Verschlagwortet: Fluchtgefahr

„Konkludente“ Anhörung zum (weiteren) Haftgrund der Fluchtgefahr genügt nicht

Gegen den Angeklagten existierte ein Haftbefehl, gestützt auf den Haftgrund der „Flucht“. Nach seiner Ergreifung wurde der Angeklagte von dem zuständigen Haftrichter angehört. Über die Aufrechterhaltung des Haftbefehls entschied der Haftrichter aber nicht ausdrücklich. Erst nach Anklageerhebung beschloss das für die Durchführung der Hauptverhandlung zuständige Amtsgericht die Fortdauer der U-Haft, weil die „bisherigen Haftgründe zutreffen und fortbestehen“. Der Angeklagte legte dagegen Haftbeschwerde ein. Das Amtsgericht half dieser nicht ab. Schließlich entschied das Landgericht Nürnberg-Fürth mit Beschluss vom 21. August 2019 – 18 Qs 33/19 –, dass die bisherige Entscheidung über die Aufrechterhaltung des Haftbefehls unter den gegebenen Umständen jedenfalls nicht...

Immer diese Fluchtgefahr – Bundesverfassungsgericht rügt die unzureichende Begründung des Haftgrundes

Die Untersuchungshaft bedeutet für den Beschuldigten eine erhebliche Verletzung seines Grundrechtes auf die Freiheit der Person nach Art. 2 Abs. 2 GG. Demzufolge muss das Gericht sorgfältig prüfen, ob die Voraussetzungen zum Erlass eines Haftbefehls überhaupt vorliegen. Immer wieder Gegenstand von Entscheidungen ist dabei vor allem der Haftgrund der Fluchtgefahr, über den man spätestens im Referendariat lernt, dass er nicht allein aufgrund der Höhe der zu erwartenden Freiheitsstrafe angenommen werden darf. Dennoch passiert es immer wieder, dass Gerichte allein die Strafhöhe berücksichtigen und mit weiteren, lediglich abstrakten Ausführungen den Haftgrund der Fluchtgefahr annehmen.

Kammergericht entscheidet über abwegige Begründungen der Fluchtgefahr

Will die Staatsanwaltschaft den Erlass eines Haftbefehls durch das Gericht herbeiführen, so beruft sie sich in den meisten Fällen auf den Haftgrund der Fluchtgefahr. Immer wieder wird der Haftgrund allerdings zu vorschnell und mit völlig fehlerhaften Erwägungen angenommen. Gerichtliche Entscheidungen, in denen die Annahme der Fluchtgefahr beanstandet wurde, gibt es viele. Ein aktueller Beschluss des Kammergerichtes vom 01. August 2017 – 4 Ws 96/17 – 161 AR 155/17 zeigt, dass in Sachen Fluchtgefahr noch längst nicht über alle abwegigen Begründungen entschieden worden ist. Zur Vorgeschichte: Mit seinem Beschluss musste das Kammergericht über eine Beschwerde des Angeklagten gegen einen Haftfortdauerbeschluss des...

Allein eine zu erwartende Strafhöhe von zwei Jahren begründet keine Fluchtgefahr

Es ist nicht selten, dass ein Haftbefehl aufgehoben werden muss, weil die strengen Voraussetzungen der §§ 112 ff. StPO nicht vorliegen. Erst kürzlich haben wir an dieser Stelle über zwei Entscheidungen berichtet, bei denen der Haftgrund der Fluchtgefahr genauer unter die Lupe genommen wurde. Nun hat das Kammergericht sich noch einmal ausführlich mit der Fluchtgefahr beschäftigt und eine lesenswerte Entscheidung zu den strengen Grundsätzen dieses Haftgrundes getroffen. Ausgangspunkt ist eine vor der Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts Berlin erhobene Anklage der Staatsanwaltschaft, in der dem Angeklagten 35 bandenmäßig begangene Fälle der Steuerhinterziehung sowie zwei Fälle der Anstiftung zu einer falschen Versicherung an...

Anforderungen an den Haftgrund der „Fluchtgefahr“ in München und Berlin

Die Anordnung der Untersuchungshaft ist nur unter den engen Voraussetzungen der §§ 112 ff. StPO zulässig. Als Verteidiger eines inhaftierten Beschuldigten wird man regelmäßig auf die gerichtliche Überprüfung der Rechtmäßigkeit der U-Haft hinwirken, beispielsweise durch eine Haftbeschwerde oder einen Haftprüfungsantrag. Nicht selten wird ein überprüfter Haftbefehl dann auch aufgehoben, weil die Voraussetzungen der U-Haft nicht (mehr) gegeben sind. Sowohl das Oberlandesgericht (OLG) München als auch das Kammergericht in Berlin haben mit ihren lesenswerten Beschlüssen vom 20. Mai bzw. 24. Mai 2016 die jeweils angegriffenen Haftbefehle aufgehoben, weil nach Ansicht der Gerichte der Haftgrund der „Fluchtgefahr“ im jeweiligen Fall nicht vorlag....