Totschlag: Urteil ohne Leichenfund

Kann ein Angeklagter wegen Totschlags gem. § 212 Strafgesetzbuch (StGB) verurteilt werden, obwohl keine Leiche gefunden wurde und das eigentliche Tatgeschehen unbekannt ist?

Mit dieser Frage musste sich der Bundesgerichtshof (1 StR 309/21) in seinem Beschluss vom 4. Mai 2022 beschäftigen.

Im hiesigen Sacherhalt kam es zwischen dem Angeklagten und der Geschädigten zu einem Streit, infolgedessen der Angeklagte die Geschädigte auf unbekannte Art und Weise tötete. Als einige Zeit später ein weiterer Geschädigter die Wohnung betrat, in dem sich das Geschehen abgespielt hatte, tötete der Angeklagte auch diesen auf unbekannte Art und Weise.

Daraufhin beseitigte der Angeklagte die auffälligsten Spuren und brachte die Leichen an einen unbekannten Ort, wo er sie versteckte.

Der Angeklagte wurde dafür vom Landgericht München wegen Totschlags zu 14 Jahren und 6 Monaten Haft verurteilt. Auch vom Bundesgerichtshof wurde dieses Urteil anschließend bestätigt und die Revision des Angeklagten blieb ohne Erfolg.

Der Bundesgerichtshof stellt in seinem Beschluss klar, dass der Annahme einer vorsätzlichen Tötung nicht entgegensteht, dass das eigentliche Tatgeschehen unbekannt geblieben ist. Demnach reicht jede Art der bewussten und gewollten Verursachung des Todes eines anderen Menschen aus, um diesen anzunehmen.

Es kann aufgrund des aufgefundenen Spurenbildes sowie den Angaben einer Zeugin auf eine Täterschaft des Angeklagten wegen vorsätzlichen Totschlags mit zumindest bedingten Tötungsvorsatz geschlossen werden.

Rechtsanwalt Steffen Dietrich, Strafverteidiger aus Berlin-Kreuzberg

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