Messerstecher: Strafbefreiender Rücktritt noch möglich?

Um strafbefreiend von einer Straftat zurückzutreten, bietet der § 24 Strafgesetzbuch (StGB) mehrere Möglichkeiten. So sind im § 24 Abs. 1 StGB drei Varianten geregelt. Nach der ersten Variante wird wegen Versuchs nicht bestraft, wer freiwillig die weitere Ausführung der Tat aufgibt. Es handelt sich dabei also um den Rücktritt vom unbeendeten Versuch.

Mit dieser Variante hat sich auch der Bundesgerichtshof am 31. Mai 2023 in seinem Beschluss (3 StR 32/23) auseinandergesetzt. Der Angeklagte verletzte in einer Wohnung drei Menschen mit einem Messer. Einer Person schnitt er in die rechte Halsseite. Anschließend stach er auf zwei weitere Menschen ein. Eine Person konnte die Wohnung verlassen, die andere Person brach im Bad zusammen. Das Landgericht Düsseldorf nahm unter anderem einen versuchten Totschlag in zwei dieser Fälle an.

Nach Auffassung des Bundesgerichtshofes hätte das Landgericht jedoch auch den strafbefreienden Rücktritt vom Versuch in den Blick nehmen müssen. Das Landgericht hätte demnach untersuchen müssen, ob ein strafbefreiender Rücktritt von den versuchten Taten gem. § 24 Abs. 1 S. 1 StGB vorliegt. Der angegebene Sachverhalt belegt nicht, dass die Versuche fehlgeschlagen waren und schließen vor allem nicht aus, dass der Angeklagte freiwillig vom unbeendeten Versuch zurücktrat.

Der Bundesgerichtshof führt aus, dass es bei der Differenzierung von unbeendeten und beendeten Versuch maßgeblich auf die Vorstellung des Täters ankommt. Soweit der Täter aus seiner Sicht noch nicht alles Erforderliche zur Tatbestandsverwirklichung getan hat, liegt ein unbeendeter Versuch vor. Von diesem kann er zurücktreten, wenn er weitere auf den Taterfolg abzielende Handlungen unterlässt.

Da vorliegend Feststellungen zum Vorstellungsbild des Angeklagten fehlen, können die Urteilsgründe einen beendeten Versuch nicht belegen. Demzufolge hat der Bundesgerichtshof den Schuldspruch wegen versuchten Totschlags in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung aufgehoben.

Rechtsanwalt Steffen Dietrich, Strafverteidiger aus Berlin-Kreuzberg

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