Die „Reichsbürgerszene“ – Töten aufgrund ideologischer Ansichten

Totschlag oder Mord? Wer einen Menschen tötet und eines der im § 211 Abs. 2 StGB normierten Mordmerkmale verwirklicht hat, ist des Mordes schuldig. Eines dieser Mordmerkmale ist das der niedrigen Beweggründe. Unter niedrigen Beweggründen versteht man jene Gründe, die nach allgemeiner rechtlich-sittlicher Wertung auf tiefster Stufe stehen, durch hemmungslose Eigensucht bestimmt und daher besonders verachtenswert sind.

Ob ideologische Überzeugungen einen niedrigen Beweggrund darstellten, musste der Bundesgerichtshof (AK 27/22) in seinem Beschluss vom 6. September 2022 entscheiden. Im hiesigen Fall ordnete der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofes die Fortdauer der Untersuchungshaft des Angeschuldigten an und begründete indessen den dringenden Verdacht des versuchten Mordes aufgrund niedriger Beweggründe.

Der Angeschuldigte im vorliegenden Fall sieht sich selbst als „Bundesstaatsangehöriger des Herzogtums Baden“ und bestreitet die Existenz und Souveränität der BRD. Infolgedessen erkennt er die Ausübung der hoheitlichen Gewalt durch Organe der Bundesrepublik sowie deren Länder nicht an. Als die Polizei versuchte, den Angeschuldigten wegen zu schnellen Fahrens anzuhalten, fuhr er einen Polizisten an, der dadurch schwere Verletzungen erlitt.

In seinem Beschluss stellt der Bundesgerichtshof fest, dass der Angeschuldigte dringend verdächtig ist, den Polizeibeamten aufgrund dessen Funktion als Organ der für den Angeschuldigten nicht existenten BRD angegriffen zu haben. Dabei wollte er seine unzutreffende Rechtsauffassung gewaltsam durchzusetzen und sich so der staatlichen Einflussnahme entziehen. Dieses Motiv ist zum einen gemeinschaftsbedrohlich und ist zudem mit den grundlegenden gesellschaftlichen Wertentscheidungen unvereinbar und stellt somit einen niedrigen Beweggrund dar.

Rechtsanwalt Steffen Dietrich, Strafverteidiger aus Berlin-Kreuzberg

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