Erpressung – Begründet eine Nötigung zur Begehung einer Straftat einen Vermögensnachteil beim Betroffenen?

Die Erpressung spielt in strafrechtlichen Klausuren häufig eine große Rolle und ist für die Examensvorbereitung daher unerlässlich. Es handelt sich bei der Erpressung um ein Vermögensdelikt, das sowohl das Vermögen des Geschädigten als auch dessen Entscheidungsfreiheit schützt.

Nach § 253 StGB macht sich wegen Erpressung strafbar, wer den Betroffenen mittels Gewalt oder durch Drohung mit einem empfindlichen Übel zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung nötigt und dem Betroffenen hierdurch einen Vermögensnachteil zufügt. Die räuberische Erpressung gemäß § 255 StGB stellt eine Qualifikation zur einfachen Erpressung dar. Hiernach macht sich strafbar, wer die Erpressung durch Gewalt gegen eine Person oder unter Anwendung von Drohungen mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben begeht. 

Erforderlich ist bei beiden Varianten, dass der Betroffene einen Vermögensnachteil erleidet.

Der Bundesgerichtshof musste sich in seiner aktuellen Entscheidung vom 08. Januar 2020 (4 StR 548/19) mit der Frage auseinandersetzen, ob eine Nötigung zur Begehung einer Straftat einen Vermögensnachteil bei dem Betroffenen begründet.

In dem vorliegenden Fall war der Angeklagte auf der Suche nach einer Einnahmequelle, um sich Marihuana kaufen zu können. Er bedrohte daher zwei 13-jährige Jungen mit einem Messer und forderte sie auf, für ihn in der Innenstadt Wertgegenstände zu stehlen. Da die beiden Jungen Angst vor dem Angeklagten hatten, widersetzten sie sich diesem zunächst. Auf dem Weg in die Innenstadt gelang es den Jungen aber, wegzulaufen und sich somit dem Angeklagten zu entziehen.

Das Landgericht Detmold hatte den Angeklagten wegen besonders schwerer räuberischer Erpressung in drei Fällen, wobei es in zwei Fällen bei dem Versuch blieb, in einem Fall in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung, sowie wegen Raubes in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung zu einer Einheitsjugendstrafe von vier Jahren verurteilt.

Dem schloss sich der Bundesgerichtshof jedoch nicht an.

Die Verurteilung wegen versuchter besonders schwerer räuberischer Erpressung gemäß §§ 22, 253 Abs. 1, 255, 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB halte einer rechtlichen Überprüfung nicht stand, da der Tatplan des Angeklagten in subjektiver Hinsicht nicht auf die Begehung einer Erpressung gerichtet gewesen sei.

Eine Erpressung zum Nachteil der beiden Nötigungsopfer liege nicht vor, da die Handlung, zu welcher der Angeklagte die beiden Jungen nötigen wollte, nicht mit einem Vermögensnachteil dieser verbunden war. Einem abverlangten Verhalten, das sich in der Begehung einer Straftat erschöpft, komme im Vermögen des Genötigten kein wirtschaftlicher Wert zu, sodass die erzwungene Vornahme einer Straftat keinen Vermögensschaden beim Nötigungsopfer begründen könne. Eine Erpressung zum Nachteil der durch die angestrebten Diebstahlstaten Geschädigten komme ebenfalls nicht in Betracht, da es nach den Vorstellungen des Angeklagten im Zeitpunkt der Nötigungshandlung an dem für eine Dreieckserpressung erforderlichen Näheverhältnis der Genötigten zu den geschädigten Vermögensinhabern fehle.

Der Angeklagte habe sich nach Ansicht des Bundesgerichtshofs indes der versuchten Nötigung in zwei tateinheitlichen Fällen gemäß § 240 Abs. 1, 2 und 3 StGB schuldig gemacht.

Der Bundesgerichtshof verwies die Sache daher zu neuer Verhandlung und Entscheidung an eine andere Jugendkammer des Landgerichts zurück.

Rechtsanwalt Steffen Dietrich, Strafverteidiger in Berlin-Kreuzberg

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