nemo tenetur in der Praxis: Muss der Mafiakiller Steuern zahlen?

Bereits vor zwei Wochen habe ich die Herkunft des nemo-tenetur-Grundsatzes erklärt. Zur Erinnerung: Nemo tenetur se ipsum accusare ist die Selbstbelastungsfreiheit, also die Erlaubnis, nichts zu sagen, wenn man sich dadurch selbst belasten würde. In der Grundkonstellation relativ einfach, aber im Einzelfall so schwierig, dass sich derzeit das Bundesverfassungsgericht damit befassen muss. Noch in diesem Jahr soll es eine Entscheidung geben. Folgender denkbarer Fall: M ist selbständiger Mafiakiller. Jedes Jahr bringt er „auf Bestellung“ 5 Menschen um. Selbstverständlich macht M das für Geld, immerhin muss er von irgendetwas leben und Mafiakiller ist sein Beruf. Daher lässt er sich jeden Mord1...

Aufschub Entscheidung über Todesstrafe

Der russische Verfassungsgerichtshof hat eine für heute erwartete Entscheidung, ob die Todesstrafe in Russland wieder verhängt werden soll, verschoben. Die Entscheidung soll aber noch in diesem Jahr ergehen. Unter dem Präsidenten Boris Jelzin wurden im Jahre 1999 Todesstrafen in Haftstrafen umgewandelt. Dem lag insbesondere zugrunde, dass Russland 1996 dem Europarat – welcher keine Institution der europäischen Union ist – beigetreten ist. Der Europarat verlangt von seinen Mitgliedern die Abschaffung der Todesstrafe. Dem zum Trotz gibt es in Russland starke Strömungen, die eine Wiedereinführung der Todesstrafe fordern. Eine anschauliche Darstellung der Problematik ist unter dem Link dargestellt. Rechtsanwalt Steffen Dietrich, Berlin

Strafrecht-Russisch: der Mord – тяжкое убийство

Der Mord kann im Russischen als тяжкое убийство übersetzt werden. Er wird in Deutschland mit lebenslanger Freiheitsstrafe – пожизненное лишение свободы – bestraft. Jemanden zu/mit etwas bestrafen heißt auf Russisch наказывать (unv.) bzw. наказать (vo). Achtung: die Strafe steht dann im Instrumental – also dem fünften Fall – (mit lebenslanger Freiheitsstrafe: пожизненным лишением свободы; mit Geldstrafe: денежным штрафом). Der Satz „Sachbeschädigung wird in Deutschland mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.“ heißt dann auf Russisch: В Германии повреждение вещей наказывается лишением свободы на срок до двух лет или денежным штрафом. Zu den Fallgruppen des Mordtatbestandes kommen wir...

Rechtsstaat gegen Pressefreiheit

Sir William Blackstone, englischer Jurist und Richter im 16. Jahrhundert, soll einmal in seinem „Kommentar zum Recht in England“ gesagt haben: „Es ist besser, dass zehn Schuldige entkommen, als dass ein Unschuldiger verfolgt wird.“ Diesen Satz nehmen sich regelmäßig Pressevertreter eines bestimmten Qualitätsniveaus nicht zu Herzen. Bereits im Ermittlungsverfahren oder bei laufender Hauptverhandlung wird durch eine Art der Berichterstattung massiver Druck auf Verfahrensbeteiligte aufgebaut, welcher unter Umständen dafür verantwortlich ist, dass Unschuldige, wie sich nachträglich herausstellt, zu Unrecht in Untersuchungshaft saßen. Ein gutes Beispiel wird unter dem Link aufgezeigt. Rechtsanwalt Steffen Dietrich, Berlin

sachliche Zuständigkeit der Amtsgerichte

Dies ist eine Fortsetzung des Beitrages vom 31. Oktober 2009. Es geht um die Frage, wann das Amtsgericht sachlich zuständig ist. Leider muss ich, dem Gesetze folgend, gleich negativ anfangen. Nach § 24 Abs. 1 Nr. 1 GVG ist das Amtsgericht nicht zuständig, wenn das Landgericht gem. §74 Abs. 2 GVG oder § 74a GVG oder das Oberlandesgericht gem. § 120 GVG zuständig ist. Vereinfacht ausgedrückt ist das Landgericht gem. § 74 Abs. 2 GVG immer zuständig, wenn jemand augrund einer Vorsatztat gestorben ist. Die Vorsatztat muss sich nicht aut die Tötung unmittelbar beziehen. In § 74a GVG werden einzelne...

Strafrecht-Report: italienische Verhältnisse 2

In Berlin wurden drei Männer festgenommen, denen laut Bericht der Berliner-Zeitung vorgeworfen wird, im gesamten Bundesgebiet Autofahrer „beraubt“ zu haben. Die drei Männer sollen die späteren Geschädigten zunächst beim Geldabheben beobachtet haben. Wenn die Geschädigten mit ihrem PKW an einer roten Ampel anhalten mussten, sollen die mutmaßlichen Täter mit einem Motorad neben dem Wagen gestoppt haben. Der Sozius soll dann jeweils die Seitenscheibe eingeschlagen und die Tasche des Autofahrers entwendet haben. Ob tatsächlich ein Raub gem. § 249 StGB vorgelegen hat, wird davon abhängen, ob tatsächlich Gewalt gegenüber den Geschädigten verübt oder qualifiziert gedroht wurde. Eine Wegnahme mit Gewalt liegt...