Drohung mit der Veröffentlichung von Nacktbildern stellt eine sexuelle Nötigung dar

Wer eine Person zur Vornahme oder Duldung der sexuellen Handlung durch Drohung mit einem empfindlichen Übel genötigt hat, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft. Dies regelt der Tatbestand der sexuellen Nötigung gemäß § 177 Abs. 2 Nr. 5 StGB. Unstreitig liegt eine sexuelle Nötigung in Konstellationen vor, in denen der betroffenen Person mit erheblicher körperlicher Gewalt gedroht wird. Auch die Drohung mit einer Vergewaltigung kann ein Nötigungsmittel darstellen. In der jüngeren Rechtsprechung hatte es zudem Fälle gegeben, in denen man mit der Veröffentlichung von Nacktbildern gedroht hatte und die Betroffenen so zur Vornahme von sexuellen Handlungen genötigt wurden. Eine solche Konstellation hat das Oberlandesgericht Hamm in seinem Urteil vom 09.04.19 – 3 RVs 10/19 behandelt. In dem der Entscheidung zugrundeliegenden Sachverhalt ging es sogar einen Schritt weiter: Zwischen den beiden Betroffenen war es zu keinem Zeitpunkt zu sexuellem Kontakt, sogar nicht einmal zu einem realen Treffen gekommen. Entgegen der Auffassung des Landgerichts Bielefeld, welches den Beschuldigten freigesprochen hatte, stimmte das Oberlandesgericht der Staatsanwaltschaft zu. Diese hatte gefordert, auch schon in der Drohung mit der Veröffentlichung der sexuellen Nötigung eine strafbare Handlung anzuerkennen. Der Freispruch durch das Landgericht Bielefeld wurde daher aufgehoben. Der Grund liegt in der Strafbarkeit des Versuches der sexuellen Nötigung. Wer zur Tatbestandsverwirklichung unmittelbar ansetzt, macht sich gemäß § 177 Abs. 3 StGB wegen Versuches strafbar. Dem Verfahren lag zugrunde, dass sich zwischen dem beinahe 30-jährigen Beschuldigten und der zum damaligen Zeitpunkt erst 16-jährigen Schülerin über WhatsApp ein reger Schreibkontakt entwickelt hatte. Infolgedessen kam es zum einvernehmlichen Austausch von Nacktfotos. Auf die seitens des Beschuldigten geäußerten sexuellen Anspielungen hatte die Schülerin jedoch ablehnend reagiert. Der Beschuldigte hatte sich dazu entschlossen, mit der Veröffentlichung der übersandten Nacktbilder zu drohen, um der ablehnenden Haltung der Schülerin entgegenzuwirken und sie zur Vornahme der gewünschten sexuellen Handlungen zu veranlassen. Konkret hatte der Beschuldigte geäußert, dass er die Fotos bei Facebook veröffentlichen und ausgedruckt in ihrer Schule aufhängen werde. In dieser Drohung hatte das Oberlandesgericht bereits eine versuchte sexuelle Nötigung gesehen. Für den Versuchsbeginn, so führt das Gericht aus, sei es erforderlich, dass der Betroffene die maßgebliche Schwelle zur Tatbestandsverwirklichung überschreitet. Dies ist der Fall, wenn bereits ein Merkmal des gesetzlichen Tatbestandes verwirklicht worden ist. Der Tatbestand der sexuellen Nötigung gemäß § 177 Abs. 2 Nr. 5 StGB besteht zum einen aus der Vornahme sexueller Handlungen und zum anderen an der Nötigungshandlung, also der Drohung mit einem empfindlichen Übel. Durch seine Drohung, er werde die von der Schülerin übersandten Nacktbilder verbreiten, hatte der Beschuldigte bereits die Nötigungshandlung vorgenommen. Dies allein hatte bereits zur Annahme einer versuchten sexuellen Nötigung ausgereicht. Ein persönlicher Kontakt war hierfür nicht erforderlich. Rechtsanwalt Steffen Dietrich, Strafverteidiger aus Kreuzberg

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