Kumulative Verhängung von Freiheits- und Geldstrafe bei Tatertragseinziehung (§ 41 StGB)
Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte sich in seiner Entscheidung vom 17. April 2025 (3 StR 405/24) mit der Frage zu befassen, ob die gleichzeitige Verhängung einer Freiheitsstrafe und einer Geldstrafe gem. § 41 StGB neben einer Einziehung des aus der Tat Erlangten gem. § 73 StGB zulässig ist.
Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde: Nach den Feststellungen des Landgerichts Oldenburg verschaffte sich die Angeklagte durch die entgeltliche Überlassung von gefälschten Nachweisen über Impfungen gegen das Coronavirus eine dauerhafte Einnahmequelle. Das LG hatte die von ihm festgestellten 85 Fälle jeweils als selbständige Urkundenfälschung nach § 267 Abs. 1 StGB bewertet. Die Strafen hat es dem Strafrahmen des § 267 Abs. 3 Satz 1 StGB entnommen. Es hat die Regelbeispiele des § 267 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 Alt. 1 StGB (gewerbsmäßiges Handeln) sowie des § 267 Abs. 3 S. 2 Nr. 3 StGB (erhebliche Gefährdung der Sicherheit des Rechtsverkehrs durch eine große Anzahl von unechten oder verfälschten Urkunden) angenommen und keine der Regelwirkung entgegenstehenden Umstände erkannt. Das LG verhängte eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren, welche es zur Bewährung aussetzte und ordnete zugleich die Einziehung des Tatertrages nach §§ 73 ff. StGB an. Zusätzlich wurde eine Geldstrafe von 210 Tagessätzen zu je 25, 00 € festgesetzt. Hiergegen wandte sich der Angeklagte mit der Revision. Er machte im Kern geltend, die gleichzeitige Verhängung von Freiheitsstrafe, Geldstrafe und Einziehung sei unzulässig, da die Einziehung bereits den Vermögensvorteil abschöpfe und eine zusätzliche Geldstrafe zu einer unzulässigen Doppelbelastung führe.
Der BGH hob in Folge der Revision das Urteil des LG´s im Strafausspruch auf, allerdings blieben die zugehörigen Feststellungen erhalten. Nach Ansicht der Karlsruher Richter schließt die Anordnung der Tatertragseinziehung die kumulative Verhängung von Freiheits- und Geldstrafe nicht zwangsläufig, grundsätzlich oder in aller Regel aus. Es sei vielmehr Frage des Einzelfalls, ob § 41 StGB neben der Tatertragseinziehung Anwendung fände. Das Tatgericht habe die Prüfung auf der Grundlage der gesetzlichen Voraussetzungen sowie im Rahmen pflichtgemäßer Ermessensausübung nach Maßgabe der allgemeinen Strafzumessungsgrundsätze vorzunehmen und dabei vermögensabschöpfende Maßnahmen zu berücksichtigen. Im Rahmen der Beurteilung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Angeklagten sollen von Strafverfolgungsbehörden eingezogene Werte nicht berücksichtigt werden, da sie nicht zur Vermögenslage des Angeklagten zählen.
Im vorliegenden Fall habe das LG Oldenburg die Anwendung des § 41 StGB allein mit der nicht unerheblichen Bereicherung des Angeklagten begründet, so der BGH. Die Urteilsbegründung gehe nicht darauf ein, ob die Geldstrafe unter Berücksichtigung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Täters angemessen sei. Auch eine Ermessensausübung sei nicht erkennbar.
Davon losgelöst betonte der Senat, dass die Einziehung nach §§ 73 ff. StGB keine strafähnliche Sanktion, sondern eine Maßnahme eigener Art darstelle. Sie bezwecke nicht die zusätzliche Bestrafung des Täters, sondern die Abschöpfung des rechtswidrig Erlangten. Dagegen diene die Strafe im Sinne der §§ 38 ff. StGB der Schuldangemessenheit und spezial- wie generalpräventiven Zwecken.
Der Einwand einer „Doppelbestrafung“ greife daher nicht durch. Auch die Gefahr einer unzulässigen Übermaßsanktion bestehe nicht, da das Gericht im Rahmen der Strafzumessung (§ 46 StGB) stets zu berücksichtigen habe, inwieweit bereits Vermögensnachteile durch die Einziehung eintreten.
Der BGH stellte klar, dass die gleichzeitige Anordnung von Freiheitsstrafe, Geldstrafe und Einziehung grundsätzlich möglich bleibt. Eine Grenze bestehe lediglich dort, wo die Gesamtbelastung im Einzelfall unverhältnismäßig wäre.
Rechtsanwalt Steffen Dietrich, Fachanwalt für Strafrecht in Berlin-Kreuzberg