Störung der Totenruhe durch Teufels Asche

Manchmal hat man auch nach dem Tode keine Ruhe. Am Samstag wurde laut Bericht der Berliner Zeitung die Urne des Alt 68ers Fritz Teufel auf dem Friedhof ausgegraben und anschließend wurde die Asche auf dem Friedhof verstreut. Herr Teufel war Mitbegründer der Kommune 21. Da politische Motive nicht ausgeschlossen werden können, ermittelt der Staatsschutz z.b. wegen Störung der Totenruhe gem. § 168 StGB.

Hier heißt es:

Wer unbefugt aus dem Gewahrsam des Berechtigten die Asche eines verstorbenen Menschen wegnimmt oder wer daran beschimpfenden Unfug verübt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft wird.

Diese Norm ist immer wieder Mal auch in der Ausbildung von Relevanz.

Fraglich ist, was durch § 168 StGB geschützt werden soll.

Die h.M. sieht als geschütztes Rechtsgut vor allem das Pietätsgefühl von Angehörigen des Verstorbenen. Man sollte deshalb möglichst viele Nachkommen hinterlassen, da allein hierdurch der Achtungsanspruch steigt.

Natürlich soll aber auch der Achtungsanspruch des Verstorbenen geschützt werden. Die Menschenwürde lebt über den Tod hinaus. Glück für die Menschen ohne Nachkommen.

Letztlich soll aber auch das Pietätsgefühl der Allgemeinheit vom Anwendungsbereich des § 168 StGB umfasst sein – mit der Begründung, so was tut man nicht.

Wer Berechtigter ist, hängt davon ab, ob bereits beerdigt oder noch nicht.

Vor der Beerdigung ist der Totenfürsorgeberechtigte Berechtigter im Sinne von § 168 StGB. Hierzu zählen die nächsten Angehörigen. Wenn diese nicht vorhanden sind, werden die tatsächlichen Gewahrsamsinhaber (z.B. Krankenhaus oder Pflegeheim) zu Berechtigten. Nach der Beerdigung sind die Inhaber der Nutzungsrechte der Grabstelle (Pächter) und die Friedhofsverwaltung berechtigt.

Da man auch nach dem Tod seiner Menschenwürde nicht beraubt werden kann, ist als Gewahrsam im Unterschied zu § 242 StGB ein tatsächliches Obhutsverhältnis und nicht eine tatsächliche Sachherrschaft zu verstehen.

Sollte die Asche tatsächlich auf dem Friedhof verstreut worden sein, müsste man sich fragen, ob eine Wegnahme vorliegt. Die Asche verbleibt weiterhin auf dem Friedhof. In einem Selbstbedienungsladen wird ein Kunde auch nicht bestraft, wenn er die Milch zur Wurst bringt. Man könnte aber auch argumentieren, dass die Asche nun den Umwelteinflüssen ausgesetzt wird und z.B. der Wind zeitnah die Asche verstreuen wird.

Sollte man eine Wegnahme ausschließen, könnte man prüfen, ob an der Asche durch das Verstreuen beschimpfender Unfug begangen wurde. Sollte man das Verstreuen von Asche als beschimpfenden Unfug einstufen, sollten alle See und Luftbestattungen untersagt werden.

Letztlich könnte, sollte die Grabstätte beschädigt worden sein, § 168 Abs. 2 StGB einschlägig sein. Hier reicht das bloße Beschädigen aus. Im Gegengsatz zu § 303 StGB hat § 168 StGB einen höheren Strafrahmen und ein Strafantrag ist nicht erforderlich.

Sollte alles nichts helfen, müsste § 189 StGB geprüft werden. Dieser regelt den postmortalen Persönlichkeitsschutz. Nach § 189 StGB wird man bestraft, wenn man das Andenken an einen Verstorbenen verunglimpft.

Rechtsanwalt Steffen Dietrich, Berlin

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3 Antworten

  1. Krass! Das hatte ich niemals fur moglich gehalten

  2. Hallo Jan,
    recht hast du, dass der Vergleich hinkt.
    Mit dem Vergleich wollte ich ein wenig provozieren, inwieweit die Überreste eines Menschen mit tierischen Produkten gleichgesetzt werden können.

    Darüber hinaus kann man sich an abseitige Paragraphen und Tatbestandsmerkmale besser erinnern, wenn sie plakativ dargestellt wurden. Die Abgrenzung zum Diebstahl könnte in einer Klausur schon einmal von Relevanz sein. Das Gesetz benutzt an zwei Stellen den selben Begriff – die Wegnahme. Hiernach könnte man davon ausgehen, dass dieser Begriff an beiden Stellen auch in der gleichen Art verwendet werden müsste. Da dem nicht so ist, habe ich diese Übertreibung eingebaut.

    Steffen Dietrich

  3. Jan sagt:

    Das Verstreuen der Asche von Teufel mit ‘nem Supermarkt zu vergleichen, finde ich etwas daneben und inhaltlich auch nicht richtig. Sie schreiben: “In einem Selbstbedienungsladen wird ein Kunde auch nicht bestraft, wenn er die Milch zur Wurst bringt.” – auf einem Friedhof wird vermutlich auch niemand bestraft, der eine frei zugängliche Urne anders plaziert. Allerdings ist das ja nicht geschehen. Um dem tatsächlichen Geschehen gerecht zu werden hätte der Satz lauten müssen: “In einem Selbstbedienungsladen wird ein Kunde auch nicht bestraft, wenn er in den Laden einbricht, eine Milchpackung aufschneidet und die Milch im ganzen Laden verteilt.” – das würde inhaltlich jedoch keineswegs zutreffen, da man dafür sehr wohl bestraft wird… Daher hinkt Ihr Vergleich m.E. doch ganz gewaltig!

    Grüßle von Jan

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