Verschlagwortet: BGH

Wie weit reicht das Notwehrrecht?

Die Notwehr ist ein wichtiger Bestandteil des Strafgesetzbuches (StGB). Sie gesteht den Menschen ein Recht zur Verteidigung zu, sodass die in der Regel strafbaren Handlungen straflos bleiben. Die Notwehr, die im Strafrecht als Rechtfertigungsgrund gesehen wird, ist im § 32 StGB geregelt. Damit die Handlungen durch Notwehr gerechtfertigt sind, muss zum einen eine Notwehrlage vorliegen, die sich durch einen gegenwärtigen und rechtswidrigen Angriff auszeichnet. Die Notwehrhandlung muss außerdem auf den Angreifer gerichtet sein und erforderlich und geboten sein. Erforderlich ist die Notwehrhandlung, wenn sie als Abwehrhandlung geeignet ist und wenn sie unter mehreren gleichwirksamen Möglichkeiten das mildeste Mittel ist. Eine...

Angehörige nicht bereit zu zahlen – Erpresserischer Menschenraub

Neben der Freiheitsberaubung gemäß § 239 StGB, bei welcher bestraft wird, wer einen Menschen einsperrt oder auf andere Weise die Freiheit beraubt, ist im darauffolgenden § 239a StGB der erpresserische Menschenraub normiert. Nach diesem wird bestraft, „wer einen Menschen entführt oder sich eines Menschen bemächtigt, um die Sorge des Opfers um sein Wohl oder die Sorge eines Dritten um das Wohl des Opfers zu einer Erpressung (§ 253) ausnutzt, oder wer die von ihm durch eine solche Handlung geschaffene Lage eines Menschen zu einer solchen Erpressung ausnutzt“. § 239a Abs. 4 StGB legt jedoch fest, dass die Strafe auch gemildert...

Schuldunfähigkeit wegen bipolarer Störung: Besonders schwere Brandstiftung

Erwachsende ab 21 Jahren sind grundsätzlich strafmündig und schuldfähig. Unter bestimmten Voraussetzungen kann der Täter nach § 20 Strafgesetzbuch (StGB) jedoch ohne Schuld handeln oder die Strafe kann wegen verminderter Schuldfähigkeit nach § 21 StGB gemindert werden. Ohne Schuld handelt gemäß § 20 StGB, „wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewusstseinsstörung oder wegen einer Intelligenzminderung oder einer schweren anderen seelischen Störung unfähig ist, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln.“ In seinem Beschluss vom 29. September 2023 musste sich der Bundesgerichtshof (1 StR 178/23) mit der Frage auseinandersetzen, inwiefern...

Ein abgetrennter Kopf vor dem Gerichtsgebäude – Störung der Totenruhe nach § 168 StGB

Wer die Totenruhe stört, kann mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren bestraft werden. Existieren tut der Straftatbestand der Störung der Totenruhe vor allem wegen des Pietätsempfinden der Nahestehenden Personen des Verstorbenen. Strafbar macht sich nach § 168 Abs. 1 Strafgesetzbuch (StGB), wer den Körper oder Teile des Körpers wegnimmt. Außerdem wer eine tote Leibesfrucht, Teile einer solchen oder die Asche des Verstorbenen wegnimmt. Zudem wird derjenige bestraft, der daran beschimpfenden Unfug verübt. Nach Abs. 2 ist des Weiteren unter Strafe gestellt, die Aufbewahrungsstätte, die Beisetzungsstätte oder die öffentliche Totengedenkstätte zu zerstören, zu beschädigen oder an dieser beschimpfenden Unfug zu verüben....

Der Zimmermannshammer als gefährliches Werkzeug

Die Frage, ob ein Gegenstand ein „gefährliches Werkzeug“ im Sinne des Strafgesetzbuches darstellt, ist wohl eins der am heißesten diskutierten Themen im Strafrecht. Immer wieder muss der Bundesgerichtshof beurteilen, ob es sich bei einem konkreten Gegenstand tatsächlich um ein gefährliches Werkzeug handelt. Ein gefährliches Werkzeug ist jeder bewegliche Gegenstand, der nach seiner objektiven Beschaffenheit und der Art seiner Verwendung im konkreten Fall dazu geeignet ist, erhebliche Verletzungen zuzufügen. Da die Qualifizierung als gefährliches Werkzeug meist ein höheres Strafmaß bedeutet, ist eine sorgfältige Einordnung zwingend erforderlich. So auch in dem Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 12. Januar 2021 (1 StR 347/20), in...

Gebrauchen einer unechten Urkunde durch Überreichen einer Kopie

Der Bundesgerichtshof befasste sich in seinem Urteil vom 27. Mai 2020 (5 StR 433/19) mit einem typischen Problemfeld der Urkundendelikte: der Urkunde und der Fotokopie. Ein Täter stellt eine unechte Urkunde im Sinne des § 267 Absatz 1 StGB nur dann her oder verfälscht eine echte Urkunde, wenn die von ihm hergestellte Fälschung als solche Urkundenqualität hat. Urkunden im Sinne des Strafrechts sind nach Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs verkörperte Erklärungen, die ihrem gedanklichen Inhalt nach geeignet und bestimmt sind, für ein Rechtsverhältnis Beweis zu erbringen, und die ihren Aussteller erkennen lassen. Die durch einen besonderen technischen Vorgang hergestellte Fotokopie vermittelt dagegen...

Die „Loverboy-Methode“ – Schwere Zwangsprostitution?

Eine gängige Vorgehensweise, um Betroffene von Zwangsprostitution zur Prostitution zu bringen, ist die sogenannte „Loverboy-Methode“. Hierbei spricht der Täter das Opfer an und erweckt bei diesem den Eindruck er sei verliebt. Dies geht mit dem Versuch des „Loverboys“ einher, das Opfer emotional von sich abhängig zu machen. Später wird das Opfer zur Prostitution verleitet oder gezwungen. Häufig erfolgt dies unter dem Vorwand, das so verdiente Geld diene dazu, eine gemeinsame Zukunft aufzubauen. Eine entsprechende Vorgehensweise lag auch dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 4. August 2020 (3 StR 132/20) zugrunde. Die 18-jährige Betroffene U wandte sich an den ihr bereits bekannten D....