Zum Härteausgleich bei fortgesetzter Tatausführung: Besonders schwere räuberische Erpressung gemäß §§ 253, 255 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB

Der Bundesgerichtshof (BGH) setzte sich in seinem Beschluss (5 StR 626/24) vom 25. März 2025 mit folgendem Sachverhalt auseinander:

Nach den Feststellungen des Landgerichts Hamburg entwickelte der Angeklagte zusammen mit dem Nichtrevidenten im Juni des Jahres 2019 den Plan, von dem Geschädigten ein „Schmerzensgeld“ in Höhe von 30.000 Euro zu erpressen. Am 23. Juni suchten sie dann den Geschädigten an dessen Wohnort auf; dort erklärten sie, dass der Geschädigte an einer von dem Angeklagten erlittenen Verletzung schuldig sei. Entsprechend des gemeinsamen Tatplans zückte der Nichtrevident dabei ein Klappmesser, hielt es dem Geschädigten vor und drohte ihm, im Falle der Nichtzahlung, auf ihn einzustechen. Dem Geschädigten gelang es, die Angeklagten und den Nichtrevidenten zu vertrösten, indem er erklärte, das Geld erst noch besorgen zu müssen. Dies geschah in den folgenden Wochen regelmäßig, sodass der Angeklagte und der Nichtrevident die Forderung schließlich auf 5.000 Euro reduzierten.

Ende Juli zahlte der Geschädigte dann eine erste Summe von 1.400 Euro und kündigte die Restzahlung binnen einer Woche an. Als auch diese Frist verstrich, nahm der Angeklagte mit Hilfe des Nichtrevidenten die wertvolle Uhr des Geschädigten als Pfand an sich. Am selben Abend zeigte der Geschädigte die Angeklagten und den Nichtrevidenten an; bei einem Treffen zur vermeintlichen Rückgabe der Uhr gegen Auszahlung der verbleibenden 3.600 Euro wurden der Angeklagte und der Nichtrevident schließlich festgenommen.

In seinem Beschluss führte der BGH zunächst aus, dass ein Schuldspruch wegen versuchter besonders schwerer räuberischer Erpressung keinen Bestand haben könne. Dies begründen die Karlsruher Richter damit, dass der Versuch eines Delikts auf Konkurrenzebene regelmäßig hinter die Vollendung desselben gleichwertigen Delikts zu Lasten des identischen Geschädigten zurücktrete. Maßgeblich sei im vorliegenden Fall die Tatsache, dass die Tat im Angesicht der durch den Geschädigten getätigten Teilzahlung in Höhe von 1.400 Euro bereits vollendet sei. Dass der Angeklagte und der Nichtrevident nicht die ursprünglich anvisierte Summe von 5.000 Euro – gar 30.000 Euro – erhielten, gebe der Tat in rechtlicher Hinsicht keine andere Kontur.

Ferner sei die Aufnahme des Versuchsdelikts auch nicht erforderlich, um das begangene Unrecht zum Ausdruck zu bringen. Daran ändere auch die Erweiterung der eingesetzten Nötigungsmittel unter Verweis auf die Inbesitznahme der Uhr des Geschädigten durch den Angeklagten nichts. Denn laut den Karlsruher Richtern stellen mehrere Angriffe auf die Willensentschließung des Opfers eine singuläre Tat im Rechtssinne dar, soweit das anfängliche Nötigungsmittel lediglich aktualisiert und den Umständen angepasst werde, im Übrigen aber dieselbe Leistung gefordert werde.

Im Ergebnis sei der Schuldspruch daher gemäß § 354 Abs. 1 StPO geändert und die versuchte besonders schwere räuberische Erpressung entfallen.

Gleichwohl habe der Rechtsfolgenausspruch Bestand. Die Richter schließen nämlich aus, dass das Landgericht bei zutreffender konkurrenzrechtlicher Bewertung – Wegfall der Verurteilung wegen versuchter besonders schwerer räuberischer Erpressung – zu einer geringeren Strafe gelangt wäre. Dies hänge zum einen damit zusammen, dass die deutlich höhere Forderung von 30.000 Euro weiter für den Schuldumfang relevant bleibe, unabhängig von der Fassung des Schuldspruchs. Zudem sei die unterschiedliche rechtliche Beurteilung des Konkurrenzverhältnisses bei unverändertem Schuldumfang nach ständiger Rechtsprechung des BGH regelmäßig für die Strafbemessung unbeachtlich.

Auch seien keine Rechtsfehler dahingehend ersichtlich, dass das Landgericht keinen Härteausgleich für eine nicht einbeziehungsfähige Jugendstrafe vorgenommen habe. Demzufolge habe das Landgericht einen minder schweren Fall gemäß § 250 Abs. 3 StGB zurecht abgelehnt. Dabei sei dem Rechtsgedanken Rechnung getragen worden, dass derjenige, der bei seiner Tat bestimmte Nachteile für sich selbst zwar nicht gewollt, aber bewusst auf sich genommen habe, in der Regel keine strafmildernde Berücksichtigung eben dieser nachteiligen Folgen verdiene.

Diese Würdigung sei vorliegend insoweit zutreffend, als dass der Angeklagte während des sich zwischen dem 23. Juni 2019 und dem 23. August 2019 erstreckenden Tatzeitraums wegen anderer Gewaltdelikte zu eben dieser Jugendstrafe verurteilt worden sei; eine erstrebte Warnungswirkung dieser Verurteilung sei ausgeblieben, weshalb eine Berufung auf den Härteausgleich hier nicht begründet sei. Dazu führt der BGH aus, dass zwar regelmäßig ein Härteausgleich vorzunehmen sei, wenn eine Jugendstrafe und eine Freiheitsstrafe des allgemeinen Strafrechts zusammentreffen, dies aber nicht in allen Fällen zwingend sei.

Rechtsanwalt Steffen Dietrich, Fachanwalt für Strafrecht in Berlin-Kreuzberg

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