bewährung aussetzte. Die Berufung des Angeklagten hatte lediglich insoweit Erfolg, als der Schuldspruch in tätlichen Angriff auf Vollstreckungsbeamte mit Beleidigung in 2 tateinheitlichen Fällen und Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte abgeändert und auf geringere Einzelstrafen sowie auf eine niedrigere Gesamtfreiheitsstrafe von 1 Jahr erkannt wurde.

In seinem Urteil führte das Landgericht diesbezüglich aus, dass zwar das bloße Verbergen der Arme des Angeklagten unter seinem Körper keinen Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte darstellt. Allerdings das Anspucken eine durch Tätlichkeit begangene Beleidigung sei, weshalb der Tatbestand des tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte erfüllt sei.

Vorsätzliches Anhusten, Anniesen oder – wie hier – Anspucken stellen fraglos eine unmittelbar auf den Körper zielende feindselige Einwirkung dar.  Das Angespucktwerden mit einem schleimigen Batzen sei dabei besonders ekelerregend. Da § 114 StGB keinen Körperverletzungserfolg voraussetze und ein gegen einen Vollstreckungsbeamten geführter Faustschlag, der sein Ziel verfehlt, daher den Tatbestand des tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte erfüllt, sei nicht ersichtlich, warum bei einem Anspucken etwas anderes gelten sollte. Das Anspucken stelle daher auch dann einen tätlichen Angriff auf Vollstreckungsbeamte dar, wenn der Angeklagte den Polizeibeamten hierbei verfehlt hatte.

Die Revision des Angeklagten gegen das Berufungsurteil des Landgerichts wurde vom Bayerischen Oberlandesgericht als offensichtlich unbegründet verworfen.

Rechtsanwalt Steffen Dietrich, Strafverteidiger aus Berlin-Kreuzberg

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