Mehr als nur ein Geständnis

Wenn der Beschuldigte in einem Strafprozess den gegen ihn erhobenen Tatvorwurf gesteht, legt er ein Geständnis ab. Dieses fließt dann in die Überzeugungsbildung des Gerichts ein, kann diese aber nicht ersetzen.

Mit der Thematik des Geständnisses und inwiefern sie für die Verurteilung des Angeklagten ausreicht, musste sich auch der Bundesgerichtshof (2 StR 53/22) in seinem Beschluss vom 6. Juli 2022 auseinandersetzen. Der Angeklagte im hiesigen Fall wurde wegen Diebstahls in 17 Fällen, in Tatmehrheit mit Betrug in 29 Fällen sowie weiteren Straftaten vom Landgericht Kassel zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt.

Die Verurteilung des Angeklagten in 48 Fällen hat jedoch wegen den nicht erfüllten Mindestanforderungen an eine Beweiswürdigung keinen Bestand. Bei ihren Feststellungen hatte sich die Strafkammer allein auf das Geständnis des Angeklagten gestützt und somit Vernehmungen von Zeugen oder Verlesungen von Urkunden vollkommen außer Acht gelassen. Dazu führte es aus, dass der Angeklagte die Anklagevorwürfe in vollem Umfang einräumte und an der Richtigkeit seines Geständnisses keinerlei Zweifel bestehen.

Damit verschaffte sich die Strafkammer ihre Überzeugung von der Täterschaft des Angeklagten auf unzureichender Basis. Demnach haben Strafgerichte von Amts wegen den wahren Sachverhalt zu erforschen. Ein Urteil ist dann unzulässig, wenn diesem ein Sachverhalt zu Grunde liegt, der nicht auf einer erkennbaren Überzeugungsbildung unter Ausschöpfung des Beweismaterials beruht. Das ist auch dann nicht außer Acht zu lassen, wenn sich der Angeklagte geständig zeigt.

Vorliegend ist das Urteil gemessen an diesen Anknüpfungspunkten rechtsfehlerhaft. Die Urteilsgrunde lassen hier nicht erkennen, dass die Strafkammer das Geständnis des Angeklagten inhaltlich überprüft hat.

Rechtsanwalt Steffen Dietrich, Strafverteidiger aus Berlin-Kreuzberg

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