Wohnungseinbruchsdiebstahl – Verlust der Wohnungseigenschaft nach dem Tod der Bewohner

Der dem Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 22. Januar 2020 (3 StR 526/19) zugrunde liegende Angeklagte ließ sich eine besonders kreative Vorgehensweise einfallen, um die Entdeckung seiner Wohnungseinbrüche zu vermeiden. Er beschloss vorrangig in die Häuser von Verstorbenen einzubrechen. Hierfür informierte er sich über entsprechende Todesfälle durch Traueranzeigen in der Tageszeitung.

Im Anschluss hieran drang der Angeklagte in drei Fällen mitunter unter Unterstützung eines Mittäters in die Häuser von zuvor Verstorbenen ein. Dies erfolgte, indem der Beschuldigte die Fenster oder Terassentüren der jeweiligen Immobilen aufhebelte. Ein Ende fand das Vorgehen des Angeklagten als dieser im letzten Tatobjekt auf vier sich versteckende Polizeibeamte traf.

Den Bundesgerichtshof veranlasste der vorliegende Sachverhalt dazu, sich damit zu befassen, wenn eine Räumlichkeit noch eine Wohnung im Sinne des § 244 Absatz 1 Nr. 3 StGB darstellt. Nach gängiger Definition sind Wohnungen abgeschlossene und überdachte Räume, die Menschen zumindest vorübergehend als Unterkunft dienen.

Nach Auffassung des BGHs verliert eine Wohnung ihre Qualität als solche selbst dann nicht, wenn deren Bewohner verstorben sind. Hierfür spricht bereits der Wortlaut des Begriffs „Wohnung“. Dieser bezeichnet eine für die private Lebensführung geeignete und in sich abgeschlossene Einheit von gewöhnlich mehreren Räumen.  Nach dem allgemeinen Sprachgebrauch ist somit der Zweck der Stätte maßgebend, nicht deren tatsächlicher Gebrauch.

Dies entspricht auch der Gesetzessystematik. Gemäß § 244 Absatz 4 StGB macht sich ein Täter strafbar, welcher in eine dauerhaft genutzte Privatwohnung einbricht. Hierdurch hat der Gesetzgeber deutlich gemacht, dass er die (dauerhafte) Nutzung der Wohnung nicht als tatbestandliche Voraussetzung des einfachen Wohnungseinbruchdiebstahls nach § 244 Absatz 1 Nr. 3 StGB verstanden wissen will. Den Begriff der Wohnung gebraucht das Gesetz darüber hinaus in § 123 Absatz 1 StGB, § 201a Absatz 1 Nr. 1 StGB und § 306a Absatz 1 Nr. 1 StGB. Den ersten beiden Normen ist gemein, dass auch sie eine tatsächliche Bewohnung der Unterkunft zur Tatzeit nicht voraussetzen. Für § 306a Absatz 1 Nr. 1 StGB gilt deshalb etwas anderes, weil der Wortlaut dieser Vorschrift es erfordert, dass die in Brand gesetzte Räumlichkeit „der Wohnung von Menschen dient“. 

Auch der Sinn und Zweck des § 244 Absatz 1 Nr. 3 StGB spricht für die Wohnungseigenschaft trotz Tod der Bewohner. Die Vorschrift soll das Eigentum an höchstpersönlichen Gegenständen und die häusliche Integrität an sich schützen. Diese Rechtsgüter können auch dann verletzt sein, wenn sie neben den aktuellen Bewohnern weiteren Personen zuzuordnen sind, die einen Bezug zu den Räumlichkeiten aufweisen – etwa, weil sie sich häufig in ihnen aufhalten, weil es sich um ihr Elternhaus handelt oder weil sie in dem Haus private Gegenstände lagern.

Hieraus folgerte der BGH, dass sich der Angeklagte wegen Wohnungseinbruchsdiebstahls strafbar machte.  Die Häuser waren jeweils eingerichtet und als Wohnstätte voll funktionstüchtig. Dadurch, dass ihre ehemaligen Bewohner nicht (mehr) in ihnen lebten, verloren sie die Eigenschaft als Wohnung im Sinne des § 244 Absatz 1 Nr. 3 StGB nicht.

Der vorliegende Beschluss ist die bisher einzige Entscheidung des BGHs, welche sich mit § 244 Absatz 1 Nr. 3 StGB bei Versterben der Wohnungsinhaber auseinandersetzt und stellt dabei den Wohnungsbegriff des § 244 Absatz 1 Nr. 1 StGB in den Kontext anderer Delikte mit Wohnungsbezug, wie den § 123 Absatz 1 StGB, § 201a Absatz 1 Nr. 1 StGB. Im Zuge dessen macht der BGH deutlich, dass es weniger auf die tatsächliche Nutzung der Wohnung zu Wohnzwecken im Zeitpunkt der Tatbegehung, als auf deren Eignung zu solchen ankommt. Die maßgebliche Grundlage für diese Rechtsprechung ist wohl darin zu sehen, dass das StGB bezüglich einzelner Delikte mit Wohnungsbezug wie zuvor genannt, unterschiedliche Anforderungen an die Nutzung der Wohnung als solche stellt. Allein § 306a Absatz 1 Nr. 1 StGB setzte hierbei nach dessen Wortlaut voraus, dass eine Räumlichkeit „der Wohnung von Menschen dient“. Ander Delikte wie § 244 Absatz 1 Nr. 3 StGB stellen lediglich darauf ab, dass eine Wohnung als solche vorliegt.

Rechtsanwalt Dietrich, Fachanwalt für Strafrecht Berlin

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