Wie das Schriftstück, so auch die Tonbandaufzeichnung
(Umfang des Verwertungsverbots nach § 252 StPO – Beschluss des BGH vom 23.10.2012 – 1 StR 137/12)
Alles begann mit der heimtückischen Ermordung eines Familienvaters, die tatsächlich von seiner eigenen Ehefrau und seiner Tochter in Auftrag gegeben wurde. 80.000 € hatten die beiden gezahlt, um den Vater auf dem Weg zur Arbeit heimlich erschießen zu lassen. Die Abmachung mit dem Auftragskiller wurde in die Tat umgesetzt, der Vater umgebracht.
Was folgte, war die Verurteilung des Schützen wegen Mordes und der Tochter wegen Anstiftung zum Mord vor dem Mannheimer Landgericht. Was allerdings wiederum auf die Verurteilung folgte, war die Revision der Verteidigung, die eine Verletzung des Verwertungsverbots nach § 252 StPO vor dem Bundesgerichtshof geltend machte.
Ausgangspunkt der Revision war eine Aussage des Bruders der Angeklagten, der freiwillig bei der Polizei erschienen und dort einige Angaben gemacht hatte. Unter anderem unterrichtete er die Beamten über den Verdacht, dass seine Mutter und seine Schwester etwas mit dem gewaltsamen Tod des Vaters zu tun haben könnten. Als Indiz dafür übergab er ein heimlich auf Tonband aufgezeichnetes Gespräch zwischen ihm und seiner Mutter, in welchem sie sich seiner Meinung nach verdächtig geäußert hatte.
In der Hauptverhandlung machte der Zeuge dann aufgrund der Verwandtschaft mit der Angeklagten von seinem Zeugnisverweigerungsrecht nach § 52 StPO Gebrauch und widersprach der Verwertung seiner polizeilichen Vernehmung gemäß § 252 StPO.
Ungeachtet des Widerspruchs der Verteidigung wurde die in deutsche Sprache übersetzte Verschriftung des vom Zeugen übergebenen Tonbandes vom Landgericht Mannheim verlesen. Zur Begründung führte das Gericht aus. dass das Tonband nicht Bestandteil der Vernehmung des Zeugen ist. Außerdem sei es, anders als bei einem Schriftstück, überhaupt nicht unmittelbar wahrnehmbar gewesen und spontan auf eigene Initiative des Zeugen entstanden, sodass es dem Verwertungsverbot des § 252 StPO nicht unterliege.
Der Argumentation des Landgerichts erteilte der BGH jedoch eine klare Absage. Er entschied, dass das übergebene Tonband einen Bestandteil der Vernehmung darstellt und damit dem Verwertungsverbot genauso unterliegt, wie die Aussage des Zeugen.
Zur Begründung zog er die Behandlung von Schritstücken im Rahmen des Verwertungsverbots heran. Hier gilt der von der Rechtsprechung entwickelte Grundsatz, dass auch Schriftstücke als Bestandteil der Aussage erfasst werden, die der Zeuge bei der Vernehmung übergeben hat. Schließlich sei die Sachlage in diesen Konstellationen nicht anders, als wenn der Zeuge in seiner Vernehmung von dem Inhalt des Schriftstücks erzählt hätte. Gleichermaßen müsse dieser Grundsatz auch für Tonbandaufzeichnung eines mitgehörten Gesprächs übertragen werden, da der Zeuge auch dessen Inhalt mündlich hätte wiedergeben können. Auf das Speichermedium des Beweises könne es dabei grundsätzlich nicht ankommen.
Weiter führte der BGH aus, dass sich eine andere Bewertung ferner nicht daraus ergeben könnte, dass der Inhalt der Tonbandaufzeichnung nicht unmittelbar wahrnehmbar ist, da sich auch aus einem in fremder Sprache verfassten Schriftstück nicht die Zulässigkeit der Verwertung begründen lässt.
Ebenso wurde eine Ausnahme vom Verwertungsverbot, auf die das Landgericht mit dem Hinweis, der Zeuge habe das Tonband auf eigene Initiative und spontan abgegeben, hinauswollte, vom BGH verneint. Derartige Spontanäußerungen unterliegen zwar nicht dem Verwertungsverbot, sind allerdings an bestimmte Voraussetzungen geknüpft. Dazu gehört, dass die Äußerung außerhalb der Vernehmung gemacht werden muss und damit in keinem Zusammenhang mit ihr stehen darf. Im vorliegenden Fall war die polizeiliche Vernehmung allerdings explizit als einstündige „Zeugenvernehmung“ aufgenommen worden, was unstreitig einen Zusammenhang zwischen Vernehmung und Übergabe des Tonbands erkennen lässt. Auch die unterlassene Zeugenbelehrung in Verbindung mit dem freiwilligen Erscheinen des Zeugen reicht nach Ansicht des BGH nicht für eine vom Verwertungsverbot ausgenommene Spontanäußerung aus.
Folglich durfte das Tonband nicht in der Hauptverhandlung verlesen und im Urteil verwertet werden, da es dem Verwertungsverbot des § 252 StPO unterliegt.
Um allerdings das Urteil aufheben zu können, hätte dieses auf der Verlesung und Verwertung des Tonbands beruhen müssen, vgl. § 337 Abs. 1 StPO. Der BGH sah es jedoch als bewiesen an, dass das Landgericht auch bei richtiger Gesetzesanwendung zu keinem für die Angeklagte günstigerem Urteilsspruch gekommen wäre, da genügend andere Beweise zur Überzeugung der Strafkammer von Täterschaft und Tathergang vorlagen.