Umentschieden – Doch kein versuchter Totschlag?

Eine Straftat anfangen zu begehen und anschließend nicht bestraft werden, weil man sich umentscheidet? Das ist der Fall bei einem Rücktritt gem. § 24 Strafgesetzbuch (StGB). Demnach wird wegen Versuches nicht bestraft, „wer freiwillig die weitere Ausführung der Tat aufgibt oder deren Vollendung verhindert“ (§ 24 Abs. 1 S. 1 StGB). Mit dem Prüfungspunkt der Freiwilligkeit setzte sich der Bundesgerichtshof (4 StR 442/22) in seinem Beschluss vom 14. Februar 2023 auseinander. Dem vorliegenden Sachverhalt nach stalkte der Angeklagte die Geschädigte mehrere Jahre, nachdem diese im Jahr 2018 mit ihm Schluss gemacht hatte. Unter anderem brachte er einen GPS-Peilsender an ihrem...

Zustellung per Gerichtsvollzieher – wenn die Post nicht mitspielt

Die mit Abstand sicherste Methode, ein wichtiges Schreiben zuzustellen, dürfte die Zustellung durch einen Gerichtsvollzieher sein. Jedoch ist auch im Rahmen dieser Möglichkeit Vorsicht geboten. Es gibt nämlich zwei verschiedene Arten, auf die die Zustellung durch den Gerichtsvollzieher erfolgen kann: die persönliche Zustellung oder die einfache Zustellung durch die Post. Bei der persönlichen Zustellung sucht der Gerichtsvollzieher die Adresse des Empfängers auf und übergibt diesem das Schreiben persönlich bzw. legt es bei diesem nieder und erstellt darüber eine Urkunde. Der Vorteil liegt auf der Hand: Der Zugang des Schriftstücks kann durch die beglaubigte Kopie und die Postzustellungsurkunde sicher bewiesen werden....

Mord der eigenen Tochter – Die Verdeckungsabsicht

Ein beliebtes Mordmerkmal in der Strafrechtsklausur ist neben der Heimtücke auch das Merkmal der Verdeckungsabsicht. Ein Täter handelt mit Verdeckungsabsicht, wenn er tötet, um eine andere Straftat zu verdecken. Damit gehört sie zur dritten Gruppe der Mordmerkmale, die auf einem besonders verwerflichen Zweck basieren. Mit dem Mordmerkmal der Verdeckungsabsicht hat sich auch der Bundesgerichtshof (2 StR 462/21) in seinem Beschluss vom 15. März 2023 auseinandergesetzt. Die Angeklagte im vorliegenden Fall versorgte ihre Tochter seit dem 2. Lebensjahr nur noch unzureichend. Seitdem die Angeklagte vom ihrem neuen Freund im Jahr 2020 schwanger wurde, kümmerte sie sich noch weniger um ihre Tochter,...

Suche nach dem „E-Bike-Dieb“ – Räuberischer Diebstahl

Die Lösung einer Prüfung im Strafrecht kann oftmals zu Ergebnissen kommen, die im ersten Moment nicht sehr offensichtlich erscheinen. So auch im hiesigen Fall des Bundesgerichtshofes, der sich um den räuberischen Diebstahl dreht.  Des räuberischen Diebstahls macht sich strafbar, wer „bei einem Diebstahl auf frischer Tat betroffen, gegen eine Person Gewalt verübt oder Drohungen mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben anwendet, um sich im Besitz des gestohlenen Guten zu erhalten“. So schien das Merkmal „auf frischer Tat betroffen“ im ersten Moment offensichtlich gegeben, doch stellte der Bundesgerichtshof (4 StR 451/22) in seinem Beschluss vom 14. März 2023 Gegenteiliges fest. ...

Betrunken auf dem E-Scooter – Entziehung der Fahrerlaubnis?

Dass das Fahren von E-Rollern im betrunkenen Zustand Konsequenzen mit sich zieht, ist wohl mittlerweile den Meisten bewusst. So wird mindestens ein Bußgeld erhoben und auch Punkte in Flensburg sind die Folge. Zudem kann auch ein Fahrverbot für einen bestimmten Zeitraum verhängt werden. Ob eine Trunkenheitsfahrt mit einem E-Roller auch den Entzug der Fahrerlaubnis mit sich bringen kann, ist noch unklar.  Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (1 Ss 276/22) setzte in seinem Urteil vom 8. Mai 2023 jedoch ein klares Statement in dieser Sache. Der Angeklagte wurde zuvor vom Amtsgericht Frankfurt am Main wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr verurteilt, da...

412 Kilogramm Kokain – Drogenhandel über den Seeweg

Das Betäubungsmittelgesetz (BtMG) spielt im rechtswissenschaftlichen Studium zwar eine untergeordnete Rolle, jedoch ist es in der Praxis umso mehr bedeutend. Dieses regelt die Sanktionen in Bezug auf den Umgang mit Betäubungsmitteln und deckt damit einen großen Bereich der Kriminalität ab. Untersagt werden nach § 29 BtMG unter anderem Anbau, Handel und der Besitz von Betäubungsmitteln ohne eine schriftliche Erlaubnis. Außerdem erhöht sich nach § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG der Strafrahmen beim Handeln von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge. Ob sich der Angeklagte im vorliegenden Fall des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln strafbar gemacht hat, musste der Bundesgerichtshof (5 StR 390/22)...

In die Falle gelockt? – Heimtückische Tötung

Von den Mordmerkmalen ist die Heimtücke wohl eines, welches einem am häufigsten während des Studiums begegnet. Heimtückisch handelt, wer in feindseliger Willensrichtung die Arg- und dadurch bedingte Wehrlosigkeit des Opfers bewusst zur Tötung ausnutzt. Ein Opfer ist dann arglos, wenn es sich keines Angriffs gegen seine körperliche Unversehrtheit versieht. Wehrlos ist es anschließend dann, wenn es aufgrund der Überraschung durch den Täter in seinen Abwehrmöglichkeiten so erheblich eingeschränkt ist, dass die Person keine Möglichkeit dazu hat, den Angriff wenigstens zu erschweren. Mit der Heimtücke hat sich auch der Bundesgerichtshof (2 StR 320/22) in seinem Beschluss vom 24. Mai 2023 befasst....