Die falsche Podologin

Da es im Gesetz viele unbestimmte Rechtsbegriffe gibt und allgemein nicht jede Vorschrift auf den ersten Blick verständlich ist, müssen bestimmte Formulierungen ausgelegt werden. Orientiert werden kann sich dabei an verschiedenen Methoden.

In seinem Beschluss vom 3. Mai 2023 beschäftigte sich das Landgericht Fürth (12 KLs 114 Js 10235/20) damit, wer Angehöriger eines Heilberufs ist. Die Angeschuldigte im vorliegenden Fall führte eine Podologie-Praxis, obwohl sie keine dementsprechende Ausbildung gehabt haben soll. Im Zuge ihrer Tätigkeit rechnete sie die Behandlungen gegenüber den Krankenkassen ab, obwohl diese nicht abrechnungsfähig gewesen seien. Aufgrund dessen wurde ihr Abrechnungsbetrug zum Nachteil verschiedener Krankenkassen zur Last gelegt, mit einem entstandenen Schaden von über 300.000,00 €.

Ob die Angeschuldigte als Angehörige eines Heilberufs im Sinne des § 299a StGB handelte, erörterte das Gericht in seinem Beschluss. Nach der ersten Auffassung müssen alle Zulassungsvoraussetzungen für den jeweiligen Heilberuf vorliegen, sodass eine faktische Ausübung des Berufs nicht ausreicht. Nach einer anderen Ansicht ist es ausreichend, wenn der Beschuldigte als Angehöriger eines Heilberufs auftritt und handelt, auch wenn er über keine Ausbildung oder Zulassung verfügt. Die vermittelnde Ansicht ist der gleichen Auffassung, verlangt zusätzlich jedoch einen formalen Akt, wie den Beitritt zur berufsständischen Kammer.

In seinem Beschluss stellt das Landgericht fest, dass der § 299a StGB bei der Klärung der Frage nicht unmittelbar weiterhilft und verweist auf den § 203 StGB. In den zu dieser Vorschrift vorliegenden Rechtsprechung und Kommentarliteratur wird eine funktional-faktische Sichtweise vertreten. Das ist nach Auffassung des Landgerichts auf § 299a StGB übertragbar, da dessen Wortlaut eine an die konkrete Tätigkeit anknüpfende Auslegung genauso zulässt. Nach dieser Auffassung ist also Angehöriger eines Heilberufs gem. § 299a StGB, wer als solcher auftritt und handelt. 

Rechtsanwalt Steffen Dietrich, Strafverteidiger aus Berlin-Kreuzberg

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