Finaler Rettungsschuss im Tatort wird zur Gewissensfrage

Ein Gastbeitrag von Tobias Kreher*

Der Stuttgarter Tatort vom 23. November 2014 wird für die Kommissare Thorsten Lannert (Richy Müller) und Sebastian Bootz (Felix Klare) zu einer Frage des Gewissens. Ein unberechenbarer Geiselnehmer fordert Geld in einem Supermarkt. Schnell sind Lannert und Bootz vor Ort und greifen ins Geschehen ein. Trotz mehrfacher Aufforderung durch die Polizisten legt der Geiselnehmer Holm Bielfeldt (Daniel Christensen) seine Pistole nicht nieder.

Kommissar Lannert erschießt Bielfeldt, um die Geisel zu retten. Was auf den ersten Blick wie eine typische Nothilfesituation aussieht, wird zur Nervenprobe für die Beteiligten. Denn Kollege Bootz sagt vor der Untersuchungskommission falsch aus, er habe gesehen, wie der Geiselnehmer plötzlich die Waffe gezogen und ernsthaft damit gedroht hat, die Geisel zu erschießen.

„Ich hab‘s in seinen Augen gesehen. Er hätte geschossen.“ Lannert war demnach gezwungen, einen finalen Rettungsschuss abzugeben. Tatsächlich aber hat niemand die Situation unmittelbar vor dem tödlichen Rettungsschuss genau beobachtet.
Strafbar gem. § 153 StGB macht sich Bootz aber nur, wenn die Untersuchungskommission eine zur eidlichen Vernehmung von Zeugen oder Sachverständigen zuständige Stelle ist.

Der Opferanwalt fordert eine Anklage gegen Lannert wegen fahrlässiger Tötung (§ 222 StGB). Der finale Rettungsschuss würde im Falle seiner Verhältnismäßigkeit Kommissar Lannert jedoch rechtfertigen. In § 54 Abs. 2 PolG BW wird er ausdrücklich geregelt:

Ein Schuß, der mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit tödlich wirken wird, ist nur zulässig, wenn er das einzige Mittel zur Abwehr einer gegenwärtigen Lebensgefahr oder der gegenwärtigen Gefahr einer schwerwiegenden Verletzung der körperlichen Unversehrtheit ist.

Im Berliner ASOG gibt es eine solche ausdrückliche Regelung für die Polizei nicht. Im Falle eines tödlichen finalen Rettungsschusses muss sich der Polizist ausschließlich auf die allgemeinen Regeln der Notwehr / Nothilfe (§ 32 StGB) verlassen. Lannert handelte im Sinne dieser Norm, um einen gegenwärtigen rechtswidrigen Angriff von einem anderen (Menschen) abzuwenden. Allein die Gebotenheit des Kopfschusses will man dem Kommissar nicht ohne Weiteres durchgehen lassen.

Jedoch spielt das zum Ende hin nur noch eine untergeordnete Rolle, denn die Kommissare finden heraus, dass der Anwalt des getöteten Bielfeldt vor Jahren eine junge Frau, die nun als Zeugin wieder in Erscheinung tritt, vergewaltigt hat.

Schließlich werden die Untersuchungen gegen Lannert und Bootz eingestellt und die Ermittler wenden sich dem fraglichen Gewissen des Opferanwalts zu.

* Tobias Kreher studiert Rechtswissenschaft in Berlin

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