Verschlagwortet: BGH

Wann wird ein Pflichtverteidiger beigeordnet und wie kann dieser gewechselt werden: Zerstörung des Vertrauensverhältnisses

Für eine angemessene Verteidigung vor Gericht ist ein Anwalt von großer Bedeutung. In einigen Fällen wird dem Beschuldigten sogar ein sogenannter Pflichtverteidiger beigeordnet. Das ist in Fällen der notwendigen Verteidigung der Fall, in denen der Beschuldigte selber noch keinen selbst gewählten Verteidiger bei der Seite hat. Die Fälle der notwendigen Verteidigung sind im § 140 Strafprozessordnung (StPO) geregelt. Der Fall der notwendigen Verteidigung tritt demnach unter anderem ein, wenn dem Beschuldigten ein Verbrechen zur Last gelegt wird oder wenn zu erwarten ist, dass die Hauptverhandlung im ersten Rechtszug vor dem Oberlandesgericht, dem Landgericht oder dem Schöffengericht stattfindet. Bevor dem Beschuldigten...

15 Jahre für Totschlag, Vergewaltigung und Störung der Totenruhe

Bei der Begehung mehrerer Straftaten wird nach § 54 Strafgesetzbuch (StGB) eine Gesamtstrafe gebildet. Wenn eine Einzelstrafe eine lebenslange Freiheitsstrafe ist, so wird als Gesamtstrafe auf lebenslange Freiheitsstrafe erkannt (Abs. 1 S. 1). In den anderen Fällen wird die Gesamtstrafe durch Erhöhung der verwirkten höchsten Strafe, bei Strafen verschiedener Art durch Erhöhung der ihrer Art nach schwersten Strafe gebildet (Abs. 1 S. 2). Nach Abs. 2 darf die Gesamtstrafe bei zeitigen Freiheitsstrafen fünfzehn Jahre nicht überschreiten. Ob die Festlegung der Gesamtstrafe auf 15 Jahre im vorliegenden Fall rechtsfehlerhaft ist, musste der Bundesgerichtshof (3 StR 466/23) in seinem Beschluss vom 20....

Wie weit reicht das Notwehrrecht?

Die Notwehr ist ein wichtiger Bestandteil des Strafgesetzbuches (StGB). Sie gesteht den Menschen ein Recht zur Verteidigung zu, sodass die in der Regel strafbaren Handlungen straflos bleiben. Die Notwehr, die im Strafrecht als Rechtfertigungsgrund gesehen wird, ist im § 32 StGB geregelt. Damit die Handlungen durch Notwehr gerechtfertigt sind, muss zum einen eine Notwehrlage vorliegen, die sich durch einen gegenwärtigen und rechtswidrigen Angriff auszeichnet. Die Notwehrhandlung muss außerdem auf den Angreifer gerichtet sein und erforderlich und geboten sein. Erforderlich ist die Notwehrhandlung, wenn sie als Abwehrhandlung geeignet ist und wenn sie unter mehreren gleichwirksamen Möglichkeiten das mildeste Mittel ist. Eine...

Angehörige nicht bereit zu zahlen – Erpresserischer Menschenraub

Neben der Freiheitsberaubung gemäß § 239 StGB, bei welcher bestraft wird, wer einen Menschen einsperrt oder auf andere Weise die Freiheit beraubt, ist im darauffolgenden § 239a StGB der erpresserische Menschenraub normiert. Nach diesem wird bestraft, „wer einen Menschen entführt oder sich eines Menschen bemächtigt, um die Sorge des Opfers um sein Wohl oder die Sorge eines Dritten um das Wohl des Opfers zu einer Erpressung (§ 253) ausnutzt, oder wer die von ihm durch eine solche Handlung geschaffene Lage eines Menschen zu einer solchen Erpressung ausnutzt“. § 239a Abs. 4 StGB legt jedoch fest, dass die Strafe auch gemildert...

Schuldunfähigkeit wegen bipolarer Störung: Besonders schwere Brandstiftung

Erwachsende ab 21 Jahren sind grundsätzlich strafmündig und schuldfähig. Unter bestimmten Voraussetzungen kann der Täter nach § 20 Strafgesetzbuch (StGB) jedoch ohne Schuld handeln oder die Strafe kann wegen verminderter Schuldfähigkeit nach § 21 StGB gemindert werden. Ohne Schuld handelt gemäß § 20 StGB, „wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewusstseinsstörung oder wegen einer Intelligenzminderung oder einer schweren anderen seelischen Störung unfähig ist, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln.“ In seinem Beschluss vom 29. September 2023 musste sich der Bundesgerichtshof (1 StR 178/23) mit der Frage auseinandersetzen, inwiefern...

Ein abgetrennter Kopf vor dem Gerichtsgebäude – Störung der Totenruhe nach § 168 StGB

Wer die Totenruhe stört, kann mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren bestraft werden. Existieren tut der Straftatbestand der Störung der Totenruhe vor allem wegen des Pietätsempfinden der Nahestehenden Personen des Verstorbenen. Strafbar macht sich nach § 168 Abs. 1 Strafgesetzbuch (StGB), wer den Körper oder Teile des Körpers wegnimmt. Außerdem wer eine tote Leibesfrucht, Teile einer solchen oder die Asche des Verstorbenen wegnimmt. Zudem wird derjenige bestraft, der daran beschimpfenden Unfug verübt. Nach Abs. 2 ist des Weiteren unter Strafe gestellt, die Aufbewahrungsstätte, die Beisetzungsstätte oder die öffentliche Totengedenkstätte zu zerstören, zu beschädigen oder an dieser beschimpfenden Unfug zu verüben....

Der Zimmermannshammer als gefährliches Werkzeug

Die Frage, ob ein Gegenstand ein „gefährliches Werkzeug“ im Sinne des Strafgesetzbuches darstellt, ist wohl eins der am heißesten diskutierten Themen im Strafrecht. Immer wieder muss der Bundesgerichtshof beurteilen, ob es sich bei einem konkreten Gegenstand tatsächlich um ein gefährliches Werkzeug handelt. Ein gefährliches Werkzeug ist jeder bewegliche Gegenstand, der nach seiner objektiven Beschaffenheit und der Art seiner Verwendung im konkreten Fall dazu geeignet ist, erhebliche Verletzungen zuzufügen. Da die Qualifizierung als gefährliches Werkzeug meist ein höheres Strafmaß bedeutet, ist eine sorgfältige Einordnung zwingend erforderlich. So auch in dem Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 12. Januar 2021 (1 StR 347/20), in...