Verbreitung kinderpornographischer Inhalte – Bestimmung des Begriffs der sexuell aufreizenden Wiedergabe

Wegen Verbreitung kinderpornographischer Schriften macht sich strafbar, wer gemäß § 184b Absatz 1 Nr. 1c StGB einen kinderpornographischen Inhalt verbreitet, der die sexuell aufreizende Wiedergabe der unbekleideten Genitalien oder des unbekleideten Gesäßes eines Kindes zum Gegenstand hat.

Hierbei stellt sich die Frage, wodurch eine bildliche Wiedergabe als „aufreizend“ qualifiziert wird. Ein gängiges Beispiel sind Familienfotos von nackten Kindern. Dem Sinn des § 184b Absatz 1 Nr. 1c StGB entspricht es gerade nicht, harmlose Aufnahmen als kinderpornographische Inhalte zu qualifizieren. Somit ist fraglich, nach welchen Kriterien eine Wiedergabe aufreizend ist. Möglich ist es, sowohl auf den objektiven Inhalt der Aufnahme oder auf die subjektive Einstellung des Aufnehmenden abzustellen. Mit genau dieser Fragestellung befasste sich der Bundesgerichtshof in seinem Beschluss vom 1. September 2020 (3 StR 275/20).

Anlass hierzu gab der Anklagte, welcher über Internetseiten verschiedene Bilddateien auf sein Mobiltelefon herunterlud und speicherte. Drei der Fotos zeigen jeweils das in den Vordergrund gerückte unbekleidete Gesäß eines fünf- bis neun-jährigen Mädchens.

Fraglich war nun, ob die Gesäßaufnahmen aufreizende Wiedergaben und daher kinderpornographische Schriften im Sinne des § 184b Absatz 1 Nr. 1c StGB darstellen.

Nach Auffassung des BGHs sind hierfür nicht die die Beweggründe der die Wiedergabe erstellenden oder damit umgehenden Person erheblich. Aufreizender Charakter einer Wiedergabe liegt vor, wenn die genannten Körperteile aus Sicht eines durchschnittlichen Betrachters in sexuell motivierter Weise im Blickfeld stehen. Hierfür sind die aus der Schrift zu entnehmenden Umstände heranzuziehen. Der BGH lehnt somit einen auf die Person des Aufnehmenden oder Bildverwenders abstellenden subjektiven Maßstab ab.

Hierfür führt der BGH unter anderem an, dass der Begriff des Aufreizens nach der allgemeinen Wortbedeutung in sexualisierter Weise über eine neutrale Abbildung hinaus geht. Davon abzugrenzen seien Wiedergaben mit anderer Intention, beispielsweise als unverfängliches Urlaubsfoto oder zu medizinischen, wissenschaftlichen oder künstlerischen Zwecken. Der Wortlaut des § 184b Abs. 1 Nr. 1c StGB stelle auf die „sexuell aufreizende Wiedergabe“ ab. Damit ist Bezugsobjekt des sexuellen Aufreizens die Wiedergabe, nicht davon losgelöste Umstände. 

Ein weiterer wesentlicher Grund für die Anknüpfung an den Inhalt der Wiedergabe als solcher, sei darin zu sehen, dass ansonsten eine konsistente Bewertung, ob eine bestimmte Schrift kinderpornographisch ist oder nicht, nicht möglich wäre. Wären etwa die Zwecke zu berücksichtigen, die eine Person konkret beim Umgang mit der Schrift verfolgt, könne dies eine unterschiedliche Einordnung derselben Schrift – beim gleichzeitigen Umgang mehrerer sogar zum selben Zeitpunkt – zur Folge haben. Eine derartige uneinheitliche, situationsbedingtsubjektive Auslegung des objektiven Tatbestandsmerkmals der kinderpornographischen Schrift sei im Gesetz nicht angelegt.

Grundsätzlich ist der Auffassung des BGHs beizupflichten. Die Ablehnung eines subjektiven Bestimmungsmaßstabes ermöglicht eine einheitliche strafrechtliche Handhabe von Aufnahmen, welche als aufreizend anzusehen sind. Ausgenommen werden auch harmlose Aufnahmen, welche von § 184b Abs. 1 Nr. 1c StGB nicht erfasst werden sollen. Somit droht keine Kriminalisierung von Aufnahmen wie Familienfotos. Im Einzelfall wird diese Auffassung jedoch dann problematisch, wenn objektiv nicht aufreizende Nacktaufnahmen zu aufreizenden Zwecken gespeichert und verbreitet werden. Sofern diese aus Sicht eines durchschnittlichen Betrachters als nicht aufreizend anzusehen sind, so können sie, ohne von § 184b Abs. 1 Nr. 1 c StGB erfasst zu werden, zu missbräuchlichen Zwecken verbreitet werden. 

Rechtsanwalt Dietrich, Fachanwalt für Strafrecht Berlin

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